2789/J XXVI. GP

Eingelangt am 06.02.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl
Freundinnen und Freunde,

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger betreffend „Netzwerkstelle Kulinarik"

Begründung

Laut Rechnungshofbericht (2018/52) liegen bei der Förder- und Auftragsvergabe von Netzwerken im Rahmen der ländlichen Entwicklung Verflechtungen und personelle Naheverhältnisse zwischen den Beteiligten vor. Die Agrarmarkt Austria (AMA) nimmt dabei eine zweifelhafte Rolle ein.

Das Ministerium gab im April 2016 den Auftrag für die Errichtung einer „Netzwerkstelle Kulinarik. Finanziert werden sollte dieses Projekt über Mittel des Ministeriums zusammen mit EU- Fördermitteln (ELER-Mitteln). Der Auftragswert betrug 10,5 Mio EUR. Mit einem an die AMA gerichteten Erlass vom Oktober 2015 präzisierte das Ministerium die Abwicklung des Projekts. Darin traf das Ministerium von der Sonderrichtlinie „LE-Projektförderungen" abweichende Regelungen über die Fördervoraussetzungen.

Das Ministerium war somit selbst Förderwerber und Begünstigter der Förderung. Darüber hinaus war der weisungsgebundenen AMA die Bewilligung für die Förderung vorbehalten. Die AMA bewilligte das Projekt im April 2016. Sodann beauftragte das Bundesministerium die Arbeitsgemeinschaft Netzwerkstelle Kulinarik, bestehend aus der AMA Marketing GmbH - einer 100 %-Tochter der AMA - und einem weiteren Unternehmen (A)[1].

Der Rechnungshof stellte die Konstruktion daher wie folgt dar:

 

 

 

 

 

Im parlamentarischen Rechnungshofausschuss konnten Sie, Frau Bundesministerin Köstinger, bei diesen Vorgängen keine Verquickung zwischen der AMA und dem Ministerium erkennen.

Bereits im Jahr 2016 geriet das Projekt NetzwerksteIle Kulinarik in Verzug. Die Bietergemeinschaft erhielt zwei Vorschusszahlungen in Höhe des genehmigten Jahresbudgets 2016 von insgesamt 1,68 Mio Euro. Bis Ende August 2017 gab es jedoch weder eine bewilligte Jahresendabrechnung für 2016 noch den dazugehörigen Sachbericht zur Beurteilung der vertragskonformen Leistungserbringung. Viel passiert konnte in dem Projekt nicht sein. Dem Rechnungshof konnten keine Gesamtstrategie, keine Jahresendabrechnung und auch keine Jahresarbeitsprogramme vorgelegt werden.

Im August 2017 teilte das Unternehmen (A) dem Ministerium schließlich den Ausstieg aus der Bietergemeinschaft mit. Gründe für den Ausstieg sind nicht bekannt. Nach Ausscheiden des Unternehmens (A) aus dem Bieterkonsortium sollte die NetzwerksteIle Kulinarik von der AMA Marketing GmbH alleine fortgeführt werden. Dazu wären allerdings die Nachweise erforderlich, dass die Leistungen der NetzwerksteIle Kulinarik über den gesetzlichen Auftrag der AMA Marketing GmbH hinausgingen, weil sie sonst nicht förderfähig wären, und dass die AMA Marketing GmbH auch als alleinige Auftragnehmerin über die für die Auftragserteilung erforderlichen Kompetenzen verfügte. Die AMA Marketing GmbH finanziert sich nämlich großteils über eingehobene Agrarmarketingbeiträge (rd 77 %, Quelle RH-Bericht 2016/21). Der Nachweis, dass die NetzwerksteIle über den gesetzlichen Auftrag der AMA Marketing GmbH hinausgeht, ist notwendig, damit es nicht zur Doppelfinanzierung von Leistungen der AMA Marketing GmbH kommt.

Die Vertragsbedingungen räumten überdies dem Auftraggeber Ministerium das Recht ein, bei verzögerter Leistungserbringung auf Erfüllung zu bestehen und Vertragsstrafen für jeden Kalendertag des Verzugs einzufordern oder, unbeschadet des Rechts auf Geltendmachung einer Vertragsstrafe, unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurückzutreten. Trotz der eingetretenen Verzögerungen forderte das Ministerium diese Strafen nicht ein.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

ANFRAGE:

1.       Warum ist es zum Ausstieg des Unternehmens (A) aus der Bietergemeinschaft und damit der NetzwerksteIle Kulinarik gekommen?

2.       Im April 2018 haben Sie mitgeteilt, dass die AMA Marketing GmbH das Projekt alleine
fortführt. In Ihrer Stellungnahme an den Rechnungshof vom Mai 2018 findet sich jedoch kein Hinweis darauf, dass die AMA Marketing GmbH die dafür erforderlichen Nachweise
erbringen konnte. Wann und wie wurden Ihnen diese Nachweise erbracht?

3.       Ist es in der Zeit zwischen dem Ausscheiden des Unternehmens (A) aus der
Bietergemeinschaft und dem Erbringen der Nachweise zur Förderfähigkeit der AMA
Marketing GmbH zu weiteren Auszahlungen durch Ihr Ministerium gekommen und wenn ja,
auf welcher Grundlage und in welcher Höhe?

4.       Im Arbeitspaket 1 der NetzwerksteIle Kulinarik sollte eine österreichische Gesamtstrategie
für regionale und kulinarische Initiativen entwickelt werden. Wann lag diese Strategie
schriftlich vor?

5.       Im Rahmen der Vorauszahlung wurde 2016 der Budgetposten für die Strategieentwicklung vorgeschossen. Im Budget 2017 der NetzwerksteIle Kulinarik war wieder Geld für Strategieentwicklung eingeplant. Wofür wurde das 2016 ausbezahlte Geld tatsächlich verwendet?

6.       Was hat die Strategieentwicklung insgesamt gekostet?

7.       Findet sich auch 2018 wieder ein Budgetposten für Strategieentwicklung?

8.       Wann ist mit einem Abschluss der Strategieentwicklung zu rechnen?

9.       Wann hat die Netzwerkstelle Kulinarik eine bewilligte Jahresendabrechnung für das Jahr

2016 samt dazugehörigem Sachbericht zur Beurteilung der vertragskonformen Leistungserbringung vorgelegt?

10.   Wann hat die Netzwerkstelle Kulinarik eine bewilligte Jahresendabrechnung für das Jahr

2017 samt dazugehörigem Sachbericht zur Beurteilung der vertragskonformen Leistungserbringung vorgelegt?

11.   Wer bewilligt die Jahresendabrechnungen?

12.   Wann ist mit einer bewilligten Jahresendabrechnung für das Jahr 2018 samt dazugehörigem Sachbericht zur Beurteilung der vertragskonformen Leistungserbringung der Netzwerkstelle Kulinarik zu rechnen?

13.   In welcher Höhe hat sich aus den jährlichen Endabrechnungen 2016 und 2017 eine Überzahlung des Unternehmens (A) ergeben?

14.   Wann wurde dieser Betrag an das Ministerium zurückgezahlt?

15.   Liegt Ihnen ein Jahresarbeitsprogramm der Netzwerkstelle Kulinarik für das Jahr 2017 vor und wenn ja, wann wurde Ihnen dieses übermittelt?

16.   Liegt Ihnen ein Jahresarbeitsprogramm der Netzwerkstelle Kulinarik für das Jahr 2018 vor und wenn ja, wann wurde Ihnen dieses übermittelt?

17.   Liegt Ihnen ein Jahresarbeitsprogramm der Netzwerkstelle Kulinarik für das Jahr 2019 vor?

18.   Wer bestätigt das Jahresarbeitsprogramm?

19.   Finden Sie es zielführend, wenn Jahresarbeitsprogramme für das laufende Jahr erst nach Ablauf mehrerer Monate vorgelegt werden? (Beispiel Mai 2016 für 2016; Juni 2017 lediglich erst Entwurf für 2017.)

20.   Welche Divergenzen zwischen genehmigten Jahresarbeitsprogrammen und der tatsächlichen Leistungserbringung durch die Netzwerkstelle Kulinarik gab es seit der Gründung?

21.   Wie viele Vollzeitäquivalente beschäftigt die Netzwerkstelle Kulinarik seit ihrem Bestehen?

22.   Wie hoch ist das Jahresbudget der Netzwerkstelle Kulinarik und wie hoch sind die Personalausgaben der Netzwerkstelle Kulinarik?

23.   Wie viel an Finanzmitteln wurde der Netzwerkstelle Kulinarik bisher zur Verfügung gestellt?

24.   In welcher Höhe und auf welcher Basis wurden bisher Fördermittel an die errichteten Cluster („Produktentwicklung, -präsentation und -vermarktung für regionale landwirtschaftliche Qualitätserzeugnisse"; „Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung und touristische Initiativen") bewilligt und ausgezahlt?

25.   Warum hat Ihr Ministerium trotz der eingetretenen Verzögerungen nicht vom vertraglichen Recht auf eine Vertragsstrafe Gebrauch gemacht?

26.   Wäre es aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht geboten, solche Vertragsstrafen einzufordern?

27.   Waren Sie mit der bisherigen Tätigkeit der Netzwerkstelle Kulinarik nicht zufrieden?

28.   Warum planen Sie einen Neustart mit strategischer und operativer Neuausrichtung?

29.   Wie sollte die zukünftige strategische und operative Neuausrichtung aussehen?

30.   Der Abgeordnete Mag. Gerald Hauser (FPÖ) sprach im NR-Plenum am 30. Jänner 2019 davon, dass „Jetzt seit dem 1. Jänner neu durchgestartet" werde. Warum konnten Sie uns im Rechnungshofausschuss am 16. Jänner 2019 diese Information nicht mitteilen, oder hat der Abg. Hauser unrecht?



_____________________________

[1] FAIRIFY GmbH Sustainable Development; nun Fair und Gut GmbH Nachhaltige Regionalentwicklung in Liqu.