3192/J XXVI. GP

Eingelangt am 27.03.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Ruth Becher, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend „Strafrechtlich relevante Verschleuderung einer Bundesimmobilie am Heumarkt durch ÖVP-Kreise samt satzungswidriger Verwendung des Erlöses sowie Blockade der strafrechtlichen Ermittlungen durch das BMVRDJ, 1. Folge“

Seit einigen Jahren sorgt das Turmprojekt am Heumarkt-Areal in Wien für heftige Debatten. Die triste Situation um unansehnliche Flächen und abgewohnte Baulichkeiten sowie einen ums Überleben kämpfenden Eislaufvereins wird uns aber leider noch geraume Zeit so erhalten bleiben. Grund hierfür sind die auf unterschiedlichen Ebenen geführten rechtlichen Auseinandersetzungen um eine Aufrechterhaltung des UNESCO-Weltkulturerbes.

Im Zuge der heftigen Debatte rund um das Heumarkt-Areal droht allerdings eine nicht unwesentliche Thematik vollständig von der öffentlichen Bildfläche zu verschwinden, nämlich der 2008 durch einen damaligen ÖVP-Innenminister erfolgte Verkauf des in Bundesbesitz stehenden Grundstücks am Heumarkt.

Als Verkäufer trat der im Innenministerium angesiedelte „Stadterweiterungsfonds“ auf, der entgegen seines Namens nichts mit der Stadt Wien zu tun hat, sondern im ÖVP-geführten Innenministerium angesiedelt war. In jüngerer Zeit ist diese Einrichtung bereits mehrfach durch die Verschleuderung von Bundesimmobilien an ÖVP-nahe Kreise strafrechtlich relevant in Erscheinung getreten. Eine gewisse Unverfrorenheit bei der Begehung der offenkundig deliktischen Handlungen ist bemerkenswert.

Das gegenständliche Grundstück wurde jedenfalls unter einem ÖVP-Innenminister um 4,2 Mio. Euro an eine Tochter der nicht unbekannten Bundes Wohnen - Gemeinnützige WohnbauGmbH verkauft, um von dort umgehend beim nunmehrigen Eigentümer Wertinvest zu landen. Bemerkenswert ist der Umstand, dass der Verkauf von Bundesvermögen um lediglich 4,2 Mio. Euro erfolgte, obwohl von dritter Seite ein Kaufpreis von 9 Mio. Euro angeboten wurde. Dies bedeutet, dass die Republik allein durch diesen Vorgang um einen Betrag von knapp 5 Mio. Euro geschädigt wurde.

Bemerkenswert ist auch, dass im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Immo-Deal offenbar aus religiösen Gründen, im Sinne bestehender schlechter Gewissen, Spenden an kirchliche Einrichtungen erfolgten, worauf Betroffene mit päpstlichen Orden ausgezeichnet wurden.


Dass die „Transaktion“ daher vom Rechnungshof förmlich „zerrissen“ wurde, vermag nicht zu erstaunen. Die Prüfung des Rechnungshofes ergab zudem, dass der Erlös aus der Transaktion satzungswidrig verwendet wurde.

Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geführte Ermittlungen verlaufen einigermaßen mysteriös. So ist nach mehreren Jahren noch immer nicht bekannt, ob und wann es zum naheliegenden Verfahren kommt und der Prozess stattfinden wird, nachdem bereits 2016 aus dem Bundesministerium zusätzliche Ermittlungen angeordnet wurden. Seit längerem liegt der Vorhabensbericht der zuständigen Staatsanwaltschaft nun erneut im Justizministerium herum und wird dort offensichtlich nicht im Sinne einer funktionierenden Strafrechtspflege betrieben.

Ob dies mit dem Umstand zusammenhängt, dass ein ehemaliger Justizminister vor seiner Amtszeit auch an den gegenständlichen Transaktionen mitgewirkt haben soll, gibt dem Geschehen zusätzliche rätselhafte Aspekte.

Offensichtlich um von der extrem brisanten Angelegenheit zusätzlich ablenken zu versuchen, ist zuletzt sogar der an sich für Kunst und Kultur zuständige Minister Mag. Blümel aufgetreten, um mit kraftvollen, aber inhaltlich kaum nachvollziehbaren Worten auf sich aufmerksam zu machen.

Dem Wesen nach erinnern diese „Aktivitäten“ aber eher an die seltsamen Vorkommnisse in Salzburg vergangenen Sommer, wo Herr Mag. Blümel den Staatspreis für Europäische Literatur an die Britin Zadie Smith verleihen sollte, allerdings zur Verleihung nicht nur fünfzehn Minuten zu spät kam, sondern zur massiven Entrüstung des kunstaffinen Publikums auch wieder ging, bevor Zadie Smith ihre Dankesrede noch halten konnte. Dem Eklat wurde zur Information einer breiten Öffentlichkeit im derstandard.at/2000087587364/Gernot-Bluemel-Der-nicht-Amtsfuehrende breiter Raum gewidmet.

Eine Aufklärung dieser Causa scheint mehr als nur dringend geboten.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehende

Anfrage – Teil1

1.    Wurden die Ermittlungen rund um den Verkauf des Heumarkt-Areals bereits eingestellt?

a.     Wenn ja, weshalb?

b.     Wenn nein, was ist der derzeitige Verfahrensstand und wurde ein Verhandlungstermin anberaumt?

2.     Wurden interne Ermittlungen gegen die zuständigen BeamtInnen des Stadterweiterungsfonds aufgrund der gegenständlichen aber auch anderer sattsam bekannter Transaktionen eingeleitet?

a.     Wenn ja, mit welchem Ergebnis endeten die Ermittlungen?

b.     Wenn nein, warum wurden keine Ermittlungen gegen BeamtInnen eingeleitet, obwohl diese erschreckende Diskrepanz zwischen dem möglich zu erzielenden Marktwert und der letztendlich vereinbarten Verkaufssumme zutage getreten ist ?

3.     Bitte um Bekanntgabe, was mit dem Erlös des Verkaufs des Heumarkt-Areals 2008 geschehen ist. (Bitte um genaue Angaben und Auflistung.)


4.     Die Frage der politischen Befangenheit ist nicht von der Hand zu weisen. Es stellt sich für die interessierte Öffentlichkeit und Steuerzahler die Frage, mit welcher Intensität ein ÖVP-Justizminister den fragwürdigen Verkauf einer Immobilie eines ebenfalls von einem ÖVP-Minister geführten Ministeriums aufzuklären versucht hat und ob hier zudem nach allgemeiner Rechtslage empfundene Befangenheiten Vorgelegen sind. Sehen Sie hier eine Form der Befangenheit?

a.      Wenn ja, welche?

b.      Wenn nein, warum nicht?