3125/J XXVI. GP

Eingelangt am 21.03.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen, an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus
betreffend Schlachtungen von Nutztieren in Österreich.

Begründung

Aus dem Grünen Bericht 2018 lassen sich die folgenden Daten zu den im Jahr 2017 durchgeführten Schlachtungen in Österreich entnehmen:

Tierart

Schlachtungen 2017

Import Schlachttiere 2017

Export Schlachttiere 2017

Rinder (ohne Kälber)

621.970 Stück

99.642 Stück

13.485 Stück

Schweine

5.124.007 Stück (untersucht)

25.588 Stück (nicht untersucht)

607.962 Stück

45.999 Stück

Schafe

244.676 Stück

227 Stück

14.641 Stück

Hühner

83.800.000 Stück

 

 

 

Laut dem Leitfaden für bewährte Verfahrensweisen gemäß Artikel 13 der VO (EG) Nr. 1099/2009 kommen folgende Betäubungsmethoden vor der Schlachtung der Tiere in Betracht:

         Rind: Bolzenschuss

         Schaf und Ziege: Bolzenschuss oder Elektrobetäubung

         Schwein:

o    Bolzenschuss (sehr schwierig, da kleines Zielgebiet und Gehirn sehr tief liegt) oder

o    Elektrobetäubung (automatische Betäubungsanlagen oder Hochvoltanlagen) oder

o    Betäubung mit Kohlendioxid (CO2) - Mindestexpositionsdauer bei einer Konzentration von ca. 80 Vol.-%: 100 Sekunden (Ständige Aufzeichnung der CO2- Konzentration und der Verweildauer der Schweine in der Anlage sowie der Abweichungen von den Vorgaben sind erforderlich und müssen ein Jahr lang aufbewahrt werden.)

         Geflügel:

o    Bolzenschuss

o    Elektrobetäubung

o     Betäubung im Wasserbad

Nach der Betäubung der Tiere muss laut des oben genannten Leitfadens der Entblutestich noch in der tonischen Phase vorgenommen werden, was bedeutet, dass die Tiere noch empfindungs- und wahrnehmungsunfähig sein müssen. Der späteste Zeitpunkt dafür liegt bei den Tieren nach den folgenden Zeiträumen vor:

          Rind: spätestens 60 Sekunden nach dem Bolzenschuss

          Hornloses Schaf: spätestens 20 Sekunden nach dem Bolzenschuss

         Ziege und behorntes Schaf: spätestens 15 Sekunden nach dem Bolzenschuss

         Schaf und Ziege: spätestens 10 Sekunden nach der Elektrobetäubung

          Schwein:

o    spätestens 20 Sekunden nach dem Bolzenschuss

o    spätestens 10 Sekunden nach der Betäubung mittels Elektrozange

o    spätestens 45 Sekunden nach der CO2-Betäubung

         Geflügel:

o    spätestens 20 Sekunden nach dem Bolzenschuss

o    spätestens 10 Sekunden nach der Betäubung mittels Elektrozange


Laut Prof. Klaus Troeger vom Max-Rubner-Institut in Kulmbach ist Helium eine Alternative zum CO
2. Der Tierforscher beschreibt diese Form der Betäubung als „eine Betäubung, wie sie sein sollte“, da das Schwein nichts merkt und nichts spürt. Er ist der Ansicht, dass die Betäubung mittels CO2 nicht nur eine Qual für die Tiere darstellt, sondern auch die Qualität des Fleisches verschlechtert. Bei der CO2-Betäubung schütten die Schweine Stresshormone aus, was das Fleisch oft zäh, blass oder wässrig werden lässt. Das Fleisch der Tiere, welche mit Helium betäubt wurden, war hingegen „topzart“ [1]

Auch der Wissenschaftliche Ausschuss für Tiergesundheit und Tierschutz der EFSA (Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit) spricht von „Qual" bei der CO2-Betäubung, genauer gesagt von „potential distress and suffering". Almuth Hirt, Vorsitzende Richterin am Bayerischen Obersten Landesgericht a.D. und Mitautorin eines Kommentars zum deutschen Tierschutzgesetz, ist der Ansicht, dass eine Straftat gem. § 17 des deutschen Tierschutzgesetzes (vergleichbar mit § 222 StGB - Tierquälerei) zu bejahen ist, wenn das erhebliche Leiden, dem die Schweine ausgesetzt sind, bis zum Eintritt der Bewusstlosigkeit länger anhaltend ist.[2]

Gem. § 5 Abs. 1 des österreichischen Tierschutzgesetzes (TSchG) ist es verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen. All diese Tatbestandsmerkmale sind bei der CO2-Betäubung erfüllt.

Um den Tieren bei ihrer Schlachtung unnötiges Leid ersparen zu können bzw. Verbesserungen in diesem Bereich erreichen zu können, richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus folgende

Anfrage:

1.       Wie oft werden österreichische Schlachthöfe kontrolliert?

a.       Worauf wird dabei geachtet bzw was genau wird dabei kontrolliert?

b.        Handelt es sich dabei um unangekündigte Kontrollen?

2.       Wie wird kontrolliert, ob die Einhaltung des Zeitrahmens bei Vornahme des Entblutestiches (Angaben dazu siehe oben) auch tatsächlich erfolgt?

a.       Wie häufig erfolgen solche Kontrollen?

b.       Handelt es sich dabei um unangekündigte Kontrollen?

c.        Welche Sanktionen gibt es bei Überschreitung dieses Zeitrahmens?

3.       Bei der CO2-Betäubung von Schweinen kommt es immer wieder dazu, dass die Tiere nicht vollständig betäubt sind bzw wieder aufwachen. Grund dafür ist wohl häufig die zu kurze Expositionsdauer. Wird die Einhaltung der Mindestexpositionsdauer (100 Sekunden bei einer Konzentration von ca. 80 Vol.-%) kontrolliert?

a.       Wenn ja, wie häufig erfolgen solche Kontrollen (pro Schlachthof)?

b.       Handelt es sich dabei um unangekündigte Kontrollen?

4.       Wird über Alternativen zur CO2-Betäubung seitens des Ministeriums nachgedacht?

a.       Wenn ja, welche Alternativen wären denkbar und warum?

b.       Sind Anreize geplant, um die CO2-Betäubung durch diese Alternativen zu ersetzen?

5.       Die Betäubung mit Helium würde den Tieren laut VGT die Qualen ersparen, da sie das Gas nicht riechen können, nicht darauf reagieren und somit auch keine Schmerzen haben.[3] Wäre dies eine denkbare Alternative, um die CO2-Betäubung zu verdrängen?

a.       Wenn ja, sind Anreize geplant, um eine Umstellung von CO2- auf Helium-Betäubung zu erwirken?

b.       Wenn nein, aus welchen Gründen ist die Betäubung mit Helium keine geeignete Alternative?

6.       Verfügt das Ministerium über Daten betreffend die Anzahl der erfolglosen Betäubungen in den Schlachthöfen? (Auflistung der erfolglosen Betäubungsversuche nach Betäubungs- und Tierart)

a.       Gibt es Kontrollen diesbezüglich?

b.       Handelt es sich dabei um unangekündigte Kontrollen?

c.        Welche Sanktionen gibt es für Schlachthöfe, welche Tiere töten, obwohl sie nicht ordnungsgemäß betäubt wurden?

7.       Wurde darüber nachgedacht, Anreize zu schaffen, um ein „tierfreundlicheres" Töten[4] auch in österreichischen Schlachthöfen zu etablieren?

a.       Wenn ja, welche Anreize sind diesbezüglich geplant?

b.       Sind Maßnahmen geplant, welche die Hektik in Schlachthöfen reduzieren sollen, um so die für die Tiere notwendige Ruhe zu erzeugen?

c.        Sind Maßnahmen geplant, um eine Anlieferung der Tiere am Vorabend der Schlachtung stattfinden zu lassen, um so die Hektik zu vermindern?

8.       Sind Anreize geplant, um transparente Schlachthöfe in Österreich zu etablieren?

a.       Wenn ja, welche?

b.       Mit Hilfe von Live-Webcams könnten die Kunden jederzeit live mitverfolgen, wie mit den Tieren und auch mit ihren Lebensmitteln umgegangen wird. Sind solche Vorkehrungen seitens des Ministeriums angedacht?

i. Wenn nein, warum nicht?

9.       In Deutschland gibt es zB einen „tierfreundlichen" und transparenten Schlachthof (Fleischerei-Unternehmen Thönes[5]). Wären solche Schlachthäuser auch in Österreich denkbar?

a.       Sind Förderungen für den Betrieb solcher Schlachthäuser geplant?

b.       Wenn nein, warum nicht?

10.    Durch verpflichtende Kameras in Schlachthöfen könnten die Kontrollen deutlich vereinfacht werden und so auch etwas gegen die vorherrschende Tierquälerei in den Schlachthöfen unternommen werden. Sind solche Maßnahmen für die nahe Zukunft angedacht?

a.       Wenn nein, warum nicht?

11.    Findet eine Überprüfung der ausländischen Schlachthöfe statt, von welchen Fleisch nach Österreich importiert wird?

a.       Wenn ja, welche Kriterien müssen diese erfüllen

 



[1] https://www.faz.net/aktuell/geseIlschaft/tiere/deutschIand-umstrittene-co2-methode-bei-schweineschlachtung-14169503.html?printPagedArticle-true#pagelndex_0.

[2] https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/tiere/deutschland-umstnttene-co2-methode-bei-schweineschlachtung-14169503.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0.

[3]https://vgt.at/presse/news/2017/news20170406v.php.

[4] https://www.welt.de/wissenschaft/tierwelt/articleS747766/Wie-man-5chlachtvieh-tierfreundIich-toeten-kann.html .

[5] https://www.welt.de/wissenschaft/tierwelt/article5747766/Wie-man-Schlachtvieh-tierfreundlich-toeten-kann.html.