3101/J XXVI. GP

Eingelangt am 15.03.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Wolfgang Zinggl

Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

Elisabeth Köstinger

betreffend „Raubbau am Boden"

BEGRÜNDUNG

Österreich wird zubetoniert. Tagtäglich in erschreckendem Ausmaß. Natürlicher Boden nimmt CO2 und Regenwasser auf. Straßen, Parkplätze und Einkaufszentren verhindern diesen ökologischen Schutzmechanismus. Landschaften werden zerstört, die lokale Temperatur steigt an.

Während die Bevölkerung seit Mitte des 20. Jahrhunderts nur geringfügig gewachsen ist, hat sich die bebaute Fläche pro Kopf fast verdreifacht. Gleichzeitig bleiben 40.000 Hektar verbaute Fläche ungenutzt, das entspricht der Fläche der Stadt Wien.

Folgen dieser Verbauungen sind heftige Gewitter, Hagel, Überschwemmungen und Lawinen. Wir vernichten unsere beste und billigste Klimaanlage, den Boden. Auch die Österreichischen Bundesforste bestätigen in ihrer Schutzwaldstrategie, dass die Intensive Landschaftsversiegelung der erste Grund für die Notwendigkeit einer Aufforstung zum Schutz vor Naturkatastrophen wie Lawinen, Steinschlag und Hochwasser ist.

Ein Blick über den österreichischen Tellerrand zeigt: Während Österreich jährlich 0,5% der Agrarflächen verbaut und damit schon in 20 Jahren weitere 10 Prozent der heimischen Flächen zubetoniert hat, verbauen unsere Nachbarn Deutschland und Schweiz nur die Hälfte. Aber nicht nur in dieser Statistik sind wir traurige Spitze, auch beim Straßennetz und bei der Supermarktdichte hängen wir unsere Nachbarn um viele tausend Hektar betonierte Fläche ab.

Langfristig stellt uns der Bodenverbrauch auch vor das Problem, dass wir unseren Nahrungsmittelbedarf nicht mehr decken werden können. Auch wird der hohe Bodenverbrauch als eine Ursache des Insektensterbens identifiziert. Darüber hinaus ist Österreichs Ruf als Tourismusland gefährdet.

Aktuell sehen wir uns mit folgenden erschreckenden Kennzahlen konfrontiert:

         Österreich verliert jährlich 0,5 % seiner Agrarfläche, in Deutschland und der Schweiz sind es nur 0,25%.

         In 200 Jahren gäbe es bei Fortschreiten dieser Entwicklung so gut wie keine Agrarflächen mehr in Österreich.

        Österreich hat mit 1,8 m2 eine der höchsten Supermarktflächen pro Kopf in Europa. Zum Vergleich Italien 1,0 m2, Frankreich 1,2 m2.

        Österreich hat mit 15 Meter pro Kopf eines der dichtesten Straßennetze in Europa. Zum Vergleich Deutschland 7,9 Meter, Schweiz 8,1 Meter pro Kopf.

        In Österreich gibt es It. Umweltbundesamt 130.000.000 m2 Industriebrachen. Inklusive Gewerbeflächen und leerstehender Häuser schätzt man die verbaute ungenutzte Fläche auf 400.000.000 m2.

         In den letzten 50 Jahren wurden bereits 300.000 Hektar Felder und Wiesen verbaut - so viel wie die gesamte Ackerfläche Oberösterreichs.

         1950 standen in Österreich noch 2.400 m2 Ackerfläche pro Kopf zur Verfügung - heute sind es nur noch 1.600 m2.

         Der Bodenverbrauch schreitet fünfmal so schnell voran, wie in der Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 fixiert.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.      Sieht sich die Bundesregierung an die Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 und die darin festgelegten Zielwerte gebunden?

2.      Was sind die aktuellen Zielwerte beim Bodenverbrauch und wie sollen diese erreicht werden?

3.       § 3 des Bundesverfassungsgesetzes für Nachhaltigkeit erklärt den Schutz des Bodens zum Staatsziel. Diesem Gesetz wird durch die rasende Versiegelung nicht Rechnung getragen. Was tun Sie gegen diesen Verfassungsbruch und wann?

4.      Wiener Neustadt hat von sich aus eine Bausperre verhängt. Welche Möglichkeiten sehen Sie, Gemeinden mit weniger intrinsischer Motivation daran zu hindern, Österreichs Boden zu zerstören?

5.       Der Bodenverbrauch ist ein enormes Risiko u.a. für Umwelt, Tourismus, Nahrungsmittelversorgung und den Arbeitsmarkt. Wo sehen Sie noch Probleme, die durch den rasend voranschreitenden Raubbau am Österreichischen Boden verursacht werden und welche Folgen kann das für unser Land langfristig haben?