3534/J XXVI. GP

Eingelangt am 13.05.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Sabine Schatz,

Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend Vereinsauflösung der Identitären Bewegung Österreich

 

Der mutmaßliche Terrorist von Christchurch hat Martin Sellner, dem Sprecher der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ), eine beträchtliche Summe Geld gespendet. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft Graz gegen Sellner wegen des Verdachts auf Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung – das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung führte auch eine Hausdurchsuchung durch.

 

Bundeskanzler Sebastian Kurz kündigte am 27. März 2019 an, die Auflösung der Identitären zu prüfen. Zuständig dafür ist das Innenministerium.[1]

 

Mittlerweile sind die Verbindungen zwischen der Regierungspartei FPÖ und den Identitären öffentlich bekannt: FPÖ-Politiker haben die „rechtsextreme Jugendorganisation“[2] finanziert und Vereinslokale an sie vermietet. FPÖ-Nationalratsabgeordnete haben an Kundgebungen teilgenommen, Wolfgang Zanger hat auf einer Identitären-Kundgebung sogar eine Rede gehalten. Mitarbeiter von FPÖ-Nationalratsabgeordneten sowie Mitarbeiter in den höchsten Regierungsbüros von FPÖ-MinisterInnen sind zum Teil selbst aktiv bei der Identitären Bewegung[3].

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Wurde ein Auflösungsverfahren gemäß § 29 VereinsG gegen den Verein „Verein zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität " eingeleitet?

 

a.    Wenn ja, an welchem Tag erfolgte dies und durch welche Organisationseinheit Ihres Ressorts?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn ja, durch welche Erhebungen gelangte Ihr Ressort zu der Auffassung, dass die rechtlichen Bedingungen des § 29 VereinsG vorliegen bzw. nicht vorliegen?

d.    An welchem Tag wurde der entsprechende Bescheid über die Entscheidung betreffend die Auflösung des Vereins ausgestellt?

e.    Wenn dies noch nicht erfolgt ist, bis wann ist damit zu rechnen?

 

2.    Wird der Verein „Identitäre Bewegung Österreich“ aufgelöst?

 

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn nein, welche anderen Konsequenzen gibt es für den Verein?

c.    Wenn ja, was passiert nun mit dem Vermögen des Vereins?

 

3.    Werden andere Vereine aufgelöst, die ebenfalls der Identitären Bewegung Österreich zuzuordnen sind?

 

a.    Wenn ja, welche(r)? (Bitte um konkrete Bezeichnung des Vereins laut Vereinsregister)

b.    Wenn ja, an welchem Tag wurde der entsprechende Bescheid über die Entscheidung betreffend die Auflösung des Vereins/der Vereine ausgestellt und mit welcher Begründung?

c.    Wenn dies noch nicht erfolgt ist, bis wann ist damit zu rechnen?

d.    Wenn nein, welche anderen Konsequenzen gibt es für die betreffenden Vereine?

e.    Wenn ja, was passiert nun mit dem Vermögen des Vereins/der Vereine?

 

4.    Wer ist für die Prüfung der Vereinsauflösung(en) in Ihrem Ressort zuständig?

 

5.    Wie viele Prüfungen für Vereinsauflösungen hat Ihr Ressort in den vergangenen zehn Jahr insgesamt durchgeführt?

 

a.    Wie viele dieser Vereinsauflösungen betreffen Vereine, die vom BVT zuvor beobachtet wurden?

b.    Wie viele dieser Vereine sind dem rechtsextremen[4] Spektrum zuzuordnen?

6.    In wie vielen Fällen wurde nach Prüfung ein Verein aufgelöst und aus welchen Gründen? (Bitte um Auflistung)

 

a.    Wie viele dieser Vereinsauflösungen betreffen Vereine, die vom BVT zuvor beobachtet wurden?

b.    Wie viele dieser Vereine sind dem rechtsextremen[5] Spektrum zuzuordnen?

 

7.    Wie viele der Personen, die Mitglieder beim „Verein zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität“ sind, werden derzeit von Organisationseinheiten Ihres Ressorts beobachtet und um welche Organisationseinheiten Ihres Ressorts handelt es sich jeweils?

 

8.    Wie viele der Personen, die im Umfeld des „Vereins zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität“ aktiv sind, werden derzeit von Organisationseinheiten Ihres Ressorts beobachtet und um welche Organisationseinheiten Ihres Ressorts handelt es sich jeweils?

 

 



[1] APA0379 vom 27. März 2019

[2] http://www.doew.at/erkennen/reehtsextremismuslreehtsextreme-organisationen/identitaere-bewegungoesterreieh-iboe, abgerufen am 8. Mai 2019

[3] https://www2.sosmitmensch.at/dl/pntnJKJKnolJqx4kJK/Dossier_Verflechtungen_FPOE_Identitaere_April2019_SOSMitmensch_.pdf, abgerufen am 8. Mai 2019

[4] Verwiesen wird auf die Rechtsextremismus-Definition des Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2016: "Die von den österreichischen Staatsschutzbehörden verwendete Definition von Rechtsextremismus versteht unter diesem Begriff eine Sammelbezeichnung für politische Auffassungen und Bestrebungen - von fremdenfeindlich/rassistisch bis hin zur nationalsozialistischen Wiederbetätigung -, die im Namen der Forderung nach einer von sozialer Ungleichheit geprägten Gesellschaftsordnung die Normen und Regeln eines modernen demokratischen Verfassungsstaates ablehnen und diesen mit Mitteln bzw. Gutheißung von Gewalt bekämpfen. Der Terminus Rechtsextremismus ergibt sich aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Verwendungskontexten und den damit korrespondierenden Interpretationen, mit denen er jeweils bezeichnet wird. Die Befürwortung einer Diktatur, Islam- und Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Chauvinismus, Sozialdarwinismus, Rassismus sowie die Verharmlosung und Relativierung des Nationalsozialismus (Revisionismus), prägen das Weltbild rechtsextremer Ideologen und ideologisierter Gruppierungen/Bewegungen, Netzwerke, Szenen und Milieus. Charakteristisch für rechtsextremistische Einstellungs- und Handlungsmuster ist die Verherrlichung eines" völkischen Nationalismus" mit deutschnationalen bzw. nationalistisch-konservativen Konzepten. Zentrale Wesensmerkmale rechtsextremistischer Ideologien sind antidemokratische und antipluralistische Gesellschaftsauffassungen bei gleichzeitiger Ablehnung des vorherrschenden (d. h. demokratischen) politischen Systems. In seiner äußersten Steigerungsform kann sich Rechtsextremismus bis hin zum (Rechts-)Terrorismus steigern, um systematisch gegen politische Gegner, gegen Opfergruppen rechtsextremistischer Weltanschauungen und gegen staatliche Institutionen bzw. gegen ihre Repräsentanten vorzugehen.“ Online verfügbar unter: https://www.bvt.gv.at/401/files/Verfassungsschutzbericht2016.pdf, abgerufen am 8. Mai 2019

[5] siehe oben