3001/J XXVI. GP

Eingelangt am 01.03.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

betreffend „erneut steigende Treibhausgase in Österreich"

Begründung

Zur Erarbeitung und Umsetzung wirksamer Klimaschutzmaßnahmen außerhalb des EU- Emissionshandels wurde im Jahr 2011 das Klimaschutzgesetz (KSG) beschlossen. Das KSG setzt Emissionshöchstmengen für insgesamt sechs Sektoren fest und bildet eine wesentliche Säule der österreichischen Klimapolitik bis zum Jahr 2020. Es soll die Zielerreichung im Klimaschutz sicherstellen.

Die aktuellsten Zahlen der Treibhausgasbilanz für 2017 des Umweltbundesamtes zeigen aber einen weiteren Anstieg der heimischen Treibhausgase. Im Jahr 2017 wurden in Österreich insgesamt wieder um 3,3% mehr klimaschädliche Treibhausgase ausgestoßen als im Jahr davor. Die im KSG maximal erlaubten Höchstwerte wurden damit um beinahe 5% überschritten. Einer der Haupttreiber war einmal mehr der Verkehrssektor, aber auch aus dem Gebäudebereich werden erhöhte Emissionszahlen gemeldet. Dabei wäre genau das Gegenteil angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise nötig. Die Treibhausgase müssten längst drastisch sinken - auch im Hinblick auf unsere staatsvertraglichen und unionsrechtlichen Verpflichtungen. Wenn die österreichische Bundesregierung jetzt nicht wirksame Maßnahmen ergreift, werden wir die Klimaziele verfehlen und damit nicht nur gegen nationales Recht, sondern auch gegen internationales Recht verstoßen. Neben der Klimadestabilisierung als schwerwiegendster Auswirkung auf die gesamte Weltbevölkerung werden unser Land als Konsequenz des heimischen Nichthandelns auch unmittelbare finanzielle Folgen in Milliardenhöhe allein aus den vertraglichen Verpflichtungen mit unseren Partnern treffen, ganz zu schweigen von den negativen Effekten für die Wirtschaft und in weiterer Konsequenz für das soziale Gefüge.

Das Bundesumweltamt hielt bezogen auf die aktuellen österreichischen Treibhausgase fest, dass „eine Einhaltung des Treibhausgas-Ziels bis 2020 in den Sektoren außerhalb des Emissionshandels im Szenario ,mit bestehenden Maßnahmen' nicht sichergestellt ist" und  „die sektorale Zieleinhaltung bis 2020 nur mit konsequenter Umsetzung von zusätzlichen Maßnahmen" gewährleistet werden kann.

Das Klimaschutzgesetz schreibt bei Überschreiten der gemäß völkerrechtlichen oder unionsrechtlichen Verpflichtungen für die Republik Österreich ab dem Jahr 2013 geltenden Höchstmengen von Treibhausgasemissionen in § 3 Abs 2 vor, dass auf Basis einer  Evaluierung der gesetzten Maßnahmen umgehend weitere Verhandlungen über die Stärkung bestehender oder Einführung zusätzlicher Maßnahmen zu führen sind. Gemäß § 3 Abs 3 KSG ist das Ergebnis dieser Verhandlungen sodann gesondert festzuhalten und die festgelegten Maßnahmen sind umgehend umzusetzen. Dem Nationalen Klimaschutzkomitee (NKK) ist gemäß § 3 Abs 4 KSG über die Verhandlungen und die festgelegten Maßnahmen Bericht zu erstatten.

Beim zuletzt an die Europäische Kommission geschickten Österreichischen Energie- und Klimaplan hat es keine angemessene Einbindung der Stakeholder und des Parlaments bei der Erarbeitung des Entwurfs gegeben. Für die im NKK vertretenen Parteien bestand lediglich die Möglichkeit, eine Stellungnahme zum Entwurf abzugeben - allerdings nur unter Einhaltung einer viel zu kurzen Frist. Ebenso wenig wurde der Entwurf - nach heftiger Kritik der  Experten daran -angemessen korrigiert. Sie haben außerdem in Ihrer Anfragebeantwortung 2448/AB vom 13.2.2019 nur das „E-Mobilitätspaket" als einzigen eigeninitiativ getroffenen nationalen Rechtsakt im Klimaschutz seit Beginn Ihrer Amtszeit nennen können. Dem nationalen Klimaschutzkomitee wurde bei der letzten Sitzung präsentiert, dass bereits aus heutiger Sicht mit Strafzahlungen von 8 Milliarden bis 2030 zu rechnen wäre. Das ist so viel, wie wir bis dahin voraussichtlich aus dem „Tanktourismus" aufgrund des „Dieselprivilegs" verdienen werden. Nicht zuletzt wegen der drohenden Strafzahlungen in Milliardenhöhe erfordert die Österreichische Treibhausgassituation ein umfassendes Sofortmaßnahmen­paket.

Der österreichischen Bevölkerung ist der Ernst der Lage längst bewusst, das geht aus einer zuletzt erschienen Studie der Statistik Austria hervor: Der Klimawandel und das steigende Verkehrsaufkommen werden von den Österreichern als die dringlichsten Umweltprobleme wahrgenommen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.      Haben Sie gemäß § 3 Abs 2 KSG angesichts unserer Treibhausgasbilanz bereits Verhandlungen über die Stärkung bestehender oder die Einführung zusätzlicher Maßnahmen begonnen?

a.      Wenn ja, wann, mit wem, und wann rechnen Sie mit einem Ergebnis der Verhandlungen?

b.      Wen planen Sie noch in die Verhandlungen miteinzubeziehen?

c.       Wann werden Sie ein entsprechendes Maßnahmenpaket präsentieren?

d.      Wenn nein, warum nicht?

2.      Können Sie von Seiten des Umweltministeriums angesichts der zuletzt veröffentlichten Treibhausgasbilanz bereits jetzt effektive Maßnahmen, samt CO2- Reduktionsschätzung pro Jahr und in Summe bis 2020, 2025 und 2030 für jede einzelne dieser Maßnahmen, nennen?

3.      Mit welcher CO2-Reduktion rechnen Sie mit den bestehenden Maßnahmen bis 2020? (Bitte um genaue Angabe der Einsparung in CO2-Äquivalent für jede Maßnahme.)

4.      Ist die Einhaltung des Treibhausgas-Ziels bis 2020 in den Sektoren außerhalb des Emissionshandels mit den bestehenden Maßnahmen auch Ihren Berechnungen nach nicht sichergestellt?

a.      Falls doch, bitte um Angabe des Reduktionsweges mittels Auflistung aller Maßnahmen samt erwarteten Einsparungen durch jede der Maßnahmen.

b.      Falls Sie zustimmen, bitte um Angabe des Ausmaßes der zu erwartenden Verfehlung des Ziels, wenn keine weiteren Maßnahmen getroffen werden.

5.      Sie haben in der Anfragebeantwortung 2448/AB vom 13.2.2019 bis dato nur das E- Mobilitätspaket als einzigen eigeninitiativ getroffenen nationalen Rechtsakt im Klimaschutz seit Beginn Ihrer Amtszeit nennen können. Welche CO2-Reduktion erwarten Sie sich dadurch bis 2020, 2025 und 2030?

6.      Da Sie bezogen auf die Emissionsziele Österreichs auch im Austausch mit sämtlichen anderen Ministerien, darunter speziell dem BMVIT, dem BMF und dem BKA sein müssen: Mit welchen finanziellen Folgen (Strafzahlungen, Emissionshandel, etc) muss angesichts der aktuellen Prognosen bei gleichbleibender Wirtschaftslage bereits jetzt für Österreich insgesamt gerechnet werden, wenn keine weiteren Maßnahmen getroffen werden?

Bitte gehen Sie bei der Beantwortung insbesondere auf folgende Punkte ein:

a.      Hat sich dabei an der letzten Einschätzung, die dem NKK präsentiert wurde, etwas geändert?

b.      Welchen Anteil an dieser Prognose hat der Verkehrssektor?

c.       Welchen Anteil an dieser Prognose hat der Wärmesektor?

d.      Sind Sie in Kontakt mit dem BMF bezüglich der drohenden Kosten, die sich  aus den internationalen Verträgen für die Zukunft ergeben werden?

i.      Wurden die Folgekosten einer Emissionsüberschreitung im letzten mittelfristigen Finanzrahmen des Bundes (BFRG 2019 - 2022) berücksichtigt?

ii.      Wenn nein, warum nicht?

7.      Welchen Anteil an etwaigen finanziellen Folgen einer Treibhausgaszielverfehlung müssen die Bundesländer tragen?

a.      Sind Sie diesbezüglich im Austausch mit den Ländern?

b.      Wissen Sie, ob Bundesländer bereits budgetäre Vorsorge für die Folgekosten einer etwaigen Zielverfehlung treffen?

8.      Zahlreiche Experten erachten eine aufkommensneutrale CO2-Steuer für das entscheidende Instrument im Kampf gegen den Klimawandel, weil damit - wie auch internationale Erfahrungen zeigen - ein bedeutender Lenkungseffekt erzielt werden kann. Sie haben schon mehrfach Bedenken gegen dieses Instrument geäußert. Das WIFO hat in seiner CATS-Studie[1] die Effekte einer CO2-Steuer für Österreich analysiert. Welche negativen Folgen befürchten Sie unter Zugrundelegung des RecQH[2]-Modelis des WIFO?

9.      Werden Sie Stakeholder, Parlament und Zivilgesellschaft in die Erarbeitung des finalen Nationalen Energie- und Klimaplans, der Österreichs zukünftige Klimapolitik bestimmen wird, einbinden?

a.      Wenn ja, wieder nur über das NKK oder planen Sie eine breitere Einbindung schon in der Erarbeitung des finalen Plans?

i.        Falls Sie eine breitere Einbindung planen, wie werden Sie die Stakeholder einbinden,

ii.      wie das Parlament und

iii.    wie die Sozialpartner und die Zivilgesellschaft?

b.      Wenn ja, welchen Zeitplan haben Sie dafür in diesem Jahr vorgesehen?

c.       Wenn nein, wieso nicht?

10.  Wie lautet der Zeitplan für die Konsultation der anderen Mitgliedstaaten für die Erstellung des integrierten nationalen Energie-und Klimaplans?

11.  Könnten Sie den Ablauf dieses Konsultationsprozesses bitte skizzieren?

12.  Inwiefern werden die Länder und Gemeinden und deren lokale und regionale Behörden in die Erstellung des integrierten nationalen Energie-und Klimaplans eingebunden und wie wird dieser Prozess koordiniert?



[1] https://cats.wifo.ac.at/wp/wp4.htm.

[2] Eco-payments & reduction of employer contributions.