3296/J XXVI. GP

Eingelangt am 09.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend „Unbezahlte Mittagspausen und Mobbingvorwürfe bei der Post AG"

Begründung

Die Post AG stand in den letzten Jahren aufgrund arbeitsrechtlicher Verletzungen vermehrt in der Kritik und im Zentrum der medialen Berichterstattung. 2016 hat die Arbeiterkammer Oberösterreich die Post AG in das „Schwarzbuch Arbeitswelt"[1] aufgenommen. Konkret musste die Arbeiterkammer Geldleistungen im Wert von rund 140.000 Euro, welche den Bediensteten der Post AG rechtlich zu­standen, auf außergerichtlichem sowie gerichtlichem Weg erkämpfen. Im September 2018 und im Jänner 2019 rückte die Post AG erneut aufgrund rechtswidriger Personalmaßnahmen in die Kritik:

Im September 2018 sorgte das „Pausenurteil"[2] für Schlagzeilen. Laut Entscheidung des Bundesver­waltungsgerichts vom 2.10.2018 (GZ W122 2017726-3) wurde die von der Post AG an ihre Beamten im Zustelldienst ausgesprochene Weisung vom 13.12.2012 als rechtswidrig erklärt. Die vom BVwG als rechtswidrig beurteilte Weisung der Post AG, gezeichnet von DI Dr. Georg Pölzl, lautet wie folgt:

„Mit Wirksamkeit 01.01.2013 gilt für alle im Bereich V03: Brief, Werbepost & Filialen, Produktion & Logistik, in allen Zustellbasen in der Briefzustellung (Verwendung 0801, 0802, 0805 und 8722) tätigen BeamtInnen und Beamten Folgendes:

1.       Die durchschnittliche Dienstzeit beträgt 40 Stunden wöchentlich. An Tagen, an denen die tatsächliche Tagesdienstzeit sechs Stunden überschreitet, ist nach spätestens 6 Stunden Dienstzeit eine Ruhepause im Gesamtausmaß von mindestens 30 Minuten einzuhalten [...].

2.       Die Ruhepause zählt zur bezahlten Dienstzeit und wird daher außerhalb der tatsächli­chen Tagesdienstzeit konsumiert.

3.       Die gegenständliche Dienstanweisung gilt jedenfalls, unabhängig davon, ob die Be­amtin/der Beamte am neuen Gleitzeit- und Entlohnungsmodell gemäß BV„IST-Zeit" (Verwendung 8722) teilnimmt oder nicht."

Laut Medienberichten laufen aufgrund dieser Weisung derzeit etliche gerichtliche Verfahren gegen die Post AG.[3] Durch das Gerichtsurteil des BVwG hat nun ein Kläger erstmals Recht bekommen und die Anwältin des Betroffenen schätzt den Schaden ihres Mandanten auf bis zu 7.000 Euro.[4]

Es wird nun vermutet, dass das Urteil Präzedenzcharakter hat und auf alle betroffenen Beamten und Beamtinnen der Verwendung 0801, 0801, 0805 und 8722 im Zustelldienst Anwendung finden wird.

Dadurch ist es sehr wahrscheinlich, dass die Post AG in absehbarer Zeit erhebliche Entschädigungs­zahlungen tätigen muss.

Im Jänner 2019 wurde durch die Presse publik, dass ein Post-Zusteller 100.000 Euro vom Finanzmi­nisterium erhalten hat. Grund der Zahlung war ein Vergleich im Rahmen eines Zivilrechtsprozesses, da der Dienstgeber (Post AG) rechtswidrige Personalmaßnahmen gegen den Bediensteten gesetzt hat.[5] In diesem Zusammenhang wurden auch systematische Mobbing-Vorwürfe gegen bedienstete Post-Zusteller laut.

Beide Fälle, die bereits gerichtlich entschieden wurden, deuten auf ein erhebliches Versagen der derzeitigen Personalpolitik in der Post AG hin. Mobbingvorwürfe, nicht rechtskonforme Dienstanwei­sungen sowie Dienstellenversetzungen stehen im Zentrum der Kritik. Die Republik Österreich ist durch die ÖBAG Mehrheitseigentümerin (52,8 %) der Post AG. Durch die verfehlte und rechtswidrige Personalpolitik der letzten Jahre drohen der Post AG nun enorme Entschädigungszahlungen zu Lasten der österreichischen SteuerzahlerInnen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.              Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Post AG dem Erkenntnis des BVwG (GZ W122 2017726-3) vom 2.10.2018 Folge leistet und welche Maßnahmen haben Sie diesbezüglich getroffen?

2.              Werden Sie dafür Sorge tragen, dass den Bediensteten der Post AG, seit Verlautbarung des Erkenntnis des BVwG (GZ W122 2017726-3) im Bereich V03: Brief, Werbepost & Filialen, Pro­duktion & Logistik, in allen Zustellbasen in der Briefzustellung (Verwendung 0801, 0802, 0805 und 8722) die Mittagspause zukünftig als Arbeitszeit vergütet wird?

a)       Falls nein, warum nicht? (Bitte um ausführliche Begründung.)

3.              Wurde den Bediensteten der Post AG, welche durch die rechtswidrige Weisung um ihren An­spruch auf Mittagspause gebracht wurden, der dadurch entgangene Lohn rückwirkend vergütet?

b)       Falls nein, weshalb nicht? (Bitte um ausführliche Begründung)

4.              Wie viele Bedienstete der Post AG sind derzeit in dem Bereich V03: Brief, Werbepost & Filialen, Produktion & Logistik, in allen Zustellbasen in der Briefzustellung (Verwendung 0801, 0802, 0805 und 8722) tätig?

5.              Wie viele Bedienstete waren in dem obengenannten Bereich V03 in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 tätig?

6.              Wie viele Bedienstete der Post AG im Bereich V03: Brief, Werbepost & Filialen, Produktion & Logistik, in allen Zustellbasen in der Briefzustellung (Verwendung 0801, 0802, 0805 und 8722) waren von der in der Anfrage zitierten Weisung vom 13.12.2012 betroffen?

7.              Wie viele Bedienstete der Post AG im Bereich V03: Brief, Werbepost & Filialen, Produktion & Logistik, in allen Zustellbasen in der Briefzustellung (Verwendung 0801, 0802, 0805 und 8722), haben in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 am Gleitzeit- und Entloh­nungsmodell gemäß BV „IST-Zeit" teilgenommen?

8.              Wie viele Bedienstete der Post AG im Bereich V03: Brief, Werbepost & Filialen, Produktion & Logistik, in allen Zustellbasen in der Briefzustellung (Verwendung 0801, 0802, 0805 und 8722) waren von einer Versetzung gemäß § 38 BDG in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 betroffen? (Bitte um tabellarische Auflistung der Anzahl der Versetzung nach Jahreszahl.)

9.              Wie hoch sind die Entschädigungszahlungen an Bedienstete und ehemalige Bedienstet der Post AG, die aufgrund arbeitsrechtlicher und dienstrechtlicher Verstöße ein erfolgreiches zivil- oder strafrechtliches Verfahren gegen die Post AG eingeleitet haben? (Bitte um genaue Auflistung der Höhe der einzelnen Zahlungen für die Jahre: 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019.)

10.          Wird es personelle Konsequenzen, insbesondere auf Geschäftsführungsebene, im Vorstand und Aufsichtsrat, aufgrund der verfehlten Personalpolitik der Post AG geben?

a)       Wenn ja, welche Konsequenzen sind geplant?

b)       Wenn nein, weshalb nicht?

11.          Welche Maßnahmen wurden und werden von Ihrem Ressort ergriffen, um sicher zu stellen, dass ein Unternehmen im Mehrheitseigentum der Republik Österreich nicht im Zusammenhang mit Verletzungen des Arbeitsrechts am Pranger steht?



[1]

https://ooe.arbeiterkammer.at/service/broschuerenundratgeber/arbeitundrecht/Schwarzbuch_Arbeitswelt_2016.html (2.4.2019).

[2] https://derstandard.at/2000088070695/Gleitzeitmodell-der-Post-bezueglich-Mittagspause-gesetzwidrig (2.4.2019).

[3] https://diepresse.com/home/wirtschaft/kolumnen/kordikonomy/5568639/Streit-in-der-Post-wegen-unbezahlter-Mittagspausen (2.4.2019).

[4] https://www.neue.at/international/2018/09/25/dienstanweisung-bringt-der-post-aerger.neue (2.4.2019).

[5]  https://www.neue.at/international/2018/09/25/dienstanweisung-bringt-der-post-aerger.neue (2.4.2019).