3451/J XXVI. GP

Eingelangt am 26.04.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend Personal- und Pensionsausgaben in der Sozialversicherung

 

Erhebliche Effizienzpotentiale in der Sozialversicherung

Dass es in der unübersichtlichen Struktur des österreichischen Sozialversicherungswesens Einsparungspotenziale gibt, steht inzwischen außer Frage. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang allerdings, wo diese Potenziale liegen, wie sie realisiert werden können und wie groß diese sind. Dabei spielt insbesondere auch die eigene politische (und institutionelle) Positionierung der Verantwortlichen eine entscheidende Rolle, wo diese Potenziale vermutet werden. Diese Zerrissenheit der Verantwortungsträger_innen zeigt sich in der aktuell laufenden Studie zur Erhebung von Effizienzpotentialen bei den Sozialversicherungsträgern.

Intransparente Finanzströme und begrenzt solidarisch

Schlussendlich muss es darum gehen mit Hilfe einer effizienten Struktur und Organisation der Träger die bestmögliche und vor allem gleiche Versorgung aller Versicherten sicherzustellen. Dazu ist weder das Dickicht an Querfinanzierungsströmen (sowohl zwischen Versicherungszweigen, -trägern als auch zwischen Sozialversicherung, Bund und Ländern), noch eine Vielzahl an Trägern nötig, da diese einerseits die angebotenen Leistungen für die Versicherten automatisch differenzieren und andererseits manche Träger und Zweige über- bzw. unterversorgen und so dazu führen, dass sich manche Versichertengruppen aus der Solidarität der Sozialversicherung verabschieden können.

Einheitskasse oder Versichertenwettbewerb - alles dazwischen riecht nach Klientelpolitik

Wenn den Versicherten die Wahl der eigenen Versicherung versagt bleibt, ist die Überführung der gegenwärtigen Trägerstruktur in je einen Kranken- und einen Pensionsversicherungsträger die einzige logische Konsequenz. Dabei darf auch das Einsparungspotenzial im Verwaltungsbereich nicht unterschätzt werden. Alleine die Verwaltung und Organisation eines jeden Versicherungsträgers bedarf einer bestimmten Ausstattung zur Gewährleistung der Selbstverwaltung jedes einzelnen Trägers, die allerdings durch Fusionierungen problemlos eingespart werden könnte. Auch Zusatzkosten, etwa durch mehrfache Vertragsabschlüsse von allen bzw. verschiedenen Trägern wären Geschichte. Der gegenwärtige Zugang, Einsparungspotenziale in der Verwaltung auf Nebenschauplätze wie Beschaffung oder die IT zu beschränken, dient lediglich dem Erhalt ineffizienter Strukturen, statt mögliche Skaleneffekte zu nutzen.

FPÖ/ÖVP/SPÖ-Funktionärsbegehrlichkeiten verhindern Reformen

Gerade auch im Bereich der Verwaltungskosten haben sich Querfinanzierungs- und Bilanzierungsmechanismen entwickelt, die es ermöglichen die Verwaltungskosten statistisch klein zu rechnen und sie andererseits durch andere Posten finanzieren zu lassen. Der Versuch, die Verwaltungskosten der österreichischen Sozialversicherungsträger mit ausländischen Sozialversicherungssystemen zu vergleichen, scheitert schon an der höchst unterschiedlichen und fragwürdigen österreichischen Definition von Verwaltungskosten, die sich diametral von jener beispielsweise in Deutschland unterscheidet. Das Ansinnen, internationale Vergleichbarkeit herzustellen, wird allerdings von den Mehrheitsfraktionen (FPÖ und ÖVP) als Nutznießern des gegenwärtigen Sozialversicherungssystems, aber auch der systemmittragenden SPÖ, nicht geteilt. Das zeigt sich in deren Ablehnung einer neuen Definition von Verwaltungskosten zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit (siehe dazu Entschließungsantrag 1345/A(E) XXV.GP).

Gemeinschaftliche Beitragseinhebung - ein gutes Geschäft für die Kassen

Eine interessante Querfinanzierung und Verschleierung von Verwaltungs- und Verrechnungskosten ergibt sich für die Krankenversicherungsträger durch die Vergütung der gemeinschaftlichen Beitragseinhebung. Die Gebietskrankenkassen (inkl. VAEB und BVA) heben alle Sozialversicherungsbeiträge (PV, UV, ALV, …) ein und erhalten dafür eine Vergütung für diese Beitragseinhebung. Grundsätzlich wäre dies eine Praxis die zu begrüßen ist, da in einer Stelle die Beiträge zentral eingehoben werden und damit eine entsprechende Verwaltungsvereinfachung sichergestellt wird. Doch wie verschiedene parlamentarische Anfragen und deren Beantwortungen (siehe z.B. 11334/AB XXV.GP) aufzeigen, erhalten die Krankenkassen für die Vergütung wesentlich mehr, als sie womöglich ausgeben.

RVSV ermöglichen Quersubventionen

Offensichtlich gibt es aus der gemeinschaftlichen Beitragseinhebung Überschüsse und diese sind den Krankenversicherungsträgern auch hinlänglich bekannt. Das ergibt sich nämlich auch aus den Bestimmungen der "Weisung für die Rechnungslegung und Rechnungsführung bei den Sozialversicherungsträgern und dem Hauptverband" (RVSV), die in § 22 verschiedene Kontogruppen festlegt. In Kontogruppe 38B sind auch "den Verwaltungsaufwand allenfalls übersteigende Vergütungen gemäß § 82 ASVG" zu verrechnen, was dem gerade angeführtem Überschuss entspricht. Hier liegt schlussendlich die Vermutung nahe, dass sich die Krankenversicherungsträger einen beträchtlichen Teil ihrer Verwaltungskosten durch andere Träger und (halb-)staatliche Institutionen finanzieren lassen.


Zur Ergänzung für Frage 6


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

 

1.    Wie entwickelte sich der Personalstand (Vollzeitäquivalente) im Jahresdurchschnitt seit 2016 in den einzelnen Sozialversicherungsträgern insgesamt?  (Darstellung: jährlich, für HVSVT u. je SV-Träger, bei Mehrfachzweig-Trägern getrennt nach KV-, UV- u. PV-Zweig)

a.    Jeweils im  Bereich der "Verwaltung und Verrechnung"?

b.    Jeweils im Bereich des "Vertrauensärztlichen Dienstes"?

c.    Jeweils im Bereich der "Eigenen Einrichtungen"?

2.    Wie hoch waren die Personalkosten seit 2016 in den einzelnen Sozialversicherungsträgern insgesamt?  (Darstellung: jährlich, für HVSVT u. je SV-Träger, bei Mehrfachzweig-Trägern getrennt nach KV-, UV- u. PV-Zweig)

a.    Jeweils im  Bereich der "Verwaltung und Verrechnung"?

b.    Jeweils im Bereich des "Vertrauensärztlichen Dienstes"?

c.    Jeweils im Bereich der "Eigenen Einrichtungen"?

3.    Wie hoch war die Zahl an Versicherten im Jahresdurchschnitt seit 2016 in den einzelnen Sozialversicherungsträgern?  (Darstellung: jährlich, für HVSVT u. je SV-Träger, bei Mehrfachzweig-Trägern getrennt nach KV-, UV- u. PV-Zweig)

4.    Wie hoch war die Zahl der Mehrfachversicherten im Jahresdurchschnitt seit 2016 in den einzelnen Sozialversicherungsträgern?  (Darstellung: jährlich, für HVSVT u. je SV-Träger, bei Mehrfachzweig-Trägern getrennt nach KV-, UV- u. PV-Zweig)

a.    Weshalb wurde die Kassen-Wahlfreiheit für Mehrfachversicherte wieder verworfen, nachdem der Kanzler und die Gesundheitsministerin  diese in der SV-Pressekonferenz am 22.5.2018 angekündigt hatten? 

b.    Welche Träger oder Institutionen (z.B.: Kammern) haben bei der Doch-nicht-Umsetzung der Kassen-Wahlfreiheit für Mehrfachversicherte über den Sommer 2018 offensichtlich sehr erfolgreich interveniert?

c.    Sind Ihnen ähnliche weitere Fälle bekannt, bei denen Funktionärs-Interessen über Versicherten-Interessen gestellt wurden/werden? 

                                  i.    Wenn ja, welche Fälle konkret und was wurde/wird dagegen unternommen?

5.    Wie hoch waren die Ausgaben für Pensionen bzw. Dienstordnungs-Pensionen seit 2016 in den einzelnen Sozialversicherungsträgern?  (Darstellung: jährlich, für HVSVT u. je SV-Träger, bei Mehrfachzweig-Trägern getrennt nach KV-, UV- u. PV-Zweig)

6.    Wie viele Personen erhielten seit 2016 in den einzelnen Sozialversicherungsträgern eine Pension bzw. Dienstordnungs-Pension?  (Darstellung: jährlich, für HVSVT u. je SV-Träger, bei Mehrfachzweig-Trägern getrennt nach KV-, UV- u. PV-Zweig)

a.    Für wie viele Personen lag die ausbezahlte Pension jeweils zwischen 70% und 140% der Höchstbeitragsgrundlage gem. ASVG?

b.    Für wie viele Personen lag die ausbezahlte Pension jeweils zwischen 140% und 210% der Höchstbeitragsgrundlage gem. ASVG?

c.    Für wie viele Personen lag die ausbezahlte Pension jeweils über 210% der Höchstbeitragsgrundlage gem. ASVG?