2897/J XXVI. GP

Eingelangt am 20.02.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Wolfgang Zinggl

Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien

Gernot Blümel

betreffend Raubbau am Boden

 

BEGRÜNDUNG

 

Österreich wird zubetoniert. Tagtäglich in erschreckendem Ausmaß. Natürlicher Boden nimmt CO2 und Regenwasser auf. Straßen, Parkplätze und Einkaufszentren verhindern diesen ökologischen Schutzmechanismus. Landschaften werden zerstört, die lokale Temperatur steigt an.

 

Während die Bevölkerung seit Mitte des 20. Jahrhunderts nur geringfügig gewachsen ist, hat sich die bebaute Fläche pro Kopf fast verdreifacht. Gleichzeitig bleiben 40.000 Hektar verbaute Fläche ungenutzt, das entspricht der Fläche der Stadt Wien.

 

Folgen dieser Verbauungen sind heftige Gewitter, Hagel, Überschwemmungen und Lawinen. Wir vernichten unsere beste und billigste Klimaanlage, den Boden. Auch die Österreichischen Bundesforste bestätigen in ihrer Schutzwaldstrategie, dass die Intensive Landschaftsversiegelung der erste Grund für die Notwendigkeit einer Aufforstung zum Schutz vor Naturkatastrophen wie Lawinen, Steinschlag und Hochwasser ist.

 

Ein Blick über den österreichischen Tellerrand zeigt: Während Österreich jährlich 0,5% der Agrarflächen verbaut und damit schon in 20 Jahren weitere 10 Prozent der heimischen Flächen zubetoniert hat, verbauen unsere Nachbarn Deutschland und Schweiz nur die Hälfte. Aber nicht nur in dieser Statistik sind wir traurige Spitze, auch beim Straßennetz und bei der Supermarktdichte hängen wir unsere Nachbarn um viele tausend Hektar betonierte Fläche ab.


Der Baukulturreport 2011 sowie die Empfehlung Nr. 4 des Beirats für Baukultur vom Juni 2013 empfahlen der österreichischen Bundesregierung, Leitlinien zur Baukultur zu formulieren. Ein solches Instrument existiert in vielen anderen europäischen Staaten und bildet dort eine wichtige Grundlage nationaler Architekturpolitik. Nachdem in einem breiten Beteiligungsprozess 2016 und 2017 solche Leitlinien entwickelt worden waren, wurden sie im Juni 2017 vom Beirat für Baukultur und im August 2017 vom Ministerrat jeweils einstimmig beschlossen. Im aktuellen Regierungsprogramm ist die „Umsetzung der Baukulturellen Leitlinien des Bundes“ angekündigt. Für die Umsetzung der Leitlinien sind allerdings bisher keinerlei zusätzliche Ressourcen über die minimal ausgestattete Geschäftsstelle des Beirats für Baukultur im Bundeskanzleramt hinaus vorgesehen.

 

Aktueller Tiefpunkt: Die 300.000,- Euro, die 2018 zur Finanzierung der Geschäftsstelle des Beirates budgetiert waren, wurden bei weitem nicht ausgeschüttet. Nur 53.000 Euro wurden für die Plattform Baukulturpolitik verwendet. Weitere minimale Ausgaben für den Versand des Baukulturreports und für die Kulturerbekonferenz ändern nichts an der Tatsache, dass die budgetierten, aber nicht verwendeten Mittel dringend für die Umsetzung der Leitlinien gebraucht worden wären.

 

Im Mai 2018 habe ich im Hohen Haus gefordert, einen Umsetzungsplan zu den baukulturellen Leitlinien vorzulegen. Dieser Antrag wurde jedoch mit den Stimmen der Regierungsparteien abgelehnt. Es stellt sich immer drängender die Frage, wann die Regierung die angestrebten Umsetzungsmaßnahmen in Angriff nimmt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Sieht sich die Bundesregierung an den Beschluss des Ministerrats zur Umsetzung der Baukulturellen Leitlinien von August 2017 gebunden?

2.    Warum wurde der Beschluss zur Umsetzung der Baukulturellen Leitlinien im Ministerrat der aktuellen Bundesregierung nicht erneuert?

3.    Gibt es einen Zeitplan zur Umsetzung der Baukulturellen Leitlinien und wenn ja, wie sieht dieser aus?

4.    Welche Termine mit dem Beirat für Baukultur haben Sie bislang wahrgenommen?

5.    Welche Termine mit dem Beirat für Baukultur sind im ersten Halbjahr 2019 geplant?

6.    In der Beantwortung unserer Anfrage Nr. 1703/J vom September 2018 schreiben Sie, dass in der ÖREK-Partnerschaft "Stärkung der Stadt- und Ortskerne" die Arbeiten im 1. Quartal 2019 abgeschlossen sein werden. Wie lauten die Ergebnisse und wann erfolgt die ebenfalls in der Anfragebeantwortung angekündigte legistische Umsetzung?

7.    Wie wurden die im Jahr 2018 für den Beirat für Baukultur budgetierten EUR 300.000,- konkret verwendet (mit der Bitte um Aufschlüsselung)?

8.    In unserer parI. Anfrage Nr. 246/J vom März 2018 haben wir gefragt:

"Welche Schritte leiten Sie ein zur Umsetzung der Verpflichtungen aus der Davos-Deklaration zur hochqualitativen Baukultur Europas (Mainstreaming des Konzepts Baukultur bei allen Stakeholdern auf öffentlicher und privater Ebene, Entwicklung und Unterstützung von Maßnahmen zur Verwirklichung der Vision einer hochqualitativen Baukultur und Entwicklung einer Baukulturpolitik auf nationaler Ebene)?"

 

Ihre Antwort lautete:

"Erste Schritte im Sinne der "Davos Declaration 2018" wurden in Österreich bereits mit den im Vorjahr vom Ministerrat beschlossenen Baukulturellen Leitlinien des Bundes, die sich im internationalen Kontext durch ein Maßnahmenpaket auszeichnen, gesetzt. Die aktuelle Entwicklung auf europäischer Ebene bringt daher einen wertvollen Rückenwind für deren Umsetzung und die Fortsetzung des begonnen Weges. Österreich wird jedenfalls das Europäische Kulturerbejahr 2018 und die EU-Ratspräsidentschaft 2018 für die aktive Gestaltung des internationalen Diskurses, die internationale Vernetzung und die Vermittlung im Bereich Baukultur nutzen."

 

Die Baukulturellen Leitlinien sind nun seit bald zwei Jahren beschlossen, das Europäische Kulturerbejahr sowie die Ratspräsidentschaft liegen ebenfalls hinter uns. Welche Ergebnisse haben Ihre Aktivitäten zur Umsetzung der Baukulturellen Leitlinien bisher gebracht und wann wollen Sie den Verpflichtungen aus der Davos-Deklaration Rechnung tragen?