3223/J XXVI. GP

Eingelangt am 28.03.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Rudolf Plessl und GenossInnen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „verlegter“ Verschlussakt von Karl-Heinz GRASSER (AZ 28 St 13/19m)

Wie leider erst aus Medienberichten zu erfahren war, laufen bereits seit November 2011 Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Eurofighter-Käufer - Finanzminister Karl- Heinz GRASSSER wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Geldwäscherei. Jedoch wurde dieses Verfahren im April 2013 - aus bisher unbekannten und nicht nachvollziehbaren Gründen - abgebrochen.

Die SPÖ hat im laufenden dritten parlamentarischen Eurofighter-Ausschuss im Anschluss an die Befragung des Exministers - eine Sachverhaltsdarstellung betreffend „Weitergabe von Amtsgeheimnissen“ an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Vermutlich resultierte das plötzliche „Wiederauffinden“ dieses verlegten und weggesperrten Verschluss-aktes aus unserer neuerlichen Anzeige und dem Umstand, dass der bisher ermittelnden Staatsanwalt plötzlich und regelrecht überfallsartig „abberufen“ wurde.

Gänzlich unverständlich ist jedoch, dass dieser Ermittlungsakt so gut verlegt und weggesperrt war, dass er dem parlamentarischen Eurofighter-Untersuchungsausschuss NICHT übermittelt wurde sondern erst in einer Lieferung - ausgehend von einem ergänzenden Beweisbeschluss der Ausschusses - vom Mai 2019 „versteckt“ wurde.

Um nun Licht ins Dunkel dieser wirklich höchst ungewöhnlichen und einmalig nachlässigen Verfahrensführung, die höchst reformbedürftige Akten-Verwahrung und Dokumentation bei der Staatsanwaltschaft, das „Wegsperren“ von Ermittlungsakten, die verspätete Vorlage von verfahrensrelevanten Akten des Eurofighter-Untersuchungsausschusses durch den Justizminister sowie die plötzliche und überraschende Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Ex-Finanzminister Grasser zu bringen, richten die unterfertigten Abgeordneten daher an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz nachstehende


Anfrage:

1.     Wie konnte es zu dieser wirklich „einmaligen“ Verfahrensführung im erst kürzlich bekannt gewordenen Ermittlungsverfahren (AZ 28 St 13/19m) gegen den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz GRASSER kommen?

2.      Welche Behörde ist nun, seit dem Auftauchen der Akten im Eurofighter­Untersuchungsausschuss, mit der Führung des Ermittlungsverfahrens (AZ 28 St 13/19m) befasst?

3.      Welche Schritte sind von der für das Verfahren - AZ 28 St 13/19m - zuständigen Stelle nach der Wiederaufnahme des Verfahrens geplant?

a.       Fortsetzung des Verfahrens?

b.      neuerlicher Abbruch?

c.       Einstellung?

d.      Neuerliches Verlegen des Aktes bis nach der nächsten NR-Wahl?

4.      Wie konnte es geschehen, dass dieser „Verschluss-Akt“ (AZ 28 St13/19m), der offenbar in einem Tresor der Staatsanwaltschaft gelagert war, seit 2013 vollkommen „vergessen“ wurde?

a.       Wo wurde dieser „Verschluss-Akt“ aufbewahrt?

b.      Wer war für die Verwahrung dieses „Verschluss-Akts“ zuständig?

c.       Wer hatte neben dem zuständigen fallführenden Staatsanwalt noch aller Zugang zu und Zugriff auf diesen „Verschluss-Akt“?

5.      Werden bzw. welche Dokumentationen werden aktuell über laufende „Verschluss­Akte“ bei den Staatsanwaltschaften in Österreich geführt?

a.       Wenn JA, werden diese zentral elektronisch geführt oder lokal/ händisch etc.?

b.      Wenn JA, wer hat aller Zugriff auf diese Aufzeichnungen?

c.      Wenn NEIN, warum werden keine Dokumentationen über Verschluss-Akte geführt?

6.      Welche gesetzlichen Regeln gelten aktuell für die Staatsanwaltschaft betreffend der Führung von Ermittlungsverfahren in Form eines „Verschluss-Aktes“?

a.       Wer kann die Führung eines Aktes als „Verschluss-Akt“ verfügen?

b.      Welche Oberbehörden sind vor bzw. nach einer Verfügung zur Führung als „Verschluss-Akt“ zu informieren?

c.       Welchen Oberbehörden ist bei der Führung von Ermittlungen in Form eines Verschlussaktes zu berichten?

d.      Wie oft ist den zuständigen Oberbehörden bei der Führung von Ermittlungen in Form eines Verschlussaktes zu berichten?

e.       Wurden diese Berichte an die Oberbehörden im Verfahren zur Aktenzahl 28 St13/19m vom zuständigen Staatsanwalt erstellt?

f.        Wurde ein erster Anlassbericht/ Informationsbericht an die zuständige Oberbehörde zum Verfahren zur Aktenzahl AZ 28 St13/19m Ende November 2011 übermittelt?

g.       Falls JA, an welche Behörde wurde dieser Bericht übermittelt und wer hat diesen abgefertigt?

h.       Falls JA, wieso wurde der Fortgang des Verfahren zur Aktenzahl AZ 28 Stl3/19m im weiteren Verlauf nicht mehr von zuständigen Oberbehörden kontrolliert und geprüft?

i.        Falls NEIN, wieso konnten dann Ermittlungsschritte durch den Verfahrensführenden Staatsanwalt gesetzt werden?

7.     Welche Oberbehörden sind aktuell mit der Kontrolle und Revision von Verfahren die als „Verschluss-Akt“ geführt werden befasst?

a.       Welche Oberbehörde war im Verfahren zur Aktenzahl AZ 28 St13/19m mit Kontrolle, Führung und Revision befasst?

b.      Welcher OStA war für das Verfahren Aktenzahl AZ 28 St13/19m zuständig?

8.     Welche Berichte an und Freigaben von Vorgesetzten Stellen sind insbesondere bei der Einstellung und/ oder dem Abbruch von Verfahren, die als Verschlussakt geführt werden, einzuholen bzw. zwingend notwendig?

a.       Wurden diese Berichte in Verfahren zum AZ 28 St13/19m vom zuständigen Staatsanwalt erstellt?

b.      Wurden die notwendigen Freigaben zur Einstellung/ Abbruch des Verfahrens zur AZ 28 St13/19m vom zuständigen Staatsanwalt eingeholt?

c.       Falls JA, wer bzw. welche Stellen haben diese Freigabe erteilt?

d.      Fall NEIN, wieso sind diese Versäumnisse niemandem aufgefallen?

9.     Wann sind Beschuldigte von der Führung eines Ermittlungsverfahrens gegen Sie - im Falle der Führung als Verschluss-Akt - zu informieren?

a.       Welche abweichenden Vorschriften gibt es hier zu „gewöhnlichen“ Ermittlungsverfahren?

b.      Welche rechtlichen Gründe sind für die Führung eines Ermittlungsverfahrens als Verschluss-Akt ausschlaggebend?

10. Wurden diese Verfahrens-Akten bei früheren parlamentarischen Untersuchungs­ausschüssen bereits vorgelegt oder wurde dies damals ebenfalls „vergessen“?

a.       Wurde dieser Akt dem Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen (919/GO) in der XXIV.GP von der Staatsanwaltschaft vorgelegt? Wenn NEIN, warum nicht?

b.      Wurde dieser Akt dem Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeug­system „Eurofighter Typhoon“ (3/US) in der XXV.GP von der Staatsanwaltschaft vorgelegt? Wenn NEIN, warum nicht?

c.      Wurde dieser Akt dem HYPO-Untersuchungsausschuss (l/US) in der XXV.GP von der Staatsanwaltschaft vorgelegt? Wenn NEIN, warum nicht?

11. Warum wurde dieser Akt dem Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeug­system „Eurofighter Typhoon“ (I/US) in der XXVI.GP von der Staatsanwaltschaft erst fast ein Jahr nach Einsetzung vorgelegt?

12. Warum wurde dieser Akt dem Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeug­system „Eurofighter Typhoon“ (XXVI.GP) von der Staatsanwaltschaft erst nach der Befragung des ehemaligen Finanzministers Karl-Heinz GRASSER vorgelegt?


13. Welche Behörden/ Personen waren mit diesem Akt bereits vor dem 19. Dezember 2018 befasst und daher über dessen bestehen informiert?

a.       Wurde von diesen Behörden/ Personen der Bundesminister informiert?

b.      Wurde von diesen Behörden/ Personen der Generalsekretär informiert?

c.       Wurden von diesen Behörden/ Personen andere Stellen im BMVRDJ informiert?

d.      Wurden von diesen Behörden/ Personen andere Stellen bei der Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwaltschaft oder Korruptionsstaatsanwaltschaft informiert?

14. Welche Konsequenzen könnten aus dieser „einmaligen“ Verfahrensführung gegen den früheren Finanzminister Karl-Heinz GRASSER sowie die Verfolgung der für diese strafrechtlichen Ermittlungen ausschlaggebenden Grundlagen und Tatbestände resultieren?

15. Wann und von wem (Behörde, Personen)wurde der zuständige Bundesminister für Justiz, Josef MOSER, über die Vorgänge in der Staatsanwaltschaft informiert?

a.       Welche Maßnahmen wurden von BM Moser gesetzt?

b.      Wurden Weisungen erteilt? Wenn JA, welche? Wenn NEIN, warum nicht?

16. Wann und von wem (Behörde, Personen)wurde der zuständige Generalsekretär im Bundesministerium für Justiz, Christian PILNACEK, über die Vorgänge in der Staatsanwaltschaft informiert?

a.       Welche Maßnahmen wurden von GS Pilnacek gesetzt?

b.      Wurden Weisungen erteilt? Wenn JA, welche? Wenn NEIN, warum nicht?

17. Wann und in welchem Rahmen soll das Parlament über diese „einmaligen“ Vorgänge im Justizressort und seinen nachgeordneten Organisationseinheiten informiert werden? Wenn NICHT, warum nicht?

18. Wann und in welchem Rahmen soll der laufende Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ (1/US) in der XXVI.GP über diese „einmaligen“ Vorgänge im Justizressort und seinen nachgeordneten Organisations­einheiten informiert werden? Wenn NICHT, warum nicht?

19. Welche Maßnahmen wurden von Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ressort sowie Ihnen persönlich zwischenzeitlich ergriffen, um solche nicht nachvollziehbaren Fehler in der Verfahrensführung künftig zu verhindern und zu vermeiden?

20. Sind von Ihrem Ressort bereits Änderungen an Gesetzesmaterien geplant, damit sich solche „einmaligen“ Vorkommnisse nicht mehr wiederholen können?

a.       Falls JA, welche Gesetzte sind voraussichtlich betroffen?

b.      Falls JA, sind Gesetze im Verfassungsrang betroffen?