3294/J XXVI. GP

Eingelangt am 09.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. in Alma Zadic, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Die terrorverdächtige Identitäre Bewegung und FPÖ-Minister Kickl- ,Gleichgesinnte' im Innenministerium ?“

BEGRÜNDUNG

Momentan ermittelt die Staatsanwaltschaft Graz gemäß § 278b StGB (Terroristische Vereinigung) gegen VetreterInnen der Identitären Bewegung Österreich (in Folge ,,IBÖ“), insb. gegen IBÖ-Chef Martin Sellner[1]. Anlass sind Verbindungen der IBÖ zum Neuseeland-Terroristen, der 50 Menschen in ihren Gebetshäusern ermordete. Noch vor drei Jahren trat der heutige FPÖ-Innenminister Kickl - damals noch FPÖ-Generalsekretär - beim rechtsextremistischen Vernetzungstreffen „Kongress Verteidiger Europas" als Starredner auf. Die im Publikum versammelten Rechtsextremisten und Identitären begrüßte er als seine „Gleichgesinnten”[2].

Unter dem Druck der Terrorermittlungen distanzieren sich mittlerweile Teile der FPÖ in der Öffentlichkeit vorsichtig von der IBÖ. Fraglich ist, wie glaubwürdig solche öffentlichen Distanzierungsversuche sind und welchen Sinneswandel die Identitären und der FPÖ-Innenminister seit ihrem politischen Bekenntnis als „Gleichgesinnte" 2016 vollzogen haben sollen? Schließlich gilt die IBÖ seit Langem als prominente Vertreterin des österreichischen Rechtsextremismus. Folglich wird die IBÖ seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet:

Bereits 2013 warnte der Verfassungsschutz davor, dass Identitäre als Vertreter der sogenannten „Neuen Rechten" versuchen würden, „verdeckt Elemente der NS-Diktion in den politischen Diskurs einzubringen"[3]. 2016 - im Jahr der Verbrüderung von FPÖ-Innenminister Kickl mit den Identitären - stufte der Verfassungsschutz den für Rechtsextreme typischen Rassismus" als „maßgebliches Ideologiefundament" der Identitären ein[4]. Zum heutigen Zeitpunkt liegen dem Verfassungsschutz keine Informationen vor, dass die Identitären in den letzten drei Jahren ihrem rechtsextremistischen Weltbild abgeschworen hätten. Im Gegenteil: Im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird die Identitäre Bewegung als „eine der wesentlichen Trägerinnen des modernisierten Rechtsextremismus" in Österreich eingeschätzt[5]. Die IBÖ zeichnet sich damit durch eine lange ideologische Kontinuität aus. Auch bei FPÖ-Minister Kickl gibt es keine Anzeichen für einen grundlegenden Wandel seiner politischen Überzeugungen, seit er 2016 in den Identitären freudig seine „Gleichgesinnten" erkannte. Es ist daher aufgrund des begründeten Verdachts der ideologischen Nähe des Innenministers zu den Identitären umfassend prüfen, ob der FPÖ-Minister Kickl die österreichische Bevölkerung und das Innenministerium vor den rechtsextremen Identitären und anderen dem modernisierten Rechtsextremismus (den Neuen Rechten) zuzuordnenden Bewegungen zu schützen vermag.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)      Welche Erkenntnisse liegen Ihnen, bzw. Ihrem Ministerium und seinen (nachgeordneten) Dienststellen, über Mitgliedschaften, Kontakte, politisches Engagement (z.B. Teilnahme an Demonstrationen/Veranstaltungen, Zeigen und Teilen von Symbolen), Geschäftsbeziehungen u. dgl. von BMI-Bediensteten, einschließlich der politischen Büros und (nachgeordneten) Dienststellen, zur IBÖ vor?

a.       Wann wurden Sie über diese Erkenntnisse informiert?

b.      Welche konkreten Konsequenzen hatten diese Erkenntnisse?

c.       Haben Sie andere Mitglieder der Bundesregierung über diese Erkenntnisse informiert? Falls ja, wann und welche?

d.      Falls keine Erkenntnisse vorliegen: weshalb liegen sie nicht vor?

e.      Haben Sie versucht, entsprechende Informationen einzuholen?

2)      Weiche konkreten Maßnahmen haben Sie, bzw. Ihr Ministerium und seine (nachgeordneten) Dienststellen, gesetzt, um die in Frage 1 genannten Erkenntnisse zu beschaffen, und wann wurden diese gesetzt?

3)      Weiche Referate, (nachgeordnete) Dienststellen und politische Büros waren mit der Beschaffung der in Frage 1 genannten Erkenntnisse befasst?

4)      Welche konkreten Konsequenzen hat das Vorliegen von in Frage 1 genannten Erkenntnissen über BMI-Bedienstete, einschließlich der politischen Büros und (nachgeordneten) Dienststellen, für die betroffenen Personen?

5)      Gab es in der Vergangenheit Weisungen im Zusammenhang mit der IBÖ oder sonstigen rechtsextremistischen Bewegungen?

6)      Was war der genaue Wortlaut dieser Weisungen und von wem wurden sie erlassen?

7)      Welche konkreten Maßnahmen wurden seit Beginn Ihrer Funktionsperiode als Innenminister gesetzt, um Kontakte, politisches Engagement (z.B. Teilnahme an Demonstrationen/Veranstaltungen, Zeigen von Symbolen), Geschäftsbeziehungen u. dgl. von BMI-Bediensteten, einschließlich der politischen Büros und (nachgeordneten) Dienststellen, zur IBÖ zu prüfen?

a.       Welche konkreten Maßnahmen bezüglich Bediensteten des Bundeskriminalamts wurden gesetzt?

b.      Welche konkreten Maßnahmen bezüglich Bediensteten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wurden gesetzt?

c.       Weiche konkreten Maßnahmen bezüglich Bediensteten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl wurden gesetzt?

d.      Welche konkreten Maßnahmen bezüglich Bediensteten/Mitarbeitern der politischen Büros wurden gesetzt?

e.      Was waren die konkreten Ergebnisse dieser Maßnahmen (bitte aufgeschlüsselt nach konkreter Maßnahme/konkretes Ergebnis/Anzahl betroffener Personen/Datum)?

8)      Sie haben im rechten Medium „Wochenblick" für das Innenministerium inseriert. Für "Wochenblick" schreibt zumindest ein prominenter Identitärer.[6] Welche konkreten Maßnahmen haben Sie, bzw. Ihr Ministerium und seine (nachgeordneten) Dienststellen, gesetzt, um bei der Aufnahme von BewerberInnen für die Polizei Erkenntnisse (wie in Frage 1 beschrieben) über die betroffenen Personen zu erlangen?

a.       Haben Sie abgeprüft, ob die BewerberInnen für die Polizei Mitglied bei den Identitären sind oder waren?

b.      Welche konkreten Konsequenzen haben solche Erkenntnisse für die Betroffenen gehabt?

c.       Wie viele derartige Fälle gab es seit Beginn Ihrer Funktionsperiode als Innenminister?

d.      Falls Sie keine konkreten Maßnahmen gesetzt haben: weshalb?

9)      Gibt es wiederholte Sicherheitsüberprüfungen oder nur zu Beginn des Dienstverhältnisses mit Ihrem Ministerium, einschließlich der politischen Büros und (nachgeordneten) Dienststellen?

a.      Wenn es keine wiederholten systematischen Sicherheitsüberprüfungen gibt, sehen Sie eine Veranlassung, dieses Vorgehen zu ändern?

i.      Falls ja: inwiefern?

ii.      Falls nein: weshalb?

b.      Inkludiert diese Sicherheitsüberprüfung Kontakte, politisches Engagement (z.B. Teilnahme an Demonstrationen/Veranstaltungen, Zeigen von Symbolen), Geschäftsbeziehungen u. dgl. mit der IBÖ oder anderen rechtsextremistischen Gruppierungen?

i.  Falls nein: weshalb?

10)   Haben Sie seit Beginn Ihrer Funktionsperiode von sich aus Informationen über Verbindungen von BMI-Bediensteten, einschließlich der politischen Büros und (nachgeordneten) Dienststellen, zur IBÖ oder anderen rechtsextremistischen Gruppierungen eingeholt?

a.       Falls ja: wie oft, wann, und mit welchem(n) Ergebnis(sen)?

b.      Falls nein: weshalb?

11)   Informiert das BVT aktiv Sie oder die dafür zuständige Person in Ihrem Ministerium beim Vorliegen von in Frage 1 beschriebenen Erkenntnissen über BMI-Bedienstete, einschließlich der politischen Büros und (nachgeordneten) Dienststellen, hinsichtlich der IBÖ oder anderer rechtsextremistischer Gruppierungen?

a.       Falls ja: wie oft und wann ist dies bereits geschehen?

b.      Falls ja: wie viele Personen in welchen Positionen betraf dies jeweils?

c.       Falls nein: weshalb?

12)   Gibt es in Ihrem Vollzugsbereich eine mit dem „Sperrvermerk" im Österreichischen Bundesheer vergleichbare Maßnahme und wurde diese gegen Mitglieder der IBÖ, bzw. gegen Personen, über die Erkenntnisse wie in Frage 1 beschrieben vorliegen, gesetzt?

a.       Falls ja: Um welche Maßnahme(n) handelt es sich?

b.      Falls ja: Gegen wie viele Personen wurde diese Maßnahme gesetzt und aus welchen konkreten Gründen?

c.       Falls ja: Wann wurden diese Maßnahmen gesetzt?

d.      Falls nein: Weshalb gibt es so etwas nicht?

13)  Welche Strategien gibt es innerhalb der Exekutive, um extremistische Tendenzen einzelner BeamtInnen aufzuklären?

14)  Wurden in der Vergangenheit Kontakte, politisches Engagement, Geschäftsbeziehungen u. dgl. (wie in Frage 1 beschrieben) von BMI-Bediensteten, einschließlich der politischen Büros und (nachgeordneten) Dienststellen, zur IBÖ oder einzelnen ihrer VertreterInnen, bzw. anderen rechtsextremistischen Organisationen, bekannt?

a.       Falls ja: um welche Organisationen handelt es sich?

b.      Falls ja: wie viele solcher Fälle wurden bekannt und wann, bzw. welche Funktionen/Positionen hatten die Betroffenen?

c.          Falls ja: welche dienstrechtlichen Konsequenzen hatte dies für die Betroffenen?

d.       Falls ja: welche strafrechtlichen Konsequenzen hatte dies für die Betroffenen?

e.       Falls ja: welche sonstigen Konsequenzen hatte dies für die Betroffenen?

f.        Falls nein: weshalb?

15)  Welche sonstigen konkreten Maßnahmen haben Sie gesetzt, um Ihr Ministerium (einschließlich der politischen Büros) und seine (nachgeordneten) Dienststellen vor der Unterwanderung durch Identitäre und andere Rechtsextremisten zu schützen?

16)   Welche konkreten Maßnahmen werden Sie in Zukunft setzen, um Ihr Ministerium (einschließlich der politischen Büros) und seine (nachgeordneten) Dienststellen vor der Unterwanderung durch Identitäre und andere Rechtsextremisten zu schützen?

17)   Halten Sie - als oberster Dienstherr - Verbindungen zur IBÖ mit einem Beschäftigungsverhältnis zu Ihrem Ministerium, einschließlich der politischen Büros und (nachgeordneten) Dienststellen, für vereinbar?



[1] https://derstandard.at/2000100266183/Alte-und-neue-Verfahren-gegen-ldentitaere.

[2] https://www.stopptdierechten.at/2019/03/28/herbert-kickl-und-seine-gleichgesinnten/.

[3] Verfassungsschutzbericht 2013, S. 48.

[4] Verfassungsschutzbericht 2016, S. 44.

[5]  Verfassungsschutzbericht 2017, S. 53.

[6] https://www.profil.at/oesterreich/wochenblick-identitaeren-redakteur-10436124.