3256/J XXVI. GP

Eingelangt am 04.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen,
an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Kon­sumentenschutz in Zusammenhang mit dem Generalsekretär des BMfASGK.

Kurz nach Amtsantritt hat die Regierung Generalsekretäre für die Bundesministerien ernannt
und diese mit dem neuen Bundesministeriengesetz (BMG) vom 28.12.2017 zu zentralen In-
stitutionen in den Ministerien gemacht. Dies wurde von der Opposition und den Medien heftig
kritisiert. Wie der Abg. Dr. Noll in seiner Rede im Nationalrat am 19. März 2018 ausführte,
unterlagen diese Positionen dem Ausschreibungsgesetz. Da auch der Innenminister einen Generalsekretär ohne Ausschreibung, also gesetzwidrig, ernannt hatte, wurde er am selben
Tag vom Klub der Liste Pilz unter den Verdacht des Amtsmissbrauchs angezeigt. Schon am
21. März wurde das sogenannte Budgetbegleitgesetz dem Parlament als Regierungsvorlage
übermittelt, in dessen unübersichtlicher Mitte ein Artikel 17 das Ausschreibungsgesetz än-
derte. Was auffällt, da im Budgetbegleitgesetz eigentlich nur Anpassungen an das vorge-
schlagene Budget enthalten sein sollten. Und siehe da, im Ausschreibungsgesetz wurde nun
ein Absatz eingefügt, welcher die ministeriellen Generalsekretäre von der Ausschreibungs-
pflicht ausnimmt, und das rückwirkend ab 8. Jänner 2018. - So kann man es als Regie-
rungspartei auch machen.

Um den Zweck dieser neuen Positionen abzusichern, wurde im Dezember 2017 auch ein
neuer § 9 Abs 2 ins BMG eingefügt:
„(2) Vertragsbedienstete, die mit der Leitung eines Ge-neralsekretariats, einer Sektion oder einer Botschaft betraut sind, sind auf ihren Antrag in
das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis aufzunehmen.“
Dieser Ansatz wird durch die Be­stimmung des § 136b Abs 3 BDG erleichtert, der für die in § 9 Abs 2 und 3 BMG genannten Personen Ausnahmen von den Voraussetzungen zur Begründung eines öffentlich-rechtli-
chen Dienstverhältnisses gewährt.

Es ist also nur eine Frage der Zeit, wann die Generalsekretäre, die nicht schon Beamte sind,
den Antrag stellen werden, in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis übernommen zu wer-
den. Da anzunehmen ist, dass die Generalsekretäre auf Positionen des „Höheren Dienstes“ (Verwendungsgruppe A 1) ernannt werden sollten, stellt sich die Frage, wie die „Definitivstel- lungserfordernisse“ gem. 1.20 der Anlage 1 zum BDG erfüllt werden sollten.

Der erfolgreiche Abschluß der Grundausbildung für die Verwendungsgruppe A 1 ist als Defi- nitivstellungserfordernis daher nachzuweisen. Die Dienstprüfung ist Bestandteil der Grund-
ausbildung (§ 28 Abs 1 BDG).

Die bisher anscheinend geübte Praxis, Vertragsbedienstete im Sinne des § 9 Abs 2 und 3
BMG bzw. § 136b Abs 3 BDG als Beamte zu übernehmen, ohne dass sie eine Dienstprüfung
ablegen müssen, erscheint gesetz- bzw. verfassungswidrig.

Gesetzwidrig ist diese Vorgangsweise, da die früher in § 4 Abs 4 und 5 BDG vorgesehenen Nachsichtsmöglichkeiten auch der besonderen Ernennungserfordernisse ganz bewusst mit

dem „Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002“[1] aufgehoben wurden. Denn, so er-
läutert die Regierungsvorlage[2], „die Möglichkeit der Nachsicht von
[...] den besonderen Er­nennungserfordernissen soll in Zukunft nicht mehr bestehen.“ Die „Definitivstellungserforder-
nisse“ gem. 1.20 der Anlage 1 zum BDG müssen also für alle Positionen der Verwendungs-
gruppe A 1 erfüllt werden. Das BDG sieht - im Gegensatz zur genannten Ausnahme der Er-
fordernisse des § 136a BDG durch § 136b BDG - keine sonstige Ausnahme von den Erfor-
dernissen der Definitivstellung mehr vor[3].

Verfassungswidrig ist diese Praxis wahrscheinlich schon deshalb, weil die zugrundeliegende
Bestimmung im BMG eine gleichheitswidrige Bevorzugung politischer Vertragsbediensteter
ermöglicht, oder weil sie in diesem Sinne verfassungswidrig ausgelegt wird. Es gibt über-
haupt keine sachliche Begründung für den Wegfall der allgemeinen und besonderen Erfor-
dernisse einer Definitivstellung für den durch § 9 Abs 2 und 3 umschriebenen Personenkreis.
Umgekehrt ist diese de-facto Bevorzugung eine Diskriminierung aller anderen sich um Auf-
nahme in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bewerbenden Vertragsbediensteten.

Auch zu § 136b BDG ergeben sich aus der systematischen Betrachtung der Beamtenstel-
lung und der Intention des Gesetzgebers verfassungsrechtliche Bedenken[4] .

In diesem Zusammenhang richten die unterzeichnenden Abgeordneten daher
an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumenten-
schutz diese

Anfrage:

1.   Gem. § 25 Abs 1 BDG hat die Grundausbildung die Grund- und Übersichtskenntnisse
sowie fachliche, soziale und methodische Fähigkeiten, die für den vorgesehenen Auf-gabenbereich erforderlich sind, zu vermitteln. Gem. § 30 BDG und § 12 Abs 1
BMASK-Grundausbildungs-verordnung 2017 können Berufserfahrungen auf die
Grundausbildung angerechnet werden, soweit sie mit entsprechenden Teilen der
Grundausbildung gleichwertig sind und dies im Hinblick auf die Ziele der Grundausbil-
dung zweckmäßig ist. Da die Position des Generalsekretärs eine weitestgehend poli-
tische ist, die am ehesten der des Bundesministers selbst ähnelt (gleiche generelle Weisungsbefugnis), kann diese Tätigkeit nicht auf die Grundausbildung angerechnet
werden, da sie weder die fachlichen, noch die methodischen oder sozialen Kompe-
tenzen vermittelt, die für eine Beamtenstellung nachzuweisen sind. Wie wird daher,
wenn der Generalsekretär in Ihrem BM einen Antrag gem. § 9 Abs 2 BMG stellt, si-
chergestellt, dass die Anforderungen des §
4 Abs 2 in Verbindung mit § 25 Abs 1
BDG erfüllt sind, bevor der Generalsekretär in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhält-
nis übernommen bzw. auf eine Planstelle ernannt wird (Ernennung im Sinne des § 5
Abs 2 BDG)?

2.     Wie wird das Erfordernis der Dienstprüfung im Sinne des BDG und des § 13 BMASK- Grundausbildungsverordnung 2017 gehandhabt werden, wenn der Generalsekretär
einen Antrag gem. § 9 Abs 2 BMG stellen wird?

3.     Kann § 12 BMASK-Grundausbildungsverordnung 2017 zu einer Anrechnung der ge-
samten Grundausbildung auf eine Tätigkeit als Generalsekretär führen, obwohl diese
Tätigkeit mit völlig anderen, politischen, Aufgabenstellungen ausgefüllt ist, und somit
die Erfordernisse des § 30 BDG nicht erfüllt sind?

4.     Falls ja, wie sollen die Ziele der Grundausbildung gem. § 2 BMASK-Grundausbil- dungsverordnung 2017 erreicht werden, da ja die Tätigkeit eines Generalsekretärs
kaum Berührungspunkte mit dem Detailwissen der Fachzweige des BMF aufweist?

5.     Sollte die Dienstprüfung nachgesehen werden: Wie kann dies ohne ausdrückliche ge-
setzliche Ausnahmebestimmung für das Absehen von der Dienstprüfung im BDG
möglich sein, da doch in der Systematik des BDG diese Prüfung als conditio sine qua
non für eine Ernennung gestaltet ist?


6.    Welche Nebentätigkeiten wurden von Ihrem Generalsekretär gemeldet bzw. von
Ihnen genehmigt?



[1]  BGBl Nr I 119/2002.

[2]  1182 dB, XXI. GP, 50; s auch Zach-Koblizek, Beamten-Dienstrecht, 119. Erg, § 4 BDG, 15 f.

[3]  So auch Fellner, Beamten-Dienstrecht, 74. Lfg, § 136b BDG, 252/5, noch § 4 Abs 4 u 5 BDG zitierend.

[4] Vgl Willi, Die Aufnahme in den Verwaltungsdienst des Bundes. Verfassungskonform?, SlAK-Journal
- Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3), 2005, S 43.