3025/J XXVI. GP

Eingelangt am 06.03.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz

betreffend "Die Qualität von Gutachten zur Beurteilung der psychischen Gesundheit"

 

Zur Beurteilung der psychischen Gesundheit in gerichtlichen Verfahren werden meist Gutachter herangezogen. Die Qualität der Gutachten ist dabei maßgeblich für die richterliche Entscheidung. Ein Gutachten, das nicht nach dem Stand der Wissenschaft („lege artis“) erstellt wurde, kann dennoch für den Betroffenen weitreichende Konsequenzen haben, zum Beispiel die Einweisung in den oder die Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug. Obwohl es unbestreitbar ist, dass forensische Stellungnahmen den Mindestanforderungen der Wissenschaftlichkeit genügen müssen, sind im Sachverständigen- und Dolmetschergesetz keine Mindeststandards für Sachverständigengutachten festgelegt. Dazu kommt, dass in den Standesregeln des Verbands der Sachverständigen eine Regelung fehlt, wonach bei wissenschaftlichen Gutachten die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis (GWP) zu befolgen sind.

Wie aus 2178/AB/XXV.GP hervorgeht, wurde im Jahr 2007 das Fachgebiet „Psychiatrische Kriminalprognostik“ für Gerichtssachverständige geschaffen. Jene Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie und/oder Neurologie, die das österreichische Ärztekammerdiplom im Ausbildungslehrgang „Forensisch-Psychiatrische Gutachten“ erworben haben, können sich in diesem Fachgebiet in die Gerichtssachverständigenliste eintragen lassen. Offen ist, inwieweit damit eine Qualitätssteigerung der Gutachten erreicht werden konnte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Werden psychiatrische, psychotherapeutische und psychologische Sachverständige ohne einschlägige forensische Erfahrung in die Gerichtssachverständigenliste aufgenommen? Wenn ja, in welchen Bereichen werden diese Sachverständigen eingesetzt?

2.    Wie viele Sachverständige sind im Fachgebiet „Psychiatrische Kriminalprognostik“ eingetragen? Um Auflistung nach Gerichtssprengeln wird ersucht. 

3.    Sind ausreichend viele Sachverständige in den Fachbereich „Psychiatrische Kriminalprognostik“ eingetragen, um in allen Fällen, in denen über die Zurechnungsfähigkeit und/oder die Unterbringung im Maßnahmenvollzug zu entscheiden ist, ein Sachverständiger mit der forensischen Zusatzausbildung („Forensisch-Psychiatrische Gutachten“) bestellt werden kann?

4.    Werden dem Präsidenten/der Präsidentin der Landesgerichte als zuständige Zertifizierungsstellen Vorgaben und Richtlinien zur Qualitätskontrolle erteilt? Ist die Kommission (vgl. § 4 Abs 2 SDG) in Bezug auf die Beurteilung der Prüfungsfelder „Gutachtensmethodik“ und „Verfahrensrechtskunde“ an Vorgaben/Richtlinien gebunden?

5.    Wie viele Anregungen zur Entziehung der Eigenschaft als Sachverständiger (gem. § 10 Abs 2 SDG) wurden bei den Präsidentinnen und Präsidenten der Landesgerichte in den letzten fünf Jahren eingebracht? Um Aufschlüsselung nach Landesgerichten und Jahren wird ersucht.

6.    Wie viele Anregungen zur Entziehung der Eigenschaft als Sachverständiger wegen Wegfallens der Vertrauenswürdigkeit wurden in den letzten fünf Jahren eingebracht? Um Aufschlüsselung nach Landesgerichten und Jahren wird ersucht.

7.    Wie vielen Sachverständigen wurde in den letzten fünf Jahren aus welchem Grund die Eignung als Sachverständiger entzogen? Um Aufschlüsselung nach Gruppen, Jahren, Grund und Landesgerichten wird ersucht.

8.    Wie wird in der Richterausbildung sichergestellt, dass die Richterinnen und Richter beurteilen können, ob ein Gutachten wissenschaftlich fundiert ist? 

9.    Ist geplant, Mindeststandards für Sachverständigengutachten im SDG festzulegen? Wenn nein, warum nicht?

10. Wurde die von der Arbeitsgruppe zur Maßnahmenvollzugsreform empfohlene interdisziplinäre Kommission zur Schaffung von Qualitätsstandards für psychiatrische und psychologische Prognose- und Schuldfähigkeitsbegutachtungen, Begutachtungen im Rahmen der Urteilsfindung sowie im Entlassungsverfahren eingesetzt?

a.    Wenn ja, was war das Ergbnis?

b.    Wenn nein, warum nicht?