3322/J XXVI. GP

Eingelangt am 12.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger und GenossInnen

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

betreffend fehlende Umsetzung der NEC-Richtlinie durch Nichteinhaltung des Emissionsschutzgesetzes-Luft

Luftverschmutzung ist das größte, umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa. In Österreich sterben laut Europäischer Umweltagentur (EUA)[1] jeweils 5.900 bzw. 380 Menschen vorzeitig an den Folgen von Feinstaub und Ozon. In der gesamten EU sind dies sogar rund 400.000 Menschen. Zusätzlich fallen noch weitere Kosten für Gesundheit und Natur an. Das Ammoniak, als Luftschadstoff und Vorläufersubstanz für sekundärem Feinstaub und Ozon, gilt als eine wichtige Gefahrenquelle. Deshalb hat die EU im Jahr 2016 die sogenannte NEC-Richtlinie[2] (= National Emission Ceilings) verabschiedet, die den EU-Mitgliedstaaten Reduktionen bei schädlichen Luftschadstoffemissionen vorschreibt. Die EU verfolgt damit das lobenswerte Ziel, die Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch Luftverschmutzung im Jahr 2030 (Basis 2025) um die Hälfte zu reduzieren. Bis spätestens zum 1. April 2019 mussten die Mitgliedstaaten der EU-Kommission hierzu ein verbindliches nationales Luftreinhalteprogramm für vier Jahre mit konkreten Maßnahmen übermitteln. Während in anderen Staaten (z.B. Deutschland[3]) seit Monaten daran gearbeitet wird, gibt es in Österreich noch nicht einmal einen Vorschlag. Die Richtlinie wurde mit dem Emissionsschutzgesetz-Luft (EG-L) lediglich formal aber nicht faktisch umgesetzt. Dem Sektor Landwirtschaft sind laut Luftschadstoffinventur 94 Prozent der Ammoniakemissionen zuzurechnen.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1)   Gemäß § 4a und Anlage 1 a EG-L darf Österreich seit dem Jahr 2010 nicht mehr als 66 Kilotonnen Ammoniak pro Jahr emittieren. Trotzdem verursachte Österreich gemäß der Luftschadstoffinventur 2018 des österreichischen Umweltbundesamtes zuletzt 67,9 Kilotonnen Ammoniak. Vom österreichischen Umweltbundesamt und dem LFZ Raumberg-Gumpenstein liegt hierzu ein Bericht (Ammoniak. Reduktionspotentiale im Sektor Landwirtschaft, Wien, 2017) vor, der für die Landwirtschaft als Hauptverursacherin emissionsmindernde Maßnahmen bei der Aufzucht von Rindern, Schweinen und Geflügel (v.a. proteinreduzierte Fütterung, Ausweitung der Weidehaltung von Rindern, Abdeckung und optimierte Ausbringung von Gülle, rasches Einarbeiten von Festmist) erhoben hat. Warum wurden diese Maßnahmen nicht ausreichend umgesetzt um den Grenzwert einzuhalten?

2)   Gemäß § 6 EG-L muss die österreichische Bundesregierung spätestens am 1. April 2019 ein nationales Luftreinhalteprogramm zur Erreichung der neuen Ziele im Jahr 2020 (64,6 Kilotonnen) und 2030 (57,4 Kilotonnen) in Brüssel einreichen. Dies ist bislang nicht erfolgt. Wie wollen Sie auf Grund des aktuellen Zeitverzuges sicherstellen, dass die Europäische Kommission kein Verfahren gegen Österreich einleitet und gemäß § 260 Abs. 3 AEUV vom EuGH verurteilt wird? Geben Sie gemäß Mitteilung der Kommission (2019/C 70/01) den Pauschal- und Tagessatz an, den Österreich durch Ihre unterlassene Umsetzung der Richtlinie bezahlen muss.

3)   Bis wann wird ein Entwurf für ein nationales Luftreinhalteprogramm zur Umsetzung der NEC-Richtlinie vorgelegt bzw. veröffentlicht? Wann soll dieses der EU-Kommission notifiziert werden?

4)   Welche Maßnahmen sehen Sie vor, um die Einhaltung der Vorgaben der NEC- Richtlinie umsetzen?

a.     Falls auch budgetrelevante Maßnahmen vorgesehen sind, gibt es dafür bereits eine ausreichende Bedeckung? Wie hoch ist diese?

5)  Das IIASA (Internationale Institut für Angewandte Studien) hat im Auftrag der EU-Kommission die gesundheitsschädigen Luftschadstoffemissionen erhoben und dabei festgestellt, dass nur 5 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe rund 80 Prozent der gesamten Ammoniakemissionen in der EU verursachen. Wieviel Ammoniak verursachen die jeweils hundert größten Betriebe in Österreich bei der Aufzucht von Rindern, Schweinen und Geflügel?

6)  In Deutschland besteht zumindest eine UVP-Pflicht aufgrund Art, Größe und Leistung von großen gewerblichen Tierhaltungsanlagen ab 250 Rindern und 1.000 Kälbern. Was sind die sachlichen Gründe, warum es keinen Schwellenwert für Rinder und Kälber im österreichischen Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP 2000) gibt?

7)  Treten Sie als zuständige Umweltministerin für die Einführung eines strengen Schwellenwert für Rinder und Kälber in Anlagen zur Haltung und Aufzucht von Tieren ein?

a.      Wenn ja, wann wird dieser Schwellenwert eingeführt?

b.      Wenn nein, warum nicht?

8)  Inwiefern werden Sie bei Ihrem Luftreinhalteprogramm gemäß § 6 EG-L primär bei landwirtschaftlichen Betrieben ab 100 Großvieheinheiten bei der Aufzucht von Rindern, Schweinen und Geflügel ansetzen?

9)  Das Max-Plank-Institut hat erhoben, dass in manchen ländlichen Gegenden Deutschlands die Feinstaubbelastung höher ist als in Städten und Ammoniak aus intensiver Tierhaltung als Ursache hierfür gilt. Treten Sie als zuständige Umweltministerin dafür ein, dass auch in Österreich eine diesbezügliche Untersuchung gemacht wird?

10)   Werden Sie im nationalen Luftreinhalteprogramm gemäß EG-L Maßnahmen zum Schutz von Wohnanlagen ergreifen, die von den Auswirkungen von Emissionen aus intensiver Tierzucht betroffen sind?

a.   Wenn ja, welche?

b.   Wenn nein, warum nicht?

11) Laut Aktionsprogramm Nitrat haben die LandwirtInnen Aufzeichnungen über den Stickstoffanfall aus der Tierhaltung zu führen. Gibt es Daten darüber, wieviel Stickstoff pro Jahr in Österreich je Tiereinheit (Rind, Schwein, Geflügel) und Bundesland anfällt?

a.      Wenn ja, wich hoch sind die einzelnen Werte?

b.      Wenn nein, warum nicht?

12)   Ist beabsichtigt, dass sämtliche Maßnahmen in der Landwirtschaft durch ÖPUL‑Mittel gefördert werden, oder sollen die Betriebe die Kosten nach dem Verursacherbetrieb selbst tragen?



[1]  https://www.eea.europa.eu/publications/air-quality-in-europe-2018

[2]  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A32016L2284

[3] https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Luft/luftreinhalteprogramm_entwurf_bf.pdf