3086/J XXVI. GP

Eingelangt am 14.03.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA,

Kolleginnen und Kollegen,

an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend

betreffend Novellierung Gesetzestext zum Kinderbetreuungsgeld für Krisenpflegeeltern

Begründung

Krisenpflegepersonen sind wichtige Bezugspersonen für Kinder in Notsituationen. Um die wertvolle Arbeit von Krisenpflegepersonen zu unterstützen, soll auch für Krisenpflege­personen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe bestehen.

Die aufgrund des Initiativantrags 584/A beschlossenen Änderungen des Familienlasten- ausgleichsgesetzes 1967, des Kinderbetreuungsgeldgesetzes sowie des Familienzeitbonusgesetzes, führen nicht dazu, dass tatsächlich alle Krisenpflegepersonen einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld erhalten. Vielmehr wird der Mehrzahl der Krisenpflegeeltern der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes verwehrt:

Der Gesetzesbeschluss zum Kinderbetreuungsgeldgesetz sieht nämlich vor, dass ein gemeinsamer Haushalt - der Anspruchsvoraussetzung ist - nur dann vorliegt, wenn Elternteil bzw. Krisenpflegeperson und Kind für die durchgehende Dauer von mindestens 91 Tagen (13 Wochen) in Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Adresse leben und beide an dieser Adresse auch ihren Hauptwohnsitz gemeldet haben.

Eine Betreuung von 13 Wochen ist jedoch keinesfalls die Regel. Krisenpflegeverhältnisse dauern in aller Regel 6 bis 8 Wochen. Länger sollen die Betreuungsverhältnisse möglichst nicht bestehen, weil die Kinder entweder zu den leiblichen Elternteilen oder zu einer Dauerpflegefamilie kommen.

Krisenpflegeeltern haben oft mehrere Kinder hintereinander, oft auch überlappend in Pflege und stehen Tag und Nacht für deren Übernahme zur Verfügung. Mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung hätten viele Krisenpflegeeltern keine Chance mehr, für ihre Krisenpflegekinder Kinderbetreuungsgeld zu erhalten. Dieser Anspruch würde nur dann bestehen, wenn sie ausnahmsweise ein Kind für mehr als 91 Tage in Pflege haben. Damit können sich die meisten Krisenpflegeeltern diese Tätigkeit nicht mehr leisten. Besonders vor dem Hintergrund, dass bereits eine dringende Nachfrage an Krisenpflegeeltern besteht, ist der am 27.2.2019 gefasste Beschluss unverantwortlich. Er erhöht das Risiko, dass es in Zukunft noch weniger Krisenpflegeeltern geben wird. Obwohl seitens der Oppositionsparteien Abänderungs- und Entschließungsanträge Vorlagen, die einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld ab dem ersten Tag vorgesehen hätten, wurde seitens der Regierung der Beschluss in der vorliegenden Fassung gefasst.

Bundesministerin Bogner-Strauß hatte noch Ende September 2018, nachdem das Oberlandesgericht Graz im Sommer 2018 einer Krisenpflegefamilie, die ein Kind kürzer als 91 Tage bei sich hatte, kein Kindergeld zugestand, im Radio gemeint, dass es um rund 50 Fälle pro Jahr gehe: "Und die werden auch in Zukunft ein Kinderbetreuungsgeld bekommen, selbst wenn sie die Kinder nicht drei Monate haben", versprach sie damals - dieses Versprechen wurde nun gebrochen.

Wie in der Parlamentskorrespondenz berichtet wurde, meinte ÖVP-Familiensprecher Norbert Sieber, dass es fair sei, „alle Eltern gleich zu behandeln" und dass man „nun Rechtssicherheit für Krisenpflegeeltern" herstelle.[1] In Anbetracht dieser Aussage kann nur vermutet werden, dass keine den Tatsachen entsprechende Wahrnehmung zumindest innerhalb der ÖVP darüber besteht, welche Arbeit Krisenpflegeeltern täglich leisten, welchen Beitrag sie für die Gesellschaft erbringen und zu welcher finanziellen Entlastung der Länder sie im Kostenvergleich mit institutioneller Unterbringung beitragen. Die von Herrn Sieber angesprochene „Rechtssicherheit" bedeutet den faktischen Ausschluss von Krisenpflegeeltern vom Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und passt in den Regierungsjargon der sozialen Kälte und Ausgrenzung.

Krisenpflegeeltern leisten enorm wichtige Arbeit für viele kleine Kinder und für unsere Gesellschaft. Es ist dringend notwendig, die Rahmenbedingungen für die Krisenpflege zu verbessern, statt zu verschlechtern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.      Wieso wurde die Ankündigung, dass alle Krisenpflegeeltern - auch wenn sie die Kinder weniger als 3 Monate betreuen - künftig Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld haben werden, nicht umgesetzt?

2.       Obwohl es rechtliche Möglichkeiten für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes für Krisenpflegeeltern ab dem ersten Tag der Betreuung gegeben hätte, die Ihrer Aussage "Und die werden auch in Zukunft ein Kinderbetreuungsgeld bekommen, selbst wenn sie die Kinder nicht drei Monate haben" entsprochen hätten, wurden diese nicht ausgeschöpft. Warum nicht?

3.       Weshalb ist es Ihnen in mehr als einem halben Jahr seit dem Anlassfall des Gerichtsurteils des OLG Graz nicht gelungen, eine Lösung für alle Krisenpflegeeltern zu finden, unabhängig von der Betreuungsdauer?

4.    Wie beurteilen Sie den Beitrag, den Krisenpflegeeltern für die Gesellschaft erbringen, und insbesondere welche finanzielle Entlastung bewirken diese - nach den in Ihrem Ministerium aufliegenden Berechnungen -für den Staat im Kostenvergleich mit institutioneller Unterbringung?

5.    Werden Sie sich künftig dafür einsetzen, dass für alle Eltern, unabhängig von verschiedenen Bedürfnissen, unterschiedlichen Rahmenbedingungen und ohne Beachtung besonderer Härtefälle, die gleichen Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug des Kinderbetreuungsgelds gelten?

6.    Kinder, die weniger als 91 Tage bei ihren Krisenpflegeeltern wohnen und für die es deshalb kein Kinderbetreuungsgeld mehr geben soll, werden dadurch zu Kindern zweiter Klasse. Wie wollen Sie verhindern, dass die Betreuungssituation für diese Kinder schlechter aussieht, dadurch dass kein Kinderbetreuungsgeld ausgezahlt wird?

7.    Werden Sie in Verhandlungen mit den Bundesländern eintreten, damit statt des Kinderbetreuungsgeldes andere Zahlungen an Kurzzeit-Pflegeeltern ausbezahlt werden?

8.    Was wird mit den Geldern passieren, die man in Zukunft aufgrund der neuen Regelung des Kinderbetreuungsgelds für Krisenpflegeeltern einspart?

9.    Wie wird die geplante Evaluierung im Bereich Krisenpflegeeltern aussehen und was wird sie umfassen?

10.Welche Maßnahmen werden seitens des Ministeriums getroffen, wenn der Bedarf an Krisenpflegeeltern nicht mehr gedeckt werden kann?



[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190131_OTS0196/familienausschuss-beschliesst-besserstellung-fuer-krisenpflegeeltern.