3226/J XXVI. GP

Eingelangt am 29.03.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Thomas Drozda, Mario Lindner,

Genossinnen und Genossen

an den Bundeskanzler

betreffend Beziehung zu René Benko

Gleich zu Beginn Ihrer Amtsperiode geriet Kika/Leiner im Dezember 2017 immer mehr unter finanziellen Druck. Um diese finanziellen Sorgen - wie sich später herausstellte allerdings nur kurzfristig - abzuwenden, wurde die Luxusimmobilie in der Mariahilfer Straße 10 - 18 um 60 Mio. Euro an Ihren Berater René Benko verkauft. Dazu ließen Sie und der Justizminister, Dr. Josef Moser, Medienberichten zu Folge das zuständige Bezirksgericht sogar zwischen den Weihnachtsfeiertagen aufsperren und einen leitenden Beamten aus dem Urlaub zurückholen. So konnte der Deal noch Ende 2017 grundbücherlich besichert werden. Wie nun allerdings die Rechercheplattform Addendum[1] veröffentlichte, lag Kika/Leiner bzw. deren Mutterkonzern Steinhoff kurz nach Weihnachten 2017 ein weiteres Offert vor. Allerdings war dieses mit 90 Mio. Euro um ein Drittel höher als jenes der Stiftung von René Benko. Dass mit den 60 Mio. Euro der Wert der Immobilie weit unterschätzt war, zeigt jetzt auch ein Pfandrecht iHv. 95 Mio. Euro, das die Privatstiftung der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich auf die Immobilie im Grundbuch eintragen ließ.

Im genannten Artikel bewertet Ihr Sprecher den Deal um die Immobilie in der Mariahilfer Straße 10 - 18 so:

Das Ziel der Bundesregierung ist immer, Arbeitsplätze in Österreich zu erhalten. Es wurde bei unterschiedlichen Gesprächspartnern geworben, dass es zu keiner Zerschlagung des Unternehmens kommt, bei der nur die Immobilien zu Geld gemacht werden, sondern es ging vor allem darum, dass die Arbeitsplätze und Verkaufshäuser erhalten bleiben. Nach dem erfolgten Verkauf wurde René Benko auch eindringlich darum gebeten, die Arbeitsplätze zu erhalten. “

Am Ende blieb es nicht nur beim Immobilien-Deal, sondern die Unternehmensgruppe von René Benko übernahm Kika/Leiner Mitte 2018 zur Gänze. Nur weniger als zwei Monate später wurde bekannt, dass René Benko Ihrer Bitte nur bedingt nachkommt: jeder fünfte der rund 5.600 Beschäftigten wird abgebaut. Wäre der Immobilien-Deal anstatt um 60 um 95 Mio. Euro erfolgt, hätten aus den 35 Mio. Euro fast 1.000 MitarbeiterInnen für ein weiteres volles Jahr beschäftigt werden können.

Beide Male sind Sie als Bundeskanzler in engem Kontakt mit René Benko gestanden und Sie persönlich haben sich für den Einstieg des Milliardärs in den österreichischen Möbelmarkt eingesetzt.


Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1)     Haben Sie Ende Dezember 2017 mit René Benko persönlich über den Kauf der Liegenschaft in der Mariahilfer Straße 10 - 18 gesprochen? Haben Sie zum besagten Zeitpunkt mit VertreterInnen der Mariahilfer Straße 10 - 18 Immobilien GmbH über den Verkauf gesprochen? [Bitte um detaillierte und gesonderte Beantwortung der Unterfragen]

a.    Wie viele Treffen sowie Telefonate fanden zum genannten Zeitpunkt statt?

b.    Wenn ja, wurden Sie über den Kaufpreis informiert und/oder haben Sie sich nach dem Kaufpreis erkundigt?

c.    Welcher Kaufpreis wurde Ihnen genannt?

d.     Haben Sie darüber gesprochen, ob es weitere potenzielle KäuferInnen gibt und welchen Preis diese bieten?

2)     Wurden Sie über den eigentlichen Wert der Immobilie von mehr als 90 Mio. Euro informiert? [Bitte um detaillierte und gesonderte Beantwortung der Unterfragen]

a.     Wenn ja, von wem?

b.     Wenn nein, war Ihnen bewusst, dass der Kaufpreis der Immobilie mit 60 Mio. Euro unter ihrem eigentlichen Wert liegen muss?

c.     Sollte Ihnen nicht bewusst gewesen sein, welchen Wert die Immobilie haben müsste, haben Sie ExpertInnen um eine Einschätzung gebeten?

3)     Hatten Sie auch Kontakt mit der damaligen Geschäftsführung von Kika/Leiner? [Bitte um detaillierte und gesonderte Beantwortung der Unterfragen]

a.     Wenn ja, worum hat Sie diese gebeten?

b.    Was haben Sie der Geschäftsführung geraten?

c.     Wurde Ihnen von weiteren Kaufanboten und deren Höhe berichtet?

d.     Haben Sie aktiv danach gefragt, ob es weitere InteressentInnen gibt?

e.     Zeigten sich diese mit dem Kaufanbot durch René Benko zufrieden?

f.      Haben Sie die Geschäftsführung nach dem Wert der Immobilie gefragt?

4)     Waren Sie darüber informiert, dass ein zweites Kaufanbot vorlag? [Bitte um detaillierte und gesonderte Beantwortung der Unterfragen]

a.     Wenn ja, wer hat Sie darüber informiert und wann?

b.     Wenn ja, wussten Sie von der Höhe des gebotenen Preises von rund 90 Mio. Euro?

c.    Wenn nein, wann haben Sie davon erfahren?

5)     Hatten Sie im Zuge dieses Geschäfts bzw. davor oder danach Kontakt mit dem Bankinstitut, das diesen Kauf finanziert haben soll?

Ein Sprecher äußerte sich zur unkonventionellen Öffnung des Bezirksgerichts während der Weihnachtsfeiertage wie folgt:

„Der Zugang der Bundesregierung ist, eine serviceorientierte Verwaltung anzubieten. Das gilt insbesondere für Bürgerinnen und Bürger und natürlich auch für Unternehmen, wenn es um die Rettung von heimischen Arbeitsplätzen geht. “

6)     Wer hat Sie darum gebeten das zuständige Bezirksgericht während der Feiertage zu öffnen? War diese Intervention an bestimmte Bedingungen, wie insbesondere explizit an die Rettung von heimischen Arbeitsplätzen, gebunden? [Bitte um detaillierte und gesonderte Beantwortung der Unterfragen]

a.     Sind Sie in dieser Angelegenheit an den Bundesminister für Justiz herangetreten?

b.     Wenn ja, mit welchem konkreten Auftrag?

7)    Wie oft sind BürgerInnen mit einer ähnlichen Bitte bezüglich Öffnung von Gerichten und Ämtern an Sie herangetreten?

a.     Wie oft sind Sie dieser Bitte nachgekommen? [Bitte um detaillierte Auflistung je Fall mit Datum und Begründung]

8)     Welche Auswirkungen hatte die Unterbewertung der Immobilie in der Mariahilfer Straße 10 -18 auf die geschäftliche Situation von Kika/Leiner, sowie die Steuereinnahmen der Republik Österreich?

9)     Sie haben immer davon gesprochen, dass es Ihnen auch um die Sicherung der Arbeitsplätze in Österreich ging. Warum kam René Benko ihrer eindringlichen Bitte nicht nach, Arbeitsplätze vollständig zu sichern und baute über 1.000 Arbeitsplätze ab?

10)  Sind Sie sich dessen bewusst gewesen, dass René Benko in seiner Unternehmensgruppe zu dem genannten Zeitpunkt keine Geschäftsführungsbefugnisse wahrgenommen hat und wie sollte er mangels dieser, Ihrer eindringlichen Bitte um Arbeitsplatzerhalt nachkommen?

11)  Welche Konsequenzen haben Sie René Benko in Aussicht gestellt, falls er Ihrer eindringlichen Bitte nicht nachkommt?

Medial wurde ausführlich über die Rettung und Übernahme von Kika/Leiner, in der Sie sich persönlich involviert und geholfen haben sollen, berichtet.

12)  Entspricht die mediale Darstellung im Detail den Tatsachen? [Bitte um detaillierte und gesonderte Beantwortung der Unterfragen]

a.     Stimmt es, dass Sie am 8. Juni 2018 René Benko persönlich angerufen haben?

b.     Haben Sie auch mit dem zweiten Interessenten Frank Albert kurz vor Ablauf der Frist 13. Juni 2018 um 18:00 Uhr gesprochen? Worum ging es in diesem Telefonat? Was haben Sie Frank Albert angeboten?

c.     Wenn nein, bitte um Darstellung des korrekten Ablaufs und Ihrer Rolle in dieser Angelegenheit.

Die hochkomplexe Beteiligungsstruktur der Signa-Gruppe sowie Privatstiftungen, darunter auch in Liechtenstein, lässt darüber hinaus zahlreiche Fragen offen. Wie von Addendum recherchiert[2] führt der Weg der Signa-Beteiligungen auch in eine Briefkastenfirma in die US-Steueroase Delaware, Heimat von über 200.000 Briefkastenfirmen. Eine von diesen Firmen ist die A&M Signa Invest LLC, die über ein Konstrukt in Luxemburg an der Signa-Gruppe beteiligt ist. Die Bundesregierung hat medial immer wieder bekräftigt, dass Steuervermeidung und die effektive Konzernbesteuerung (Stichwort Google-Tax) ein wichtiger Schwerpunkt ist. Angesichts des Naheverhältnis von Ihnen zu René Benko und dessen Firmenkonstruktionen entsteht ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem.


13)  Sind Sie über diese Schachtelkonstruktionen informiert und sind Sie sich dessen bewusst, dass diese oft dazu dienen Steuervermeidung zu betreiben?

14)  Widerspricht es nicht der Strategie der Bundesregierung Steuervermeidung, Steuerbetrug und Korruption zu bekämpfen, wenn Sie Firmen zu Geschäften verhelfen, die in Steueroasen versteuern anstatt in Österreich?

15)  Ist René Benko oder eine, dem Signa-Konzern zuzurechnende Firma oder Person, als Wahlkampfspender von Ihnen oder der neuen ÖVP-Liste Kurz aufgetreten? [Bitte um detaillierte und gesonderte Beantwortung der Unterfragen]

a.     Wie hoch war die Spende (bitte um Darstellung der Geld- sowie Sachspenden)?

b.     Wie steht Ihre Hilfeleistung als Bundeskanzler bei dem sehr günstigen Immobiliendeal der Mariahilfer Straße 10 -18 von René Benko in Zusammenhang mit etwaigen Spenden?

c.     Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang das Delta iHv. 30 Mio. Euro zwischen dem Bestbieterpreis von 90 Mio. Euro und dem tatsächlichen Kaufpreis von 60 Mio. Euro?

16)  Sie sind vor kurzem in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gereist. Wer war Teil der offiziellen Delegation? Bitte um detaillierte Auflistung der mitreisenden Personen, zugehöriges Unternehmen bzw. Institution sowie Begründung, warum diese oder dieser Teil der Delegation war. [Bitte um detaillierte und gesonderte Beantwortung der Unterfragen]

a.     Welche Kosten sind durch diese Reise entstanden?

b.     Bitte um Darstellung welche Kosten der Mitreisenden übernommen wurden und/oder ob ein Teil der Reisekosten von den Mitreisenden selbst zu tragen waren?

c.     Welche Termine wurden wahrgenommen und welche der Delegationsmitglieder haben bei den jeweiligen Terminen teilgenommen?

d.     War René Benko Teil der offiziellen Delegation? Wenn nein, wo und aus welchem Anlass haben Sie ihn getroffen?

e.     Welche Termine haben Sie davon gemeinsam mit René Benko wahrgenommen? Was war der Zweck dieser Termine?

f.      Haben Sie Ihren MitarbeiterInnen einen Auftrag erteilt bei der Auswahl der Bilder, die auf der Reise entstanden sind, bestimmte Kriterien anzuwenden, insbesondere jene Bilder mit Ihnen und Benko so wenig wie möglich in den Vordergrund zu stellen?

g.     Haben Sie Ihren MitarbeiterInnen den Auftrag erteilt, diesen Wunsch ganz im Sinne der Message Control an die Zeitungsredaktionen des Landes zu kommunizieren?

17)  War Ihnen vor Beginn der Reise bekannt, dass René Benko bereits früher mit dem dortigen Staatsfonds in Gesprächen in Hinblick auf mögliche Immobilieninvestitionen stand?

a.     Wenn ja, welchen Einfluss hatte das auf die Teilnahme des Unternehmers an der Delegation des Bundeskanzlers?

b.     Wenn nein, wann haben Sie davon erfahren?



[1] https://www.addendum.org/benko/kikaleiner/

[2] https://www.addendum.org/benko/luxemburg/