2811/J XXVI. GP
Eingelangt am 13.02.2019
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Statistische Erhebungen zu
häuslicher Gewalt
Es ist wichtig, sich aktiv und sachlich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Um Gewalt gegen Frauen und Kinder durch effiziente politische Maßnahmen bestmöglich zu verhindern, braucht man eine seriöse und objektive Datengrundlage.
Diese Datengrundlage steht jedoch derzeit nicht zur Verfügung. Umso mehr überrascht es, wie genau Innenminister Kickl und andere Vertreter der FPÖ vorgeben, Bescheid zu wissen, dass Gewalt gegen Frauen primär ein Problem wäre, das sich auf die Bevölkerungsschicht der Asylwerber und Asylberechtigten aus Syrien, Afghanistan und Marokko beschränke.
Der Fokus auf Fremdtäter ist irreführend. "Die Gefahr, Opfer eines Sexualdelikts im familiären Umfeld oder im Bekanntenkreis zu werden, ist viel höher." Auch die deutsche Familienministerin Franziska Giffey (SPD) betonte erst kürzlich, dass häusliche Gewalt durch "alle Gruppen" und "alle Schichten" gehe.
Generell berichtete der Standard schon Monate vor der jüngsten intensiven medialen Berichterstattung, dass viele Expert_innen die magere und unvollständige Datenlage im Bereich der Gewalttaten gegen Frauen kritisieren (siehe: https://derstandard.at/2000092112829/Gewalt-gegen-Frauen-Steigende-Zahlen-wenig-Daten): Eine konkrete Aussage zu Frauenmorden zu treffen sei anhand der Zahlen gar nicht möglich.
Aus der Anzeigenstatistik der Polizei gehe zwar die Art der Beziehung zwischen Opfer und Täter hervor, die Kategorien seien aber schlecht gewählt, kritisiert etwa der Europarat: Die Polizei spricht ganz allgemein von "familiärer Beziehung". Ob der Bruder, der Vater oder der Partner den Übergriff begeht, werde dadurch verschleiert, bemängeln die Expert_innen von Grevio, der Europaratsgruppe gegen häusliche Gewalt: Die Kategorien "Bekanntschaftsverhältnis" oder "familiäre Beziehung in Hausgemeinschaft" in der polizeilichen Kriminalstatistik müssten genauer dahingehend gefiltert werden, in welchem Verhältnis zueinander Opfer und Täter standen. Denn für die Prävention sei wichtig, genau zu wissen, wo die Probleme liegen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wenn der Herr Bundesminister zum politischen Ergebnis kommt, das Asylrecht sei für die Bekämpfung von "Gewalt gegen Frauen" der Schlüssel, auf welche polizeiliche statistische Datengrundlage bezieht er sich? (Um Übermittlung der Statistik wird ersucht)
2. Beabsichtigt der Herr Bundesminister die polizeiliche Kriminalitätsstatistik hinsichtlich der Straftaten gegen Frauen bzw Kinder/unmündige Minderjährige hinkünftig genauer auszudifferenzieren?
a. Wenn nein, weshalb nicht?
b. Wenn ja, welche zusätzliche Differenzierungen gedenkt der Herr Bundesminister in der Statistik vorzunehmen?
3. Beabsichtigt der Herr Bundesminister wieder eine Fallkonferenz zur Analyse von Gewalttaten gegen Frauen bzw Kinder/unmündige Minderjährige einzurichten?
a. Wenn ja, ab wann und welche Stellen werden in der Fallkonferenz vertreten sein?
b. Wenn nein, weshalb nicht?
4. Wie viele strafbare Handlungen (Anzeigen) gegen Leib und Leben wurden 2018 gegen Frauen bzw Kinder/unmündige Minderjährige verübt?
a. Bitte um Aufschlüsselung nach:
i. Einzelnen Deliktsarten
ii. Tatvollendung: Tatversuch und Tatvollendung
iii. Täterkategorie: Unmittelbarer Täter, Bestimmungstäter, Beihilfetäter
iv. Beziehung Opfer/Täter: aufrechte Ehe/Lebensgemeinschaft, aufgelöste Ehe/Lebensgemeinschaft, Verwandschaft in gerader Linie, Verwandschaft in ungerader Linie, verschwägert
v. Herkunft Täter: Österreicher, EU-Bürger, Drittstaatsangehöriger sowie Aufschlüsselung auch nach einzelnen Nationalitäten
vi. Aufenthaltsstatus der Fremden Täter
vii. Beschäftigungsstatus der Täter
viii. Herkunft Opfer: Österreicherin, EU-Bürgerin, Drittstaatsangehörige sowie Aufschlüsselung auch nach einzelnen Nationalitäten
5. Wie viele strafbare Handlungen (Anzeigen) gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung wurden 2018 gegen Frauen bzw Kinder/unmündige Minderjährige verübt?
a. Bitte um Aufschlüsselung nach:
i. Einzelnen Deliktsarten
ii. Tatvollendung: Tatversuch und Tatvollendung
iii. Täterkategorie: Unmittelbarer Täter, Bestimmungstäter, Beihilfetäter
iv. Beziehung Opfer/Täter: aufrechte Ehe/Lebensgemeinschaft, aufgelöste Ehe/Lebensgemeinschaft, Verwandschaft in gerader Linie, Verwandschaft in ungerader Linie, verschwägert
v. Herkunft Täter: Österreicher, EU-Bürger, Drittstaatsangehöriger sowie Aufschlüsselung auch nach einzelnen Nationalitäten
vi. Aufenthaltsstatus der Fremden Täter
vii. Beschäftigungsstatus der Täter
viii. Herkunft Opfer: Österreicherin, EU-Bürgerin, Drittstaatsangehörige sowie Aufschlüsselung auch nach einzelnen Nationalitäten
6. Wie viele polizeiliche Betretungsverbote und Wegweisung zum Schutz vor Gewalt wurden im Jahr 2018 nach § 38a Sicherheitspolizeigesetz (SPG) von den Sicherheitsbehörden verhängt? (Bitte auch um Aufschlüsselung nach Bundesland)
a. Wie viele davon betrafen Örtlichkeiten nach § 38a Z 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG)?
b.
Wie viele davon betrafen
Örtlichkeiten nach § 38a Z
2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG)?
7.
Wie oft wurde im Jahr 2018
aufrechte Betretungsverbote nach § 38a SPG vom Gefährdern missachtet?
8.
Wie viele strafbare Handlungen
(Anzeigen) gegen Leib und Leben wurden gegen Frauen bzw Kinder/unmündige
Minderjährige während aufrechter Betretungsverbote 2018 nach §
38a SPG oder der EO verübt?
9.
Wie viele strafbare Handlungen
(Anzeigen) gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung wurden
gegen Frauen bzw Kinder/unmündige Minderjährige 2018
während aufrechter Betretungsverbote nach § 38a SPG oder der EO
verübt?
10. Wie oft wurde im Jahr 2018 von der Sicherheitsbehörden von der Möglichkeit nach § 38a Abs 6a Sicherheitspolizeigesetz (SPG) Gebrauch gemacht, den Gefährder während eines aufrechten Betretungsverbots vorzuladen, um ihn über rechtskonformes Verhalten zu belehren?
11. Wie oft wurden
die Sicherheitsbehörden im Jahr 2018 von der Einbringung
eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach
§§ 382b und 382e EO gem § 38a Abs
9 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) in Kenntnis gesetzt?