3412/J XXVI. GP

Eingelangt am 25.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz


betreffend Tiroler Festspiele Erl

In Beantwortung der parlamentarischen Anfrage 1012/J bestätigten Sie bereits - wie auch Kulturminister Mag. Gernot Blümel 520/J-, dass die Tiroler Festspiele Erl eine Vielzahl von Personen im Rahmen ihrer jeweiligen künstlerischen Tätigkeit für denselben Zeitraum sowie dieselbe Tätigkeit abgaben- und sozialversicherungsrechtlich als zum Teil selbständig tätig und zum Teil nichtselbständig erwerbstätig behandelt haben. Dies führte offenbar bei den jeweils betroffenen Personen und nicht zuletzt auch für die Festspiele Erl zu einer Ersparnis an Abgaben und Beiträgen auf Kosten der Allgemeinheit.

Bezugnehmend auf die Anfrage 1012/J und den dort ausgeführten Zitierungen ergibt sich jedoch ganz klar und eindeutig, dass ein und dieselbe Tätigkeit aus abgaben- und sozialversicherungsrechtlicher Sicht niemals zu trennen ist und somit rechtlich nur eine einheitliche Vorgangsweise gewählt werden darf.

Anlässlich der schriftlichen Beantwortung 995/AB zur parlamentarischen Anfrage 1012/J ergeben sich folgende weitere Fragen.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nachstehende:

Anfrage

1.   Wie viele GPLA-Prüfungen fanden im Zeitraum von 2009 bis 2019 bei den Tiroler Festspielen Erl statt? In welchem Verhältnis steht die Anzahl bzw. die Häufigkeit der Prüfungen im gegenständlichen Unternehmen zu Prüfungen bei anderen vergleichbaren Kultureinrichtungen?

2.   Wie viele der GPLA-Prüfungen wurden von Organen der Finanzverwaltung, wie viele von Organen der Gebietskrankenkasse durchgeführt?


3.   Wann und in welcher Form wurde seitens der zuständigen Gebietskrankenkasse der in den oben zitierten Anfragebeantwortungen angesprochenen Vorgangsweise zugestimmt?

Gibt es darüber schriftliche Unterlagen? Wenn ja, wurde die Aufteilung von einheitlichen Beschäftigungsverhältnissen sowohl von den zuständigen Organen der Finanzverwaltung als auch von der Gebietskrankenkasse „abgesegnet“?

4.    Welche Sachverhalte, die in der Folge zu Nachforderungen führten, wurden seitens der GPLA-Prüferlnnen bei den Tiroler Festspielen Erl insbesondere in den Jahren 2014 und 2017 aufgegriffen?

5.      Ist es richtig, dass im Jahr 2018 bei den Festspielen Erl eine GPLA-Nachprüfung durchgeführt und anschließend für das Jahr 2019 eine weitere Prüfung angekündigt wurde?[1]

-  Wenn ja, warum ist die Nachprüfung notwendig und was war der auslösende Grund dafür?

-  Wurde im Rahmen der GPLA-Prüfung 2018 das It oben zitierten Anfragebeantwortungen erteilte „Zugeständnis“ widerrufen?

-  Kam es zu Nachforderungen aus dem Punkt der Aufteilung von einheitlichen Dienstverhältnissen? Wenn ja, in welcher Höhe?

-  Kam es zu Nachforderungen aus anderen Gründen? Wenn ja, warum und in welcher Höhe?

6.      Üblicherweise führen entweder Organe der Gebietskrankenkasse oder des Finanzamtes alleine für beide Behörden und für Zwecke der Kommunalsteuer die GPLA-Prüfung durch. Ist es richtig, dass - wie auf der Webseite www.dietiwag.org berichtet - im Jahr 2018 PrüferInnen beider Behörden gleichzeitig für denselben Zeitraum die Prüfung durchgeführt haben? Wenn ja, warum?

7.      Zu welchem Ergebnis hat diese Prüfung 2018 geführt?

8.      Entspricht es den Tatsachen, dass die Festspiele Erl bis zur GPLA-Prüfung 2017 die überwiegende Anzahl der Künstlerinnen für denselben Zeitraum und dieselbe Tätigkeit zu zwei Drittel per Werkvertrag engagiert und zu einem Drittel per Dienstvertrag beschäftigt hat?

9.      Entspricht es den Tatsachen, dass nach der GPLA-Prüfung 2017 diese Regelung beibehalten, lediglich das Verhältnis umgekehrt wurde? Somit dieselbe Person zu zwei Drittel mit Dienstvertrag und zu einem Drittel mit Werkvertrag für denselben Zeitraum und dieselbe Tätigkeit im Einsatz war?

10.   Sollten die Punkte 8. und 9. mit ja zu beantworten sein: Auf Grund welcher gesetzlichen oder verordnungsmäßigen Grundlagen erfolgte die Zustimmung der verantwortlichen Organe zu einem derartigen Zugeständnis?

11.   Sie beziehen sich in ihrer Anfragebeantwortung 995/AB zur gegenständlichen Causa auf Höchstgerichtsentscheidungen, die sie allerdings nicht konkretisieren. Sind Ihnen Gesetzesbestimmungen bzw. Verwaltungsgerichtshofentscheidungen bekannt, die oben problematisierte Vorgehensweise von Unternehmen mit ArbeitnehmerInnen, insbesondere KünstlerInnen, in abgaben- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen rechtfertigen können?

12.   Wenn ja, bitte um konkrete Angabe der entsprechenden Gesetzesbestimmungen bzw. Judikatur.

13.   In Ihrer Anfragebeantwortung 995/AB beziehen Sie sich auf die Anfragebeantwortung des Kulturministers 512/AB, in der eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zitiert worden sei. In betreffender Anfragebeantwortung ist keine Rechtsprechung zitiert. Auf welche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beziehen Sie sich?

14.   Vertreten Sie die Rechtansicht, dass ein Unternehmen/ein/e UnternehmerIn eine Person im gleichen Zeitraum für ein und dieselbe Tätigkeit zu zwei Drittel nichtselbständig (mit Dienstvertrag) und zu einem Drittel selbständig (mit Werkvertrag) beschäftigen darf?

15.   Wurden für die Jahre 2014 bis 2017 zusätzlich zu den abgaben- und beitragsrechtlichen Nachforderungen von der Finanzverwaltung oder der Krankenkasse auch Strafen verhängt?

Falls ja, in welcher Höhe und wurden diese auch eingehoben?

Falls nein, weshalb nicht?

16.   Ist Ihnen - wie auf dietiwag.org veröffentlicht - bekannt, ob Nach- bzw. Strafzahlungen aufgrund von Weisungen nicht oder teilweise nicht vorgeschrieben bzw eingehoben wurden?

17.   Falls eine Weisung erfolgt ist bzw. Ihnen bekannt ist, von wem wurde diese erteilt?

18.   Wie viele Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz hat die Finanzpolizei (zuvor KIAB) seit ihrer Zuständigkeit in AuslBG Angelegenheiten bei den Tiroler Festspielen Erl zur Anzeige gebracht?

19.   Wie hoch sind die Beträge, die aufgrund von GPLA-Prüfungen bei den Festspielen Erl an Lohn- und Sozialabgaben (nach EStG, KommStG bzw ASVG) für die vergangenen zehn Jahre vorgeschrieben wurden?

20.   Hat sich Ihrer Kenntnis nach die Handhabung der abgaben- und sozialrechtlichen sowie ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bestimmungen durch die Verantwortlichen der Festspiele Erl seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe am Anfang des Jahres 2018 verändert?

Welche Maßnahmen wurden seitens des Sozialministeriums/der zuständigen Gebietskrankenkasse gesetzt, um die zukünftige Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen zu gewährleisten?

21.   Wie behandelt das Arbeitsmarktservice Dienstverträge, die mit Drittstaatsangehörigen abgeschlossen wurden, für die noch keine Beschäftigungsbewilligungen erteilt wurden?

22.   Für wie viele Drittstaatsangehörige hat die Tiroler Festspiele Erl in den vergangenen zehn Jahren (2009-2019) Anträge auf Sicherungsbescheinigungen gestellt und erhalten? Wurden in der Folge auch Beschäftigungsbewilligungen für die genehmigten Sicherungsbescheinigungen erteilt? Wenn ja, wie viele? Wenn nein, warum nicht?

23.   Wie viele Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz wurden bei den Tiroler Festspielen Erl in den vergangenen zehn Jahren (2009-2019) verzeichnet?

24.   Das Arbeitsmarktservice Tirol hat laut Berichterstattung in der Tiroler Tageszeitung im Sommer 2018 der Bezirkshauptmannschaft Kufstein an die hundert Fälle illegaler Beschäftigung bei den Tiroler Festspielen zur Anzeige gebracht. Wie weit sind in dieser Causa die Ermittlungen der BH gediehen und wann ist mit einem Bescheid der Behörde zu rechnen?


 



[1] Vgl.: www.dietiwag.org