3284/J XXVI. GP

Eingelangt am 08.04.2019
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Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr, Nurten Yilmaz und GenossInnen

an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres

betreffend die prekäre Menschenrechtslage in der Türkei

Wie zuletzt auch im EU-Türkei-Fortschrittsbericht festgehalten, spitzt sich die Menschenrechtslage in der Türkei zu. Die Angriffe gegenüber OppositionspolitikerInnen, insbesondere der HDP, haben ein unerträgliches Ausmaß angenommen. Im Zuge der am Ende März statt gefundenen Gemeinderatswahlen in der Türkei erhöhte die Erdogan- Regierung das Tempo gegenüber der Opposition und ließ sämtliche AktivistInnen der HDP, aber auch solche der CHP und Iyi Parti, verhaften. Täglich wurden Oppositionelle als Terroristen bezichtigt. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit drohen Erdogan und seine Minister bei Wahlkampfveranstaltungen der Opposition, mittlerweile auch den Vorsitzenden der CHP und der Iyi Parti, mit der Todesstrafe.

Von den Inhaftierten in den Gefängnissen ist kaum mehr etwas zu hören. Der PKK-Anführer Abdullah Öcalan ist seit Jahren ohne Besuchsrechte und ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt in Isolationshaft auf der Insel Imrali. Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag sowie andere HDP-Abgeordnete und BürgermeisterInnen, Universitätsgelehrte, die sich für den Frieden eingesetzt haben, zahlreiche JournalistInnen und sogenannte Gülen- AnhängerInnen sitzen seit Jahren ohne Anklageschrift bzw. mit „Teilverurteilungen“ in den Gefängnissen.

Folter und Isolation und Staatsterror inner- und außerhalb der Gefängnisse sind in der Türkei auf der Tagesordnung. Um auf diese unmenschliche Situation aufmerksam zu machen, befinden sich rd. 7.000 politische Gefangene in Hungerstreik. Der Gesundheitszustand der HDP-Abgeordneten Leyla Güven hat sich in seinem 139. Tag dramatisch verschlechtert - ungeachtet ihrer zwischenzeitlichen Enthaftung. Vier Menschen haben bis dato bei diesen Hungerstreiks ihr Leben verloren.

Es ist gerade in Österreich verwunderlich, dass sich die Bundesregierung mit Kritik an der Türkei zurückhält. Trotz zahlreicher Kontakte von Außenministerin Kneissl zu ihrem Amtskollegen Cavusoglu ist es nicht nach außen vorgedrungen, ob und inwiefern sich Ministerin Kneissl zu den Entwicklungen in der Türkei kritisch geäußert hat. Umso mehr überrascht es uns, dass die Außenministerin in der Stadtzeitung Biber bekannt gibt, dass 2020 ein Kulturjahr zwischen Österreich und der Türkei werden wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen an die Bundesministerin für Europa Integration, und Äußeres folgende

Anfrage:

1.    Welche Möglichkeiten sehen Sie, um sich als Außenministerin für die Menschenrechte im Allgemeinen in der Türkei einzusetzen?

2.    Welche Möglichkeit sehen Sie im Speziellen, um sich für die Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei einzusetzen?

3.    Welche Mittel und Wege haben Sie bisher gewählt, um sich für eine Verbesserung der Haftbedingungen in den türkischen Gefängnissen einzusetzen?

4.    Haben Sie sich auf diplomatischer Ebene für die Rechte der OppositionspolitikerInnen eingesetzt?

5.    Welche Mittel und Wege werden Sie in Zukunft ergreifen, um sich für eine Verbesserung der Haftbedingungen in den türkischen Gefängnissen einzusetzen?

6.    Wie bewerten Sie die Pläne der Türkei, die Todesstrafe wieder einzuführen?

7.    Welche Möglichkeiten sehen Sie, sich gegen das Wiedereinführen der Todesstrafe in der Türkei einzusetzen?

8.    Welche Rolle spielt das Einhalten der Menschenrechte in der Türkei für das von Ihnen angekündigte Kulturjahr zwischen Österreich und der Türkei im Jahr 2020?

9.    Welche Erwartungen haben Sie für das Kulturjahr 2020?

10.  Derzeit befinden sich 7.000 Personen in den türkischen Gefängnissen in  Hungerstreik, darunter Leyla Güven. Sie befindet sich seit nun mehr 148 Tagen in Hungerstreik.lst ihnen dieser Umstand bekannt bzw. kennen Sie die Forderungen der Hungerstreikenden. Wenn ja, wie stehen Sie dazu?

11.  Wie viele österreichische StaatsbürgerInnen befinden sich derzeit in der Türkei in Haft?

12.  Wie viele Fälle sind Ihnen bekannt, bei denen ÖstereicherInnen an der Ausreise aus der Türkei gehindert wurden?