2836/J XXVI. GP

Eingelangt am 14.02.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr.in Alma Zadic, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport

betreffend „Offizielle Einladung von FPÖ-Minister Strache an Personen mit fragwürdigen Kontakten zur Identitären Bewegung und AfD"

BEGRÜNDUNG

Der Vizekanzler und FPÖ-Parteiobmann, Heinz-Christian Strache, veranstaltet am 13. Februar 2019 eine Podiumsdiskussion „anlässlich der Präsentation des Buches ,Islamischer Antisemitismus' von Dr. Michael Ley". Zu dieser Veranstaltung lädt FPÖ-Vizekanzler Strache neben dem Autor eine ganze Reihe von Persönlichkeiten, die fragwürdige Kontakte pflegen.


 

Auffällig ist, dass gleich mehrere Gäste von Strache die Nähe zur Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) suchen. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes bezeichnet die IBÖ als „rechtsextreme Jugendorganisation mit vielfältigen faschistischen Anklängen in Theorie, Ästhetik, Rhetorik und Stil"[1]. Die IBÖ ist auch (unfreiwillig) prominent im österreichischen Verfassungsschutzbericht 2017 vertreten. Dieser wird jährlich vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) veröffentlicht. Zur IBÖ hält der Verfassungsschutzbericht 2017 in aller Deutlichkeit fest: „die Identitäre Bewegung [tritt] aktuell als eine der wesentlichen Trägerinnen des modernisierten Rechtsextremismus auf.“[2] Die IBÖ und andere der Neuen Rechten" zuzurechnende Gruppierungen „beabsichtigen die Beseitigung oder zumindest die Beeinträchtigung des demokratischen Verfassungsstaates und versuchen [...] den demokratischen Verfassungsstaat zu delegitimieren und das politische System grundlegend zu verändern.“[3]


 

Trotz dieser eindeutigen Klassifizierung der IBÖ und ihrer antidemokratischen Gesinnung durch den Verfassungsschutz, tritt der Autor Michael Ley in einem YouTube-Video von IBÖ-Chefstrategen Martin Sellner auf, um mit diesem über „Ethnopluralismus"[4] zu diskutieren. Sellner zog u.a. bereits die Aufmerksamkeit des sächsischen Verfassungsschutzes auf sich.[5]

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Ein weiter FPÖ-Gast, Henryk M. Broder, sucht offensichtlich die Nähe zur AfD und der AfD- Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel. Die AfD wird wegen "völkischen, muslimfeindlichen und fremdenfeindlichen'' Tendenzen ihrer FunktionärInnen vom deutschen Verfassungsschutz als „Prüffall" geführt, Teile der AfD werden sogar bereits nachrichtendienstlich observiert.[6]


 

Erst vor kurzem musste Strache unter Wahrheitspflicht vor Gericht einräumen, dass ein Foto, das ihn gemeinsam mit IBÖ-Kadern bei einer Veranstaltung zeigt - anders als ursprünglich von Strache behauptet - keine Fälschung ist. Dieses Mal wird die Veranstaltung aber unter der Schirmherrschaft des Ministeriums durchgeführt, für dessen Ausgaben letztendlich der Steuerzahler aufzukommen hat.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)      Von wem stammt die Idee bzw. Initiative zur Durchführung dieser Veranstaltung?

2)      Von wem stammt die Idee bzw. Initiative bezüglich der Auswahl der einzelnen Gäste?

3)      Wer ist für die Durchführung dieser Veranstaltung verantwortlich?

4)      Wer ist für die Auswahl der Gäste verantwortlich?

5)      Wurde eine Recherche zu den Gästen durchgeführt, bevor diese eingeladen wurden?

a.      Falls ja, entdeckten Sie, bzw. Ihre MitarbeiterInnen, im Zuge der Recherche die Verbindungen zur Identitären Bewegung und Martin Sellner bzw. zur AfD?

b.      Falls nein, weshalb nicht?

6)      Wann haben Sie erstmals von den Plänen zur Durchführung dieser Veranstaltung erfahren?

7)      Wann haben Sie die Durchführung der Veranstaltung bewilligt?

8)      Wann haben Sie erstmals von der Auswahl der Gäste erfahren?

9)      Wer in Ihrem Ministerium hat die Gästeliste freigegeben?

10)  Wann haben Sie der Gästeliste zugestimmt?

11)  Werden Sie mit am Podium diskutieren?

12)  Welche Kosten fallen für diese Veranstaltung an und aus welchem Detailbudget werden sie beglichen (bitte um genaue Aufschlüsselung der Kostenstellen)?

13)  Wo und wie wird diese Veranstaltung beworben (bitte um genaue Angabe der jeweiligen Medien, Plattformen, Onlineauftritte, und dgl.)?

14)  Welche Kosten fallen für die Bewerbung der Veranstaltung an und aus welchem Detailbudget werden sie beglichen (bitte um genaue Aufschlüsselung nach Medium/Plattform/Onlineauftritt und anfallenden Kosten, sowie jeweiligem Leistungsumfang)?

15)   Inwiefern fällt die Organisation und Durchführung dieser Veranstaltung in Ihren Vollzugsbereich?

16)  Auf welcher Rechtsgrundlage wird diese Veranstaltung durch das BMÖDS durchgeführt?

17)  Sehen Sie die Organisation und Durchführung der Veranstaltung im Vollzugsbereich „öffentlichen Dienst" oder im Vollzugsbereich „Sport"?

18)   Liegt eine Anmeldung von Martin Sellner für die Veranstaltung vor und wird er an der Veranstaltung teilnehmen?

a. Falls ja, wird Martin Sellner seine sich selbst zugeschriebene Expertise im Bereich des „Ethnopluralismus" einbringen?

19)   Liegen Anmeldungen anderer Kader der Identitären Bewegung vor und werden diese an der Veranstaltung teilnehmen?

20)  Sehen Sie sich mit dieser Einladungspolitik als Brückenbauer zur Identitären Bewegung?



[1]  http://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/rechtsextreme-organisationen/identitaere-bewegung- oesterreich-iboe.

[2]  Verfassungsschutzbericht 2017, S. 53.

[3]  Verfassungsschutzbericht 2017, S. 54.

[4]  „Unter dem Deckmantel des Begriffs ,Ethnopluralismus' werden in der bewussten Verschiebung von klassisch rechtsextremen Deutungen und Argumentationsmustern Juden, Muslime und als ,fremd' wahrgenommene Personen gleichermaßen als ,Feinde' eines rassistisch, nationalistisch-völkischen Weltbildes gesehen - und somit als Bedrohung des ,kulturvölkischen Wir´." (Verfassungsschutzbericht 2017, S. 24).

[5] http://www.verfassungsschutz.sachsen.de/2068.htm

[6] https://derstandard.at/2000096287567/Deutscher-Verfassungsschutz-nimmt-die-AfD-genauer-unter-die- Lupe.