3299/J XXVI. GP
Eingelangt am 10.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom
Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll,
Kolleginnen und Kollegen,
an den Bundesminister für Finanzen in Zusammenhang mit dem
Generalsekretär des BMF.
Kurz nach Amtsantritt hat die Regierung
Generalsekretäre für die Bundesministerien ernannt
und diese mit dem neuen Bundesministeriengesetz (BMG) vom 28.12.2017 zu
zentralen Institutionen in den Ministerien gemacht. Dies wurde von der
Opposition und den Medien heftig kritisiert. Wie der Abg. Dr. Noll in seiner
Rede im Nationalrat am 19. März 2018 ausführte, unterlagen diese
Positionen dem Ausschreibungsgesetz. Da auch der Innenminister einen
Generalsekretär ohne Ausschreibung, also gesetzwidrig, ernannt hatte,
wurde er am selben
Tag vom Klub der Liste Pilz unter dem Verdacht des Amtsmissbrauchs angezeigt.
Schon am
21. März wurde das sogenannte Budgetbegleitgesetz dem Parlament als
Regierungsvorlage übermittelt, in dessen unübersichtlicher Mitte ein
Artikel 17 das Ausschreibungsgesetz än-
derte. Was auffällt, da im Budgetbegleitgesetz eigentlich nur Anpassungen
an das vorge- schlagene Budget enthalten sein sollten. Und siehe da, im
Ausschreibungsgesetz wurde nun
ein Absatz eingefügt, welcher die ministeriellen Generalsekretäre von
der Ausschreibungs-
pflicht ausnimmt, und das rückwirkend ab 8. Jänner 2018. - So kann man
es als Regie-
rungspartei auch machen.
Um den Zweck dieser neuen Positionen abzusichern,
wurde im Dezember 2017 auch ein
neuer § 9 Abs 2 ins BMG eingefügt: „(2) Vertragsbedienstete, die mit der
Leitung eines Generalsekretariats, einer Sektion oder einer Botschaft
betraut sind, sind auf ihren Antrag in
das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis aufzunehmen.“ Dieser Ansatz wird durch die Bestimmung des
§ 136b Abs 3 BDG erleichtert, der für die in § 9 Abs 2 und 3 BMG
genannten Personen Ausnahmen von den Voraussetzungen zur Begründung eines
öffentlich-rechtli-
chen Dienstverhältnisses gewährt.
Es ist also nur eine Frage der Zeit, wann die
Generalsekretäre, die nicht schon Beamte sind,
den Antrag stellen werden, in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis
übernommen zu wer-
den. Da anzunehmen ist, dass die Generalsekretäre auf Positionen des
„Höheren Dienstes“ (Verwendungsgruppe A 1) ernannt werden
sollten, stellt sich die Frage, wie die „Definitivstel-
lungserfordernisse“ gem. 1.20 der Anlage 1 zum BDG erfüllt werden
sollten.
Der erfolgreiche Abschluß der Grundausbildung für die Verwendungsgruppe A 1 ist als Defi- nitivstellungserfordernis daher nachzuweisen. Die Dienstprüfung ist Bestandteil der Grundausbildung (§ 28 Abs 1 BDG).
Die bisher anscheinend geübte Praxis,
Vertragsbedienstete im Sinne des § 9 Abs 2 und 3
BMG bzw. § 136b Abs 3 BDG als Beamte zu übernehmen, ohne dass sie
eine Dienstprüfung ablegen müssen, erscheint gesetz- bzw.
verfassungswidrig.
Gesetzwidrig ist diese Vorgangsweise, da die früher in § 4 Abs 4 und 5 BDG vorgesehenen Nachsichtsmöglichkeiten auch der besonderen Ernennungserfordernisse ganz bewusst mit
dem „Deregulierungsgesetz -
Öffentlicher Dienst 2002“ [1]
aufgehoben wurden. Denn, so er-
läutert die Regierungsvorlage[2], „die Möglichkeit der Nachsicht von
[...] den besonderen Ernennungserfordernissen soll in Zukunft nicht mehr
bestehen.“ Die „Definitivsteilungserforder-
nisse“ gem 1.20 der Anlage 1 zum BDG müssen also für alle
Positionen der Verwendungs-
gruppe A 1 erfüllt werden. Das BDG sieht - im Gegensatz zur genannten
Ausnahme der Erfordernisse des § 136a BDG durch § 136b BDG -
keine sonstige Ausnahme von den Erfor- dernissen der Definitivstellung mehr vor[3].
Verfassungswidrig ist diese Praxis wahrscheinlich
schon deshalb, weil die zugrundeliegende Bestimmung im BMG eine
gleichheitswidrige Bevorzugung politischer Vertragsbediensteter
ermöglicht, oder weil sie in diesem Sinne verfassungswidrig ausgelegt
wird. Es gibt über-
haupt keine sachliche Begründung für den Wegfall der allgemeinen und
besonderen Erfor-
dernisse einer Definitivstellung für den durch § 9 Abs 2 und 3
umschriebenen Personenkreis. Umgekehrt ist diese de-facto Bevorzugung eine
Diskriminierung aller anderen sich um Auf-
nahme in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bewerbenden
Vertragsbediensteten.
Auch zu § 136b BDG ergeben sich aus der
systematischen Betrachtung der Beamtenstel-
lung und der Intention des Gesetzgebers verfassungsrechtliche Bedenken[4].
In diesem
Zusammenhang richten die unterzeichnenden Abgeordneten daher
an den Bundesminister für Finanzen diese
Anfrage:
1. Der Generalsekretär des BMF, Dr. Dietmar Schuster, MBA, war zuvor im Kabinett des Bundesministers beschäftigt und laut Web-Seite des BMF war er zugleich Sektionsleiter-Stellver- treter. Dr. Schuster war zuvor bis 2010 in der WKÖ angestellt. Hat Dr. Schuster vor Ernen- nung zum Sektionsleiter-Stellvertreter eine Dienstprüfung abgelegt und wurde er in den öffentlichen Dienst übernommen?
2. Oder wurde Dr. Schuster ohne Ablegung einer Dienstprüfung in den öffentlichen Dienst übernommen?
3. Falls, ja (Frage 2), wie kann dies ohne ausdrückliche gesetzliche Ausnahmebestimmung für das Absehen von der Dienstprüfung im BDG im konkreten Fall möglich gewesen sein?
4. Für den Fall, dass Dr. Schuster als Vertragsbediensteter im BMF angestellt ist:
Gem. § 25 Abs 1 BDG hat die Grundausbildung die Grund- und Übersichtskenntnisse sowie fachliche, soziale und methodische Fähigkeiten, die für den vorgesehenen Aufgabenbereich erforderlich sind, zu vermitteln. Gem. § 30 BDG können Berufserfahrungen auf die Grundausbildung angerechnet werden, soweit sie mit entsprechenden Teilen der Grundausbildung gleichwertig sind und dies im Hinblick auf die Ziele der Grundausbildung zweckmäßig ist. Da
die Position des Generalsekretärs eine weitestgehend politische ist, die am ehesten der des Bundesministers selbst ähnelt (gleiche generelle Weisungsbefugnis), kann diese Tätigkeit nicht auf die Grundausbildung angerechnet werden, da sie weder die fachlichen, noch die methodischen oder sozialen Kompetenzen vermittelt, die für eine Beamtenstellung nachzuweisen sind. Wie wird daher, wenn der Generalsekretär in Ihrem BM einen Antrag gem. § 9 Abs 2 BMG stellt, sichergestellt, dass die Anforderungen des § 4 Abs 2 in Verbindung mit § 25 Abs 1 BDG erfüllt sind, bevor der Generalsekretär in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis übernommen bzw. auf eine Planstelle ernannt wird (Ernennung im Sinne des § 5 Abs
2 BDG)?
5. Die Grundausbildungsverordnung-BMF sieht in § 7 die Möglichkeit der Anrechnung der gesamten Grundausbildung vor, wodurch die Grundausbildung als absolviert gilt. Im BDG wird die Anrechnung von Grundausbildungs-Zeiten ermöglicht, soweit diese Tätigkeiten mit entsprechenden Teilen der Grundausbildung gleichwertig sind und dies im Hinblick auf die Ziele der Grundausbildung zweckmäßig ist. Was ist die gesetzliche Grundlage für die wesentlich weiter gefasste Regelung in der Grundausbildungsverordnung-BMF, die keine weiteren Kriterien enthält?
6. Gilt mit der Regelung des § 7
Grundausbildungsverordnung-BMF ganz allgemein auch die Dienstprüfung als
nachgesehen, obwohl in der Systematik des BDG diese Prüfung als condi-
tio sine qua non für eine Ernennung gestaltet ist?
7. Für den Fall, dass Dr. Schuster als Vertragsbediensteter im BMF angestellt ist:
Wird die Bestimmung über die Anrechnung der gesamten Grundausbildung auf einen Antrag gem. § 9 Abs 2 BMG des Generalsekretärs Anwendung finden?
8. Falls die Bestimmung über die Anrechnung der gesamten Grundausbildung auf einen Antrag gem. § 9 Abs 2 BMG des Generalsekretärs Anwendung finden wird, soll damit auch die Dienstprüfung als nachgesehen gelten?
9. Wie kann, ganz allgemein und für sonstige Bewerber, eine Nachsicht von der Dienstprüfung gewährt werden, wenn das BDG dies nicht vorsieht?
10. Welche Nebentätigkeiten wurden von Ihrem Generalsekretär gemeldet bzw. von Ihnen genehmigt?
[1] BGBI Nr I 119/2002.
[2] 1182dB, XXI. GP, 50; s auch Zach-Koblizek, Beamten-Dienstrecht, 119. Erg, § 4 BDG, 15 f.
[3] So auch Fellner, Beamten-Dienstrecht, 74. Lfg, § 136b BDG, 252/5, noch § 4 Abs 4 u 5 BDG zitierend
[4] Vgl Willi, Die Aufnahme in den Verwaltungsdienst des Bundes. Verfassungskonform?, SIAK- Journal – Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3), 2005, S 43.