2960/J XXVI. GP

Eingelangt am 27.02.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Erwin PREINER
Freundinnen und Freunde

an den Bundeskanzler
betreffend Lebensmittelverschwendung

Schätzungen zufolge werden in der EU pro Jahr 88 Millionen Tonnen Lebensmittel verschwendet. Dies entspricht umgerechnet einer Menge von 173 Kilogramm pro Person.

In Österreich werden jährlich ca. 760.000 Tonnen Lebensmittel durch die Landwirtschaft, die Produktion, den Handel, die Gastronomie und die privaten Haushalte entsorgt. Davon gelten ca. 490.000 Tonnen als vermeidbar. Allein vom österreichischen Lebensmittelhandel werden jährlich über 110.000 Tonnen an Lebensmitteln weggeworfen.

In der Landwirtschaft, bei der Lebensmittelverarbeitung, in Geschäften, Restaurants und Zuhause - Lebensmittel gehen entlang der gesamten Versorgungs- und Verbrauchskette verloren oder werden verschwendet. Schätzungen zufolge sind im Durchschnitt die Haushalte mit 53 Prozent und die verarbeitende Industrie mit 19 Prozent die Hauptverursacher der Lebensmittelverschwendung in der EU.

Die Lebensmittelverschwendung bedeutet zugleich die Verschwendung von wertvollen und oft knappen Ressourcen wie Wasser, Boden, Arbeitszeit oder Energie. Es ergeben sich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt: Die Lebensmittelverschwendung trägt mit einer weltweiten CO2-Bilanz, die etwa 8 Prozent der gesamten vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen entspricht (laut Angaben der FAO), zum Klimawandel bei. Für jedes produzierte Kilo Lebensmittel werden 4,5 Kilogramm CO2 in die Atmosphäre abgegeben.

Die unterzeichnenden Abgeordneten richten daher nachstehende

Anfrage

1)     Welche Sektoren tragen in Österreich am meisten zur Lebensmittelverschwendung bei?

2)     Was wird auf EU-Ebene unternommen, um diese Verschwendung zu verringern?

3)     Was wird in Österreich unternommen, um diese Verschwendung zu verringern?

4)      Wie werden die Konsumenten besser über Lebensmittelverschwendung und ihre Ursachen informiert?

5)      Was wird unternommen, dass die Bedeutung der Haltbarkeitsangaben bei Lebensmitteln besser verstanden wird?

6)      Welche wirtschaftlichen Kosten/Schaden hat die Verschwendung von Lebensmitteln in Österreich?

7)      Welche ethischen Folgen?

8)      Welche Umweltauswirkungen?

9)      Was unternimmt das EU-Parlament, um das Ziel zu erreichen, die Menge der verschwendeten Lebensmittel bis 2025 um 30 Prozent und bis 2030 um 50 Prozent zu verringern?

10)  Welche Pläne hat die Bundesregierung diesbezüglich?

11)  Ist an eine Änderung der aktuellen Mehrwertsteuerrichtlinie gedacht, mit dem Ziel, Steuerbefreiungen auf Lebensmittelspenden ausdrücklich für zulässig zu erklären?

12)  Wann wird die Verwirrung rund um die Kennzeichnungen "mindestens haltbar bis" und "zu verbrauchen bis" beendet?

13)  Werden die möglichen Vorteile einer Beseitigung bestimmter Daten auf Produkte, von denen keine Gesundheits- oder Umweltrisiken ausgehen, geprüft?

14)  In Frankreich wurde 2016 ein Anti-Wegwerfgesetz beschlossen. Der Großhandel darf unverkaufte Nahrungsmittel nicht mehr wegwerfen. Insbesondere wird es den Händlern im Lebensmittelbereich verboten, ihre unverkaufte Ware für den Konsum ungeeignet zu machen. Unverkaufte Ware soll gespendet, als Tiernahrung genutzt oder als Kompost für die Landwirtschaft verwendet werden. Supermärkte mit einer Fläche von über 400 Quadratmetern werden verpflichtet, ein Abkommen für Lebensmittelspenden mit einer karitativen Organisation zu schließen.ln Tschechien müssen große Supermarkt-Ketten laut Gesetz unverkäufliche Lebensmittel kostenlos an Hilfsorganisationen abgeben. Bei Zuwiderhandlung droht eine Geldstrafe bis umgerechnet 390.000 Euro. Auch in Italien gibt es ein solches Gesetze bereits.

Wann wird es in Österreich eine derartige gesetzliche Regelung geben?

15)  Gibt es nach Ansicht der Bundesregierung eine eindeutige Rechtslage bei Abgabe bzw. Verkauf abgelaufener Lebensmittel (bitte in tabellarischer Form mit Auflistung der nationalen und europäischen Regelungen hinsichtlich der Abgabe von Lebensmitteln, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, beantworten)?

16)  Arbeiten die Bundesministerien und Behörden mit „Tafeln" zusammen, und planen Sie, die Abgabe von Lebensmitteln an die „Tafeln" zu erleichtern?

a) Falls nicht, warum?

17)  Welche Menge an Lebensmitteln wird an die „Tafeln" abgegeben?

18)  Liegen Daten über die Mengen der jährlich nicht in den Verkauf gelangten Lebensmittel und Rohstoffe in Österreich vor?

19)  Sehen Sie einen juristischen Spielraum, der es erlaubt, das Mindesthaltbarkeitsdatum abzuschaffen?

20)  Welche Möglichkeiten gibt es? Warum werden sie ergriffen bzw. warum nicht?

21)  Ist das Mindesthaltbarkeitsdatums ein Mitverursacher des vernichteten Lebensmittelbergs?

a)   Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, warum?

 

22)  Haben Sie Kenntnis über die Masse noch genießbarer Lebensmittel bzw. Rohstoffe, die bereits während des Produktionsprozesses entsorgt werden?

a)     Wenn ja, wie viele?

b)     Und welche Mengen beziehungsweise Anteile an Lebensmitteln werden nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums entsorgt?

23)  Verfolgen Sie Aktionspläne und Ziele zur Senkung der Verluste während der Nahrungsmittelproduktion?

a)      Wenn ja, welche?

b)     Inwiefern wurden bei bereits laufenden Kampagnen messbare Erfolge erzielt?

24)  Ist bekannt, wie viele Lebensmittel in andere Staaten exportiert werden und wie viele dieser Exporte auf einer höheren Stufe der Lebensmittelkette wieder nach Österreich importiert werden (z. B. wird Schweinefleisch exportiert und als Schinken wieder importiert - bitte durch Auflistung nach verschiedenen Lebensmittelarten wie Rind-, Geflügel- und Schweinefleisch, Milchprodukte, Gemüse etc. beantworten)?

25)  Welches Verwertungsprozent haben tierische (Schlachtausbeute von Schwein, Rind und Geflügel) und pflanzliche Lebensmittel?

26)  Wie viel Prozent der Schlachtausbeute werden national verbraucht?

27)  Inwiefern findet eine Wissensvermittlung an Schulen, Volkshochschulen und Universitäten zu dem Thema „Lebensmittelverschwendung" an die Bevölkerung statt?

28)  Was geschieht mit den abgelaufenen Lebensmitteln (bitte durch Auflistung der entsprechenden Lebensmittel mit anschließender Verwendung beantworten)?

29)  Welche Daten gibt es über die Menge an Rohstoffen, die grundsätzlich essbar wären, aber stattdessen für Bioenergie genutzt werden?

30)  In welcher Höhe wird die Produktion von Rohstoffen gefördert (bitte die Fördermittel nach landwirtschaftlicher Nutzungsart auflisten), und besitzen Sie Daten über die weitere Verwendung der nicht in den Verkauf gelangten Lebensmittel (bitte die Lebensmittel bzw. Rohstoffe nach Anteilen der Verwendung in Biogas, Kompostieranlagen, Tiernahrung und vernichteten Lebensmitteln auflisten)?