3310/J XXVI. GP

Eingelangt am 10.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl,

Kolleginnen und Kollegen,

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend ERBD-Gelder für Hühnerfleisch aus der Ukraine

Mit Krediten aus EU-Ländern würden Hühner eines ukrainischen Oligarchen mit Hilfe eines Tricks in die EU eingeführt, berichtete der „Kurier" (Montag-Ausgabe[1]) unter Verweis auf die Kampagnenorganisation Shifting Values.

Die strengen EU-lmportbeschränkungen für Hühnerbrüste würden vom Agrarkonzern MHP des ukrainischen Milliardärs Jurij Kosjuk seit Jahren mit einem simplen Trick umgangen. Beim Zerlegen der Tiere in der Ukraine bleibe ein Knochen an den Hühnerbrüsten. Die damit als minderwertig klassifizierten Stücke könnten somit unbegrenzt importiert werden.

„Im Jahr 2017 schlachtete der Konzern MHP 312 Millionen Hühner - mehr als 850.000 an jedem einzelnen Tag des Jahres. Nicht miteingerechnet sind hier die hunderttausenden Hühner pro Jahr, die noch vor ihrem Schlachttermin jämmerlich verenden. In den letzten Wochen und Monaten sorgte MHP für Aufregung, da der Konzern mit tatkräftiger Mithilfe der niederländischen Behörden ein Schlupfloch gefunden hatte, die teure Hühnerbrust an geltenden Importquoten vorbei aus der Ukraine in die EU einzuführen. MHP verdankt seine rasante Expansion und seine extreme Dominanz im ukrainischen Geflügelmarkt (Marktanteil 64%) nicht zuletzt der Unterstützung durch öffentliche Mittel. Internationale Entwicklungsbanken (v.a. IFC und EBRD) stellten mehr als eine halbe Milliarde Euro zur Verfügung, unter anderem um die größte Geflügelmastanlage Europas (Kapazität im Endausbau: 220 Mio. Hühner/Jahr) in der ukrainischen Region Vinnytsia zu finanzieren. Anders als es der Kurier-Titel vermuten lässt, trägt die EU dabei nur einen kleinen Teil der Verantwortung. So hält sie in der EBRD nur etwa 7% der Anteile, während die einzelnen EU-Mitgliedstaaten mehr als die Hälfte der Anteile und damit der Stimmrechte besitzen. Werden sie diese weiterhin zugunsten von MHP einsetzen? Am 22. Mai entscheiden sie über eine weitere Kapitalvergabe der EBRD in Höhe von 100 Mio. Euro anlässlich der Übernahme des slowenischen Unternehmens Perutnina durch MHP."[2]

So ist auch Österreich Anteilseigner von 2,28% der EBRD und hat seit 1992 Geldmittel in der Höhe von 116 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.[3] Jeder Aktionär ist auch im Gouverneursrat vertreten, für Österreich hat diese Funktion Finanzminister Hartwig Löger inne.[4]

Es ist unverständlich, warum Geld von europäischen Investitionsbanken, die auch mit österreichischem Steuergeld finanziert werden, verwendet wird, um einem Oligarchen, der ohnehin bereits den ukrainischen Markt dominiert, dabei zu helfen, seine Vormachtstellung weiter auszubauen. Was durch die Entwicklungsbanken, wie der EBRD, hier ermöglicht wird, ist kontraproduktiv und widerspricht maßgeblich den Interessen in ökologischer Sicht, dem Tierwohl sowie den Interessen der Konsumentlnnen.

„Ob das MHP-Hühnerfleisch auch auf österreichischen Tellern landet, lässt sich laut Vertretern der heimischen Nahrungsmittelindustrie schwer feststellen. Allerdings verzeichnet der Geflügelimport aus der Ukraine nach Österreich riesige Zuwächse, im Vorjahr etwa mehr als 170 Prozent", so der „Kurier". Michael Wurzer, Vertreter der heimischen Geflügelzüchter, vermutet die Hauptmenge im Bereich von Gastronomie, Großküchen und Kantinen: „Da bekommt der Konsument ja gar keine Information, woher das Fleisch stammt, das er isst.“[5]

Kontrollen von Tierhaltungsanlagen in der Ukraine sind laut den Tierschützern von Shifting Values mehr als lückenhaft. Eine Überprüfung von MHP durch die EU-Kommission ergab Verstöße gegen die EU-Richtlinien bei der Schlachtung.

Laut „Kurier“-Bericht hat nun auch schon die EU-Kommission reagiert: „Dass MHP mit seinem Knochen-Trick die Importbeschränkungen umgeht, hat inzwischen auch zu einer Reaktion der EU- Kommission geführt, allerdings zu einer, die bei Beobachtern wie Waitz für Kopfschütteln sorgt. Das Abkommen mit der Ukraine soll umgeschrieben werden - und zwar so, dass MHP in Zukunft seine Hühnerbrüste legal exportieren kann. Die Quote soll einfach auf die Menge angehoben werden, die MHP jetzt mit Tricks in die EU exportiert.“[6]

Man kann hier durchaus von einem Fleischskandal sprechen und es bedarf hier der Aufklärung, was die österreichische Bundesregierung gegen dieses Vorgehen unternimmt, damit der MHP-Konzern keine weiteren Gelder der Entwicklungsbanken bekommt, damit Tierwohlkriterien auch bei Importen eingehalten werden und damit die Konsumentlnnen ausreichend über die Herkunft des Hühnerfleisches informiert werden. Österreichische Kleinproduzenten können preislich niemals mit einem derartigen Giganten, der unter Verletzung sämtlicher Auflagen produziert, mithalten und müssen deshalb geschützt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.       Wie wird sich die österreichische Bundesregierung als Anteilseigner der EBRD im
Gouverneursrat verhalten, wenn es um eine zukünftige Kapitalvergabe für den MHP-Konzern
geht?

2.       Haben sich die österreichischen Vertreter im Gouverneursrat der ERBD in der Vergangenheit
für die Kapitalvergabe an den MHP-Konzern ausgesprochen?

3.       Werden Sie sich dafür einsetzen, dass zukünftig keine österreichischen Steuergelder über die
ERBD an den MHP-Konzern fließen?



[1] https://kurier.at/politik/ausland/hendl-schummelimport-aus-der-ukraine-mit-eu-hilfe/400458490

[2] https://shiftingvalues.com/2019/04/08/gefluegelgigant-mhp-ein-geschoepf-internationaler- finanzinstitutionen/

[3] vgl. https://www.ebrd.com/who-we-are/structure-and-management/shareholders/austria.html%20

[4] vgl. https://www.ebrd.com/shareholders-and-board-of-governors.html

[5] https://kurier.at/politik/ausland/hendl-schummelimport-aus-der-ukraine-mit-eu-hilfe/400458490.

[6] Ebd.