3515/J XXVI. GP

Eingelangt am 10.05.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Österreichische Position zur europäischen Entwicklungszusammenarbeit in den EU-Budgetverhandlungen

 

Den Wortmeldungen der ÖVP- und FPÖ-Spitzenkandidat_innen und Zweitplatzierten im Wahlkampf folgend ist zu erahnen, dass die Hilfe vor Ort bzw. die quantitative und qualitative Steigerung der Entwicklungszusammenarbeit Österreichs von den Regierungsparteien und folglich auch der Bundesregierung weiterhin als eine sinnvolle Sache angesehen wird. Es ist jedoch festzuhalten, dass auf diesem Gebiet in den Monaten seit Antritt dieser Regierung wenig bis gar nichts passiert ist. 

Gebrochene Versprechen aus dem Regierungsprogramm

Ziele dieser Bundesregierung waren gemäß Regierungsprogramm zum Beispiel:

• Bündelung der bilateralen und multilateralen EZA-Mittel und Aufbau einer gesamthaften Steuerung 
• Bekenntnis zu einer stärkeren Hilfe vor Ort sowie zum langfristigen Ziel, die EZA auf 0,7% des BIP zu erhöhen
• Erhöhung des Auslandskatstrophenfonds

Von einer gesamthaften Steuerung für österreichische EZA-Mittel ist bisher nichts zu
bemerken. 

Bezüglich des Ausbaus der Hilfe vor Ort und der Anhebung der EZA auf 0,7% des BIP ist zu sagen, dass die Die österreichischen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) im
vergangenen Jahr erneut gefallen sind und mit 0,26 Prozent des Bruttonationalproduktes (BNE) so tief liegen wie seit 2004 nicht mehr (derstandard.at/2000101177034/Ausgaben-fuer-Entwicklungshilfe-auf-Stand-von-2004-gesunken). Es ist also nicht nur keine steigende Tendenz festzustellen, sondern ein drastischer Rückgang der österreichischen Investitionen in die Entwicklungszusammenarbeit generell und somit auch in die Hilfe vor Ort. Beteuerungen von ÖVP und FPÖ, man investiere verstärkt in die Hilfe vor Ort, lassen sich also für die bisherige Amtszeit dieser Bundesregierung nicht belegen. 

Zum Versprechen der Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds ist festzustellen, dass die Bundesregierung diesen nicht nur nicht erhöht, sondern sogar gekürzt hat. Christoph Pinter vom UNHCR sagte dazu: "In der Praxis bedeutet das, dass Menschen nicht genug zu essen haben, dass Kinder nicht in die Schule gehe können, dass medizinische Hilfe unerschwinglich wird."

Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit

Zur bilateralen Entwicklungszusammenarbeit ist weiters anzumerken, dass Sebastian Kurz als Außenminister eine Verdoppelung der bilateralen Mittel durch jährliches Steigern von 15,5 Millionen Euro von 77 Millionen Euro im Jahr 2016 auf 154 Millionen Euro im Jahr 2021 angekündigt hatte. Auch das ist nie passiert. 

Mehrjähriger Finanzrahmen

In den gegenwärtigen Verhandlungen um den Mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union sind im Vorschlag der Europäischen Kommission große Veränderungen in der Struktur und eine kleine Erhöhung der Mittel vorgesehen. So wird Rubrik IV "Globales Europa", in der bisher die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit enthalten waren in eine Rubrik VI "Nachbarschaft und die Welt" überführt und restrukturiert, wenn es nach der Kommission geht. Darin ist auch vorgesehen, dass das Europäisches Nachbarschafts- und
Partnerschaftsinstrument (European Neighbourhood Instrument (ENI) in eine flexiblere
Gesamtstruktur Neighbourhood, Development and International Cooperation Instrument (NDICI) einzubetten. Die Mittel für diese neue Rubrik sollen insgesamt höher sein (123 Mrd.) allerdings soll der bisher extrabudgetäre Europäische Entwicklungsfonds, in den Österreich außerhalb des EU-Budgets noch extra Mittel einzahlt, in den Mehrjährigen Finanzrahmen eingespeist werden. 

Die Bundesregierung hat der Bevölkerung in ihrem Programm das Versprechen gegeben, mehr in eine effektive Hilfe vor Ort zu investieren. Sie versprachen höhere Mittel und mehr Engagement bei der Fluchtursachenbekämpfung. Bisher ist diesbezüglich nicht viel passiert. Im Wahlkampf im Vorfeld zu den europäischen Parlamentswahlen wird mit diesem Versprechen wieder geworben. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

 

1.    Wie stehen Sie als Bundeskanzler Österreichs zu einer Erhöhung der europäischen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit, speziell für die europäische Nachbarschaft und die von Ihnen so oft zitierte Hilfe vor Ort?
a) Durch den Austritt der Briten, die einer der größten EZA-Geber der Union waren, sinkt die EZA-Leistung der EU in bedeutsamen Ausmaß. Welche Ansätze unterstützen Sie, um entweder eine weitere Kooperation der Briten in EZA-Fragen zu unterstützen oder den britischen Beitrag zu kompensieren?

2.    Die Position dieser Bundesregierung zum Mehrjährigen Finanzrahmen ist es, dass
Österreich nicht mehr ins EU-Budget einzahlen soll. Es ist möglich, dass die Höhe des Kommissionsvorschlages bezüglich der europäischen EZA-Instrumente nicht hält. Setzen Sie sich für höhere Einzahlungen mit der Zweckwidmung für die
Entwicklungszusammenarbeit auf EU-Ebene ein?
a) Wenn ja, zu welchen Gelegenheiten haben Sie das Ihren Amtskolleg_innen und den anderen Mitgliedern der Bundesregierung kundgetan und wann?
b) Wenn nein, warum nicht?

3.    Wie stehen Sie generell zum Vorschlag der Europäischen Kommission bezüglich
Restrukturierung der europäischen Finanzierungsinstrumente für die
Entwicklungszusammenarbeit?
a) Welche Position werden Sie diesbezüglich in den Verhandlungen um den MFR
einnehmen?
b) Gab es bereits Gespräche mit dem Bundeskanzleramt und dem BMF zu diesem Thema, die in der horizontalen Arbeitsgruppe zum Mehrjährigen Finanzrahmen vertreten sind, die sich um die Dotierung der einzelnen Bereiche kümmert?
a) Wenn ja wann und was wurde vereinbart?
b) Wenn nein, warum nicht?

4.    Werden Sie eine generelle Erhöhung der EU-EZA Mittel in den EU-Budgetverhandlungen anstreben?
a) Wenn ja, in welchem Umfang?
b) Wenn nein, warum nicht?