2840/J XXVI. GP

Eingelangt am 14.02.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport

betreffend Think Tank Denkwerk Zukunftsreich

 

Nach der Ausstattung aller Bundesministerien mit Generalsekretären inklusive MitarbeiterInnenstab sowie der Einsetzung eines sechsköpfigen Think Tanks im Bundeskanzleramt von Sebastian Kurz gönnt sich jetzt auch Heinz-Christian Strache, Minister für öffentlichen Dienst und Sport, eine eigene Denkfabrik. Geleitet wird der mit Steuermitteln finanzierte Think Tank namens „Denkwerk Zukunftsreich“ vom Historiker Thomas Grischany. Völlig unklar sind der genauen Aufgaben- und Themenbereich von „Denkwerk Zukunftsreich“ sowie die Kosten für die SteuerzahlerInnen.

 

Offen ist auch die Frage, warum ein Think Tank für die Regierung nicht ausreicht und diese teure Parallelstruktur geschaffen wird. Aus dem Bundesministeriengesetz lässt sich keine Zuständigkeit von Bundesminister Strache für diesen Think Tank oder Themen, die nicht die Bereiche Personal, Verwaltung oder Sport betreffen, ableiten.

 

Ausgeschrieben wurde die Stelle für die Think Tank-Leitung im Ministerium von Heinz-Christian Strache nicht. Rechtlich möglich ist das durch die von ÖVP und FPÖ selbst im Jahr 2018 beschlossene Beamtendienstrechtsnovelle. Genutzt hat dies bereits Kanzler Kurz, der sich letztes Jahr das Think Tank "Think Austria" mit sechs extra MitarbeiterInnen geschaffen hat - angedockt an das Bundeskanzleramt, jedoch ohne Ausschreibung oder konkreten Aufgabenbereich.

 

Unter der Schirmherrschaft der neu geschaffenen Einheit „Denkwerk Zukunftsreich“ lud Bundesminister Heinz-Christian Strache am 13. Februar in Wien zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Islamischer Antisemitismus“ - in Kooperation mit dem Innenministerium. Mit dabei waren Persönlichkeiten, die der rechtextremen Identitären Bewegung nahestehen[1], unter ihnen Michael Ley, Laila Mirzo, Birol Kilic und Henryk Broder, zuletzt bei der AfD zu Gast.

 

Warum das Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport sowie das Innenministerium eine Veranstaltung durchführen, die sich eindeutig mit Religionsfragen beschäftigt und daher klar in die Zuständigkeit von Bundesminister Gernot Blümel bzw. Bundeskanzler Sebastian Kurz fällt, bleibt ebenso unklar wie der Auftrag des neu geschaffenen Think Tanks und sein Nutzen für die Bevölkerung.

 

Daher richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport folgende

Anfrage

1.    Auf Basis welcher Zuständigkeit und Rechtsgrundlage wurde der Think Tank „Denkwerk Zukunftsreich“ im Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport gegründet?

2.    Was ist das Ziel des Think Tanks „Denkwerk Zukunftsreich“ und welche Aufgaben soll er im Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport erfüllen?

3.    Wie unterscheiden sich „Denkwerk Zukunftsreich“ und „Think Austria“?

4.    Sind die Gründung des Think Tanks „Denkwerk Zukunftsreich“ und die von ihm durchzuführenden Aufgaben Teil des Regierungsprogramms?

5.    Wurde „Denkwerk Zukunftsreich“ im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler gegründet?

6.    Nach welchen Kriterien werden die ExpertInnen ausgewählt, die für den Think Tank Ideen liefern ?

7.    Werden alle Expertlnnen-Vorschläge umgesetzt?

8.    Werden Expertlnnen-Vorschläge umgesetzt, auch wenn sie dem Regierungsprogramm widersprechen?

9.    Welche Möglichkeiten gibt es für BürgerInnen, sich mit Ideen einzubringen? Welcher Bürgerbeteiligungsprozess ist geplant?

10.  Auf Basis welcher Zuständigkeit veranstaltete der Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport eine Podiumsdiskussion zu Religions- und Kultusfragen und nicht der ressortzuständige Bundesminister?

11.  Inwiefern entspricht die Buchpräsentation eines umstrittenen Autors den Vorstellungen des Think Tanks?

12.  Warum wurde einem umstrittenen Autor eine mit Steuermitteln finanzierte Plattform für die Präsentation seines Buches geboten?

13.  Warum wurde Henryk Broder als Diskutant bei einer Veranstaltung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport eingeladen?

14.  Warum wurde Michael Ley als Diskutant bei einer Veranstaltung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport eingeladen?

15.  Warum wurde Laila Mirzo als Diskutantin bei einer Veranstaltung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport eingeladen?

16.  Warum wurde Birol Kilic als Diskutant bei einer Veranstaltung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport eingeladen?

17.  Welche Kosten sind für die Veranstaltung am 13. Februar 2019 angefallen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Ausgaben für Podiumsgäste, Technik, Catering, Miete, Moderation, Sicherheit, usw.)

18.  Wie viele MinisteriumsmitarbeiterInnen waren für die Durchführung der Veranstaltung zuständig?

19.  Wie viele ehrenamtlichen MitarbeiterInnen haben sich an der Durchführung der Veranstaltung beteiligt?

20.  Wie viele Personen haben an der Veranstaltung am 13. Februar 2019 teilgenommen?

21.  An welchen Kreis richteten sich die Einladungen?

22.  Welche Kosten fallen für „Denkwerk Zukunftsreich“ an pro Monat/pro Jahr?

23.  Aus welchen Budgetposten werden die Kosten gedeckt?

24.  In welchem Budgetansatz ist „Denkwerk Zukunftsreich“ budgetiert?

25.  Wie viele MitarbeiterInnen hat „Denkwerk Zukunftsreich“, welche Aufgabenbereiche haben diese und welche Personalkosten fallen dafür pro Monat/pro Jahr an?

26.  Wie viele Bedienstete Ihres Ressorts werden zur Gänze für den Think Tank dienstzugeteilt?

27.  Wie viele Bedienstete Ihres Ressorts werden teilweise für den Think Tank dienstzugeteilt?

28.  Seit wann ist Thomas Grischany beim Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport angestellt?

29.  Wie hoch ist das Gehalt von Thomas Grischany?

30.  Worauf gründet sich die fachliche Eignung und Kompetenz von Thomas Grischany zur Leitung und Steuerung dieses Think Tanks?

31.  Wie lautet die Arbeitsplatzbeschreibung von Thomas Grischany?

32.  Welche Veranstaltungen und Projekte mit welchen Kosten sind 2019 und 2020 eingeplant?

33.  Welche Ministeriumsabteilung oder Agentur hat die Website www.denkwerk-zukunftsreich.at erstellt und welche Kosten sind dadurch angefallen?

34.  Inwiefern ist die Anstellung von Thomas Grischany im Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport mit seiner Tätigkeit als Mitarbeiter der Historikerkommission zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen und rechtsextremen FPÖ-Geschichte vereinbar?

35.  Warum haben Sie die Pressekonferenz zur Präsentation der Plattform „Denkwerk Zukunftsreich“ alleine abgehalten, obwohl zwei Rednerpulte aufgebaut waren?



[1] https://www.derstandard.de/story/2000097802650/strache-laedt-zu-podium-mit-gast-der-starke-identitaere-will