3189/J XXVI. GP

Eingelangt am 27.03.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Volle Aufklärung des Behördenversagens bei Mordfall in Dornbirn

Durch Recherchen von Falter und Vorarlberger Nachrichten wurden am 26. März 2019 neue Details zum Mord an der BH Dornbirn am 6. Februar 2019 bekannt. Daraus geht hervor, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Vorgeschichte, das unbefristete Aufenthaltsverbot und die Angaben des mutmaßlichen Mörders Soner Ö., Soldaten getötet zu haben, kannte. Am 18. Jänner 2019, elf Tage nach der Asylantragstellung, wird das Verfahren von Soner Ö. durch das BFA in Österreich zugelassen. Der mutmaßliche Mörder Soner Ö. darf daraufhin trotz Warnungen aus Vorarlberg die Erstaufnahmestelle Thalham verlassen. Laut Innenministerium habe die  Grundversorgungsstelle des Landes Vorarlberg dem Privatverzug nach Vorarlberg zugestimmt. Damit sei das Aufenthaltsverbot erloschen. Laut der zuständigen Vorarlberger Beamtin hat das Land Vorarlberg jedoch am 18. Jänner 2019 abgelehnt den Betroffenen in die Grundversorgung aufzunehmen. Außerdem gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Behörde geprüft hat, ob die Gründe, die zur Erlassung des Rückkehrverbots geführt haben, weggefallen sind.

Nach dem Fremdenpolizeigesetz (FPG) darf Schubhaft angeordnet werden, sofern „der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet“ und Fluchtgefahr vorliegt, etwa weil der Fremde „entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot” neuerlich eingereist ist. Das Innenministerium betont jedoch weiterhin, eine Schubhaft wäre nicht möglich gewesen. 2009 hieß es laut Recherchen von Falter und Vorarlberger Nachrichten im Bescheid noch, dass das Rückkehrverbot automatisch zur Abweisung des Asylantrags führt, auch wenn im Heimatland Verfolgung droht. All dies wirft weitere Fragen zum Vorgehen der Behörden im Umgang mit dem mutmaßlichen Mörder auf.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Welchen Inhalt hatten das Email und das Telefonat der für die Grundversorgung in Vorarlberg zuständigen Beamtin vom 18.01.2019 an das BFA?

2.    Wurde damit die Aufnahme des Betroffenen in die Grundversorgung in Vorarlberg abgelehnt?

3.    Wie reagierte das BFA auf die am 18.01.2019 geäußerten Bedenken der Vorarlberger Beamtin? Welche Maßnahmen wurden seitens des BFA daraufhin gesetzt?

4.    Aus welchen Gründen hat das BFA die Anordnung der Unterkunftnahme des Betroffenen Soner Ö. in der Betreuungsstelle West Thalham am 18.01.2019 aufgehoben?

5.    Warum hat das BFA nach der Ablehnung Vorarlbergs den Betroffenen in die Grundversorgung aufzunehmen nicht erneut eine Unterkunftnahme in der Betreuungsstelle West Thalham angeordnet?

6.    Welche Tatsachen liegen der Auskunft des Innenministeriums zugrunde, die Grundversorgungsstelle des Landes Vorarlberg hätte dem Privatverzug des Betroffenen nach Vorarlberg zugestimmt?

7.    Wann erfolgte diese Zustimmung der Vorarlberger Grundversorgungsstelle und in welcher Form?

8.    Hat nach Ansicht des Innenministeriums, dass Land Vorarlberg damit auch einer Aufnahme des Betroffenen in die Grundversorgung zugestimmt?

9.    Auf welche Rechtsgrundlage stützt sich die Aussage des Innenministeriums, dass das Aufenthaltsverbot mit der Zustimmung des Landes Vorarlberg zum Privatverzug des Betroffenen nach Vorarlberg erloschen sei?

10. Hat das BFA zu irgendeinem Zeitpunkt geprüft, ob die Gründe, die zur Erlassung des Rückkehrverbots geführt haben, wegfallen sind?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

11. Warum führte das Rückkehrverbot im Jahr 2009 zu einer automatischen Abweisung des Asylantrags des Betroffenen, im Jahr 2019 allerdings nicht?

12. Welche Maßnahmen setzten die Sicherheitsbehörden als der Betroffene in der Erstbefragung angibt, türkische Soldaten getötet zu haben?

13. Welche Maßnahmen setzte das BFA nachdem der Betroffene in der Erstbefragung bzw. Einvernahme angegeben hat, türkische Soldaten getötet zu haben?

14. Plant das Innenministerium alle relevanten Details zum gegenständliche Fall (anonymisiert) öffentlich zu machen?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

15. Plant das Innenministerium den gegenständlichen Fall von unabhängigen Expert_innen untersuchen zu lassen?

a.    Wenn ja, wann und von welchen Expert_innen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

16. Wann begannen im Innenministerium die Vorarbeiten zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine "fremdenrechtliche Haft" für Asylwerber, die eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen ("Sicherungshaft")?

17. Wer hat wem den Auftrag erteilt, an der legistischen Umsetzung der sog. "Sicherungshaft" für gefährliche Asylwerber zu arbeiten?

a.    Wann wurde der Auftrag erteilt?

b.    Wie lautete der Auftrag?

18. Wann begannen im Innenministerium die Vorarbeiten zur Anpassung des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG) im Hinblick auf die Einführung einer sog. "Sicherungshaft" für gefährliche Asylwerber?

19. Wer hat wem den Auftrag erteilt, an der legistischen Anpassung des PersFrG im Hinblick auf die Einführung einer sog. "Sicherungshaft" für gefährliche Asylwerber zu arbeiten?

a.    Wann wurde der Auftrag erteilt?

b.    Wie lautete der Auftrag?

20. Wann begannen im Innenministerium die Vorarbeiten zur Schaffung der einfachgesetzlichen Grundlagen für eine Haft für Asylwerber, die eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen ("Sicherungshaft")?

21. Wer hat wem den Auftrag erteilt, an der legistischen Anpassung der einfachen Gesetze im Hinblick auf die Einführung einer sog. "Sicherungshaft" für gefährliche Asylwerber zu arbeiten?

a.    Wann wurde der Auftrag erteilt?

b.    Wie lautete der Auftrag?

c.    Welche Gesetze sollen dafür geändert werden?

22. Ist schon absehbar, wann der Gesetzesentwurf zur Einführung einer sog. "Sicherungshaft" für gefährliche Asylwerber fertiggestellt und dem Nationalrat vorgelegt wird?