3371/J XXVI. GP

Eingelangt am 24.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Reform der Grundsteuer

BEGRÜNDUNG

Seit Jahrzehnten ist eine Reform der Grundsteuer überfällig. Die Einheitswerte sind veraltet und liegen weit unter den Marktwerten, die Bemessungsgrundlage für die abzuführende Steuer ist also verzerrend niedrig. Grund- und Immobilienvermögen werden von der Politik auf diese Weise seit Jahrzehnten vor der Steuer geschont, während sich die Abgaben auf Arbeitseinkommen weiter auf Rekordniveau bewegen. Es ist diese international herausragende Unausgewogenheit der Abgabenlast zugunsten der Vermögenden und zulasten der Arbeitenden, welche auch in den Länderberichten der OECD[1] seit langem und bis heute angeprangert wird.

Die unausgewogene Struktur des österreichischen Abgabensystems wird auch von WIFO, KDZ und TAX in einer im Auftrag des Österreichischen Städtebundes 2008 veröffentlichten Studie zur Reform der Grundsteuer[2] kritisiert. Allerdings wird darin auch auf den verfassungsrechtlichen Reformbedarf der Grundsteuer verwiesen, um ihr das Schicksal der Erbschafts- und Schenkungssteuer zu ersparen. Letztere wurde vom Verfassungsgerichtshof 2008 aufgehoben, „weil die pauschale Vervielfachung von längst historischen Einheitswerten (die letzte Hauptfeststellung der Einheitswerte fand für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen 1988, für das übrige Grundvermögen überhaupt 1973 statt) die Wertentwicklung von Grundstücken nicht angemessen widerspiegelt.“[3] Genau diesem verfassungsrechtlichen Bedenken leistet etwa das damals bereits vorliegende „Grazer Modell“ für die Reform der Grundsteuer dringende Abhilfe.

Umso unverständlicher ist es, dass bis heute noch keine Reform vorliegt - entgegen allen fortlaufenden Bekenntnissen. So findet sich etwa im 2016 unterzeichneten Paktum über den Finanzausgleich folgendes: „Eine weitere gemeinsame Arbeitsgruppe ,Grundsteuerʽ [...] hat bis Mitte des Jahres 2017 auch eine Stärkung der Äbgabenautonomie der Gemeinden durch eine Reform der Grundsteuer vorzubereiten.“[4] Auf mehrmalige Rückfrage, wo das Ergebnis der Arbeitsgruppe bleibt, antworteten Finanzminister Hartwig Löger und Staatssekretär Hubert Fuchs in Budgetausschüssen des Jahres 2018 und 2019 bloß: die Arbeitsgruppe tage noch. Wenn dies stimmt, tagt die Arbeitsgruppe nun seit mehreren Jahren zu einem Unterfangen, zu welchem seit einem Jahrzehnt ein fertiger mit Gutachten versehener Gesetzesentwurf vorliegt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.   Wer ist derzeit Mitglied der Arbeitsgruppe „Grundsteuer“?

2.    Wer war seit Bestehen der Arbeitsgruppe „Grundsteuer“ Mitglied derselben und in welchem Zeitraum?

3.    Wie oft und an welchen Daten hat die Arbeitsgruppe seit 7. November 2016 getagt?

4.    Was wurde im Zuge dieser Tagungen besprochen?

5.    Liegt ein Ergebnis der Arbeitsgruppe vor?

a.    Wenn ja, welches?

b.    Wenn ja, warum wurde dieses noch nicht veröffentlicht?

c.    Wenn nein, warum nicht?

d.    Wenn nein, bis wann wird eines vorliegen?

6.    Was sind die Bedenken gegenüber dem „Grazer Modell“?

7.    Warum dauert es so lange, einen quasi fertigen Gesetzesentwurf wie jenen zum „Grazer Modell“ bedarfsweise in überarbeiteter Form zur Abstimmung zu bringen?

8.    Besteht die Absicht, die Grundsteuer zu reformieren?

a.    Wenn ja, bis wann ist mit einer Regierungsvorlage zu rechnen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

9.    Wieviel höher wäre das Aufkommen an Grundsteuer österreichweit ausgefallen, wäre das „Grazer Modell“ bereits 2008 in Kraft getreten?

10. Wie verteilt sich das entgangene Steueraufkommen auf die Einkommens- und Vermögensdezile österreichischer Haushalte?

a.    Wenn keine dezidierte Studie dazu vorliegt, ist eine solche geplant?

b.    Wenn keine dezidierte Studie dazu vorliegt, liegt eine andere Schätzung - etwa auf Basis der Vermögenserhebung der Österreichischen Nationalbank - vor?

c.    Wenn weder eine Studie noch eine Schätzung vorliegt, woran liegt das?

i.       Fehlt es dem Finanzministerium an Budget?

ii.      Fehlt es dem Finanzministerium an Expertise?

iii.     Fehlt es an politischem Willen?

11. Besteht die Absicht, Steuerstruktur und Abgabenlast über die Grundsteuer hinaus weg von Arbeitseinkommen hin zu Vermögen, Vermögensübertragungen und Vermögenseinkommen umzuverteilen?

a.    Wenn ja, wie?

b.    Wenn nein, warum nicht?

 

 



[1]  Link zum OECD Wirtschaftsbericht 2001: https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/eco surveys-aut-
2000-

de.pdf?expires=1555408589&id=id&accname=ocid53022672&checksum=1E58E2FD27893BDDFD67

5E4

A737CA07B .Link zum OECD Wirtschaftsbericht 2017: https://www.oecd-
ilibrary.org/docserver/eco surveys-aut-2017-

en.pdf?expires=1555409182&id=id&accname=ocid53022672&checksum=F5C19EED58F919DCE5BB 4D7461CC71DA.

[2]  Link zur Studie des WIFO:

https://www.staedtebund.gv.at/fileadmin/USERDATA/themenfelder/finanzen/05- 08_qrundsteuer_schratzenstaller.pdf.

[3]  Link zur Presseinformation des VfGH:

https://www.vfgh.gv.at/downloads/verkuendung_erbschaftssteuer_presseinformation.pdf.

[4]  Link zum Paktum: https://www.bmf.gv.at/budget/finanzbeziehungen-zu-laendern-und- gemeinden/Paktum_FAG_2017.pdf?67ruo0.