3434/J XXVI. GP
Eingelangt am 25.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Rudolf Plessl und GenossInnen
an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
betreffend Kein Plan, kein Ziel & kein Zeitdruck bei Aufarbeitung der Eurofighter - Gegengeschäfte ?
Im Rahmen der Aufarbeitung des größten Kriminalfalls der
Republik - der Beschaffung der
Eurofighter durch Schwarz-Blau-Orange im Jahr 2003 - muss nun auch die Rolle
des für den
Abschluss des Gegengeschäftsvertrags sowie die Abwicklung, Kontrolle und
tatsächliche
Anrechnung der verlangten Gegengeschäfte allein verantwortliche
Wirtschaftsministerium
dringend näher beleuchtet werden. Während im Eurofighter-U-Ausschuss
bereits breiter
Konsens bei 4 Parteien über ein Ende von Gegengeschäften herrscht,
bleibt die ÖVP sehr
bemüht, diese Option - trotz der bekannten und inzwischen belegten Gefahren
von Schmiergeldzahlungen und Geldflüssen in dunkle Kanäle - weiter
„offen“ zu halten.
Auch lassen die bisherigen Berichte und Aussagen im
Eurofighter-U-Ausschuss - sowohl
vom Leiter der „Taskforce Gegengeschäfte“ im BMWD, Stefan
Weiland, sowie vom lang-
gedienten Fachmitarbeiter Friedrich Machinek an einer tatsächlich
umfassenden Aufarbeitung
als auch einer zielgerichteten Tätigkeit im Wirtschaftsministerium
ernsthaft zweifeln.
Daher richten die unterfertigten
Abgeordneten an die Bundesministerin für
Digitalisierung
und Wirtschaftsstandort nachstehende
Anfrage:
1.
Das Wirtschaftsministerium
prüft Gegengeschäfte seit Abschluss des zugehörigen Vertrages im Juli 2003. Wieso sind aber heute, nach Ablauf des
vertraglich
vereinbarten Geltungszeitraums von 15 Jahren, tatsächlich erst rund ein
Drittel der Gegengeschäfte abschließend geprüft und
angerechnet?
2.
Welche Hinderungsgründe
lagen und liegen für ihr Ressort vor, um die von
Eurofighter/Airbus gemeldeten Gegengeschäfte nicht umgehend und parallel
zur strafgerichtlichen Aufarbeitung des Eurofighter-Kaufs umfassend zu
prüfen und damit
sowohl den vertraglichen Verpflichtungen als auch den Interessen der
Bürgerinnen
und Bürger vollständig zu entsprechen?
3.
Im Zuge der Anfragebeantwortung
2417/AB wurde von ihrem Ressort erstmals eine „vollständige“
List der eingereichten Gegengeschäfte ans Parlament übermittelt.
Allerdings finden sich in der Spalte Anmerkungen bei zahllosen
Gegengeschäften ergänzende Status-Eintragung, zu denen aber leider
genauere Erklärungen fehlen - insbesondere darüber, was unter diesem
ergänzenden Status (in Hinblick auf bereits durchgeführten
Prüfungsumfang, zeitlichen Horizont bis zum Abschluss der Prüfung,
Anrechnungsoptionen dieses Gegengeschäfts etc.) zu verstehen ist.
Was ist daher tatsächlich mit...
a. ...dem Status „Nachprüfung“ gemeint?
b. ...dem Status „Verfahren Anrechnungskorrektur“ gemeint?
c. ...dem Status „in Prüfung“ gemeint?
4. Wann ist der Abschluss der Bearbeitung der eingereichten Gegengeschäfte durch die zuständige Fachabteilung im BMDW vorgesehen, die....
a. ...mit dem Status „Nachprüfung“ versehen sind?
b. ...mit dem Status “Verfahren Anrechnungskorrektur“ versehen sind?
c. ...mit dem Status “in Prüfung“ versehen sind?
5.
Wieso sind rund 31 % der Gegengeschäfte (im Verhältnis zur Vertragssumme) mit
Stand 2017, gemäß der im Zuge der Anfragebeantwortung 2417/AB
übermittelten
Liste, aktuell entweder
a. ...noch „in Prüfung“?
b. ...noch in „Nachprüfung“?
c. ...im Status „Verfahren Anrechnungskorrektur“?
6. Enthält diese uns übermittelte Liste alle abgelehnten Gegengeschäfte?
a. Falls NEIN, bitte um Übermittlung der vollständigen Auflistung aller abgelehnten Gegengeschäfte.
7. Die Fortlaufende Nummerierung der Gegengeschäftszahlen ist nicht vollständig. Beispielsweise fehlen die Nummern 124-127, 1204, 1220, 1298, etc.
a. Warum wurden diese Nummern aus der Auflistung genommen?
b. Welche Gegengeschäfte wurden unter diesen Nummern geführt?
(Bitte in Anlehnung an die Struktur der Gegengeschäftsliste nach Nummer, Partner (Österreich/Ausländisch), Berichtsjahr, Einreichbetrag und Grund der Ablehnung auflisten)
8.
Wie viele Gegengeschäfte
wurden seit 2003 bis 2018 bereits vor der Prüfung durch
das Wirtschaftsministerium aufgrund von Mängeln/ Fehlern/
Nichterfüllung von
Kriterien zur Anrechenbarkeit ausgeschieden?
(Bitte in Anlehnung an die Struktur der Gegengeschäftsliste nach Nummer, Partner (Österreich/Ausländisch), Berichtsjahr, Einreichbetrag und Grund der Ablehnung auflisten)
9.
Wie viele Gegengeschäfte
wurden seit 2003 bis 2018 im Laufe der Prüfung durch das
Wirtschaftsministerium aufgrund von Mängeln/ Fehlern/ Nichterfüllung
von Kriterien
zur Anrechenbarkeit ausgeschieden?
(Bitte in Anlehnung an die Struktur der Gegengeschäftsliste nach Nummer, Partner (Österreich/Ausländisch), Berichtsjahr, Einreichbetrag und Grund der Ablehnung auflisten)
10.
Wie viele und welche
Gegengeschäfte wurden für den bisher noch offenen Zeitraum -
von 2017 bis zum Ende des Gegengeschäftsvertrags (August 2018) - von
Eurofighter/
Airbus dem Wirtschaftsministerium bereits avisiert?
a. Wie viele davon werden vom BMDW geprüft?
b.
Wie viele davon wurden
mangels Erfüllung aller notwendigen Kriterien bereits
vor der Prüfung ausgeschieden?
c. Bitte dieser Anfrage auch gleich die um die finale Einreichung aktualisierte Gegengeschäftsliste (d.h. Berichte 2003-2018) beifügen
11.
Im Zuge der Befragung des
Leiters der „Taskforce Gegengeschäfte“ im Eurofighter-
U-Ausschuss wurden auch einige Aussagen zum gegenseitigen Umgang und den
Gesprächen sowie Verhandlungen zwischen BMDW und Eurofighter/Airbus
getroffen. Im Zuge der Korrekturmöglichkeit des Steno-Protokolls wurden
dann vom Taskforce-Leiter die nachträgliche Streichung/ Klassifizierung
ganzer Passagen
gefordert, weil sie Airbus die Strategie der Republik verraten würden -
was sie
übrigens sicher nicht tun!
Allerdings stellt
sich dadurch die Frage, ob diese unnötigen und nachträglichen
Klassifizierungen im Steno-Protokoll des Eurofighter-U-Ausschusses - die mit
den
Stimmen von ÖVP und FPÖ beschlossen wurden - aus eigenem Antrieb von
Herrn
Weiland oder in Abstimmung/ im Auftrag/per Weisung von...
a. Ihnen,
b. Ihrem Generalsekretär und Kabinettchef,
c. der Taskforce im BMLV,
d. der Finanz Prokuratur,
eingefordert wurden?
e. Falls JA, mit welcher Begründung erging eine solche Weisung?
12.
In der Fragestunde vom 28.
März 2019 im Parlament haben Sie in Ihrer mündlichen
Anfragebeantwortung darauf verwiesen, dass Ihr Haus punkto Gegengeschäfte
„laufend im
Prüfen begriffen ist“ und auch „laufend
Inputs bearbeitet“. In
der vorhergehenden schriftlichen Anfragebeantwortung 2417/AB vom 12. Februar
2019
wurde dagegen mehrfach darauf verwiesen, dass für den „Abschluss der
Prüfverfahren der Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen abzuwarten
sei“
(vgl. 2417/AB die Fragen 1 b),
3b)). Wie passen diese unterschiedlichen Aussagen
Zusammen und vor allem, welche stimmt nun?
13.
Wurden in Ihrem Ressort bereits Überlegungen
und Vorarbeiten für einen neuen Gegengeschäftsvertrag im Zuge der
dringend anstehenden Nach- bzw. Neu-
beschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen durch die Republik
Österreich
angestellt?
a. Wenn JA, besteht hier ein Austausch mit dem BMLV?
b. Wenn JA, wurde die Finanzprokuratur miteinbezogen?
c. Wenn JA, wie ist der aktuelle Stand der Vorarbeiten?
d. Wenn JA, welche Fehler sind - aufgrund der Erfahrungen aus den bisher durchgeführten Beschaffungen - künftig JEDENFALLS zur vermeiden?
14.
In der letzten Sitzung des EF-U-Ausschusses wurde
auch das Gegengeschäfts-
Urgestein Friedrich Machinek befragt. Im Zuge der Befragung stellte sich
heraus, dass
er aufgrund interner Änderungen im Ressort nicht mehr mit der Thematik der
Gegengeschäfte befasst ist. Nachdem uns bisher keinerlei Gründe
bekannt sind, die
den Abzug dieses anerkannten Experten vom Fachgebiet Gegengeschäfte
rechtfertigen
würden, ersuchen wir um Aufklärung:
a.
Ist der Abzug aufgrund eines persönlichen
Wunsches von Herrn Machinek
erfolgt?
b. Ist der Abzug aufgrund disziplinärer Umstände im BMDW erfolgt?
c. Ist der Abzug in Hinblick auf die baldige Versetzung in den Ruhestand erfolgt?
d.
Wie wurde bzw. wird eine möglichst
vollumfängliche Weitergabe des
Knowhows von Herrn Machinek zum Themenfeld Gegengeschäfte im BMDW
sichergestellt?
e.
Ist von Seiten des BMDW aktuell geplant, einen
Konsulenten-Vertrag mit
Herrn Machinek für Beratungsleistungen zum Themenfeld
„Gegengeschäfte“
nach dessen Versetzung in den Ruhestand anzustreben?
f. Wer hat die Agenden von Herrn Machinek übernommen?
15.
Das Gegengeschäft „Diverse
österreichische Unternehmen“ (#251) aus dem Jahr
2003 wurde mit einen Wert von 3.000.000€ angerechnet. Worum handelt es
sich bei
diesem von der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH eingereichtem Gegengeschäft?
a. Wer hat die Gegengeschäftsbestätigung eingebracht?
b. Welches österreichische Unternehmen hat das Geschäft bestätigt?
c. Woran wurde die Zusätzlichkeit bemessen?
d. Woran wurde die inländische Wertschöpfung bemessen?
e.
Wurden die vertraglich festgelegten
Anrechnungskriterien für diese
Gegengeschäft erfüllt?
f. Wenn NEIN, wer hat die Genehmigung dieses Gegengeschäft erteilt?
g. Welcher Betrag war ursprünglich eingebracht worden?
h. Was begründete die Reduktion?
i. Gab es andere Fälle, wo Pauschalbeträge „blanko“ angerechnet wurden?
16.
Ing. Hubert Hödl ein
bekennender Profiteur des Gegengeschäftsvertrags hat im
Untersuchungsausschuss in seinem Eingangsstatement ausführlich
erklärt, dass das
Kriterium einer angemessenen inländischen Wertschöpfung gar nicht
bestanden hätte.
In welcher Form wurden die Unternehmen über die Anrechnungskriterien
informiert?
a. Welche Vertragsseite hat die Verantwortung für der Informations- und Beratungstätigkeit?
b. Wer hat die Unternehmen über die Anrechnungskriterien beraten?
17.
Das Wirtschaftsministerium
hat den Zwischenbericht 2012 auf der Homepage
veröffentlicht. Auf der 3. Seite wird auf die Voraussetzung der
Österreichische
Wertschöpfung Bezug genommen: „Anrechenbar sind Lieferungen und
Leistungen,
deren Bestandteile zur Gänze in Österreich angefertigt wurden bzw.
deren
Verarbeitung zum Endprodukt durch angemessene inländische
Wertschöpfung
erfolgte. In jenen Fällen, in denen nur eine niedrige österreichische
Wertschöpfung
festgestellt wird, ist ein österreichisches Ursprungszeugnis
vorzulegen.“ Was können
wir uns unter einem österreichischen Ursprungszeugnis vorstellen?
a.
Was bedeutet
„niedrige“ österreichische Wertschöpfung? Welche
Grenzwerte
wurden hierfür verwendet?
b. Durch wen und auf welcher Grundlage wurden dies Grenzwerte festgelegt?
c. Wurde ein solches Ursprungszeugnis von Vertragsbeginn gefordert?
d. Bei welchen Gegengeschäften wurde ein solches Ursprungszeugnis verlangt?
Bitte in Anlehnung an
die Struktur der Gegengeschäftsliste nach Nummer, Partner
(Österreich/Ausländisch), Berichtsjahr, Einreichbetrag und
österreichische
Wertschöpfung auflisten)
e.
Wurden die
Gegengeschäfte, die kein solches Ursprungszeugnis vorlegen
konnten, immer abgelehnt?
f.
Wenn NEIN, welche
Gegengeschäfte wurden trotz fehlendem
Ursprungszeugnis anerkannt und warum?
18.
Der von Ihnen beauftragte
Sachverständige Professor Aicher hat in seinem jüngsten
Gutachten zur Frage der Anrechenbarkeit von Gegengeschäften in der Ziffer
12, dass
es 2008 zu einer gewissen Verbesserung der Nachweiskultur des BMWA kam. In
welcher Hinsicht änderte sich die Prüfung von Gegengeschäften
nach 2008?
a.
Wurden alle Gegengeschäfte
die vor dieser Änderung eingerechnet wurden
einer Nachprüfung unterzogen?
b. Wenn NEIN, warum nicht?
19.
Wie viele der
Gegengeschäfte waren direkte Geschäfte mit EADS und Tochterfirmen
und wie viele waren Drittgeschäfte mit anderen Firmen?
20.
Die Übermittlung
der Akten seitens des Wirtschaftsministeriums an den Untersuchungsausschuss ist
im Verhältnis zu allen anderen vorlagepflichtigen Organe ungewöhnlich
unübersichtlich und wenig engagiert. Welchen Grund gibt es für diese
der Wahrheitsfindung äußerst abträgliche Form der
Übermittlung von
vorlagepflichtigen Unterlagen?
21.
Im Zuge der
Anfragebeantwortung 2417/AB wurde uns von ihrem Ressort auch
mitgeteilt, dass mit einem Schreiben vom 10. September 2018 die EFT-GmbH
über
das Aberkennungsverfahren von 37 Gegengeschäfte informiert wurde und dass
nun
ein Konsultationsgespräch seitens EFTs erbeten wurde. Hat dieses
Gespräch bereits stattgefunden?
a. Falls JA, wann und wo war das und wer hat aller an dieser Besprechung teilgenommen?
b. Welche Themen wurden bei diesem Gespräch von Seiten des BMDW eingebracht?
c. Welche Themen wurden bei diesem Gespräch von Seiten EFT/Airbus eingebracht?
d. Konnten Einigungen erzielt werden?
i. Wenn JA, in welchen Punkten konnte eine Einigung erzielt werden?
ii.
Wenn NEIN, in welchen Punkten
konnte keine Einigung erzielt
werden?
iii.
Wenn NEIN, welche weitere
Vorgehensweise bzw. welcher weitere
Zeitplan für Folgegespräche wurde vereinbart?