3480/J XXVI. GP

Eingelangt am 07.05.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Univ.-Prof. Dr. Alfred J. NolI, Kolleginnen und Kollegen,

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend zukünftige Reformen im Zusammenhang mit der
Verwaltungsgerichtsbarkeit

Das „Consultative Council of European Judges“ (CCJE) hat in einer „Opinion“ einige Bedenken an den Rahmenbedingungen für die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit geäußert.[1] Zwar betraf die Rechtsansicht die Rahmenbedingungen des Landesverwaltungsgerichts Wien, die Kritik kann aber in einigen Punkten auf die übrigen Landesverwaltungsgerichte übertragen werden. Spätestens seit dem Greco Bericht 2016 sind die strukturellen Schwächen der derzeitigen Ausgestaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich hinlänglich bekannt.[2]

Apropos dieser Rechtsansicht hat auch der Dachverband der Verwaltungsrichter Stellung genommen und in folgenden Bereichen für Reformen plädiert:

       Rechtssprechungserfahrung als Ernennungsvoraussetzung für die Bestellung zur Präsidentin/zum Präsidenten eines Verwaltungsgerichts,

      Angleichung des Bestellungsverfahren für Präsidentinnen/Präsidenten der Verwaltungsgerichte an jenes der Richterinnen und Richter,

       Schaffung eines Beratungsgremiums zur Einbeziehung der Richterinnen und Richter bei wesentlichen Änderungen der Gerichtsorganisation,

       Einrichtung eines formalen Verfahrens oder einer zuständigen Behörde für Richterinnen und Richter, die der Ansicht sind, dass ihre Unabhängigkeit bedroht ist,

       Gesetzliche Verankerung der Weisungsfreiheit der Gerichtspräsidentinnen/ Gerichtspräsidenten in Justizverwaltungssachen,

       Einrichtung eines umfassend zuständigen Justizrates oder eines vergleichbaren Organs zur Sicherung der Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte und der einzelnen Richter sowie zur Förderung des reibungslosen Funktionierens der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich.

Aus diesem Anlass und vor dem Hintergrund, dass bereits aus der 24. GP eine Entschließung des NR existiert, die für eine Vereinheitlichung von „ordentlicher“ und Verwaltungsgerichtsbarkeit eintritt.[3] stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

Anfrage

1)    Welche Maßnahmen werden Sie in Ihrem Vollzugsbereich als Reaktion auf die Kritik des CCJE ergreifen?

2)    Welche Maßnahmen werden Sie in Ihrem Vollzugsbereich als Reaktion auf die Stellungnahme des Dachverbandes (DVVR) ergreifen?

3)    Welche Maßnahmen sind in Ihrem Vollzugsbereich geplant, um ein einheitliches Richterbild (Verwaltungsgerichtsbarkeit und „ordentliche Gerichtsbarkeit“) weiter voranzutreiben?

4)    Planen Sie in dieser GP eine Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit - sofern sie in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegt - die sich an den Vorschlägen des Dachverbandes der Verwaltungsrichter orientiert (Agend 2022:

https://uvsvereinigung.fiies.wordpress.com/2017/10/agenda-vg-2022.pdf)?

a)    Wenn ja: Inwiefern?

i) Wird die Schaffung einer Vergleichsmöglichkeit im verwaltungsgerichtlichen
   Verfahren Teil dieser Reform sein?

b)    Wenn ja: In welchem Zeitraum?

c)    Wenn nein: Weshalb nicht?

5)    Planen Sie in folgenden Bereichen Reformen bzw planen Sie in folgenden Bereichen mit den jeweiligen Bundesländern in Kontakt zu treten um bundeseinheitliche Lösungen zu erreichen?

       Eindeutige Regelung der Vorauswahl von Verwaltungsrichterkandidaten anhand objektivierbarer, standardisierter Kriterien

      Verbindlichkeit der Besetzungsvorschläge der Personalsenate bzw. Personalausschüsse bei der Ernennung von Verwaltungsrichten

      Verpflichtende öffentliche Begründung der Ernennung oder Ablehnung von Bewerbern für Verwaltungsrichtersteilen

       Einbindung der Personalsenate bzw. Personalausschüsse bei der Ernennung der Gerichtspräsidenten bzw. Vizepräsidenten

       Öffentliche Hearings vor der Besetzung der Posten des Gerichtspräsidenten und des Vizepräsidenten

       Einführung eines Systems periodischer Leistungsbeurteilung von Richtern, einschließlich der Gerichtspräsidenten, und die Berücksichtigung der Resultate solcher Beurteilungen vor allem für die Karriereentwicklung.

       Bundeseinheitlich vorgegebener Rahmen für das Dienst- und Disziplinarrecht der Landesverwaltungsrichter mit dem Ziel, die größtmögliche Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu gewährleisten.

       Ausbildungslehrgang für Interessenten und neu ernannte Verwaltungsrichter

       Berufsverhaltenskodex, der insbesondere Verhaltensregeln bei Geschenkannahme, Interessenkonflikten und Pensionsaktivitäten beinhaltet.

       Öffentlichkeit von Verfahren in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu garantieren und lediglich eine begrenzte Anzahl von klar definierten Ausnahmemöglichkeiten festzulegen

       Schaffung einer obligatorischen Zuteilung von Gerichtspraktikanten zu Verwaltungsgerichten


 



[1]          Vgl https://rm.coe.int/opinion-29-march-2019-austria-2019-final/168093c034.

[2]          Vgl

https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentld=09000016806f2b24 ; https://uvsvereinigung.wordpress.com/2017/03/03/greco-fordert-fuer-verwaItungsrichter-einheitliches-dienstrecht-und-verbindliche-besetzungsvorschlaege/ .Zur politischen Besetzung der Präsidentenposten auch:

https://uvsvereinigung.wordpress.com/2018/02/27/oesterreich-verteidigt-auswahlverfahren-fuer-praesidenten-der-verwaltungsgerichte-vor-dem-europarat/ sowie die weiteren Links aaO.

[3]Vgl https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/E/E_00242/fname_253630.pdf.