3544/J XXVI. GP

Eingelangt am 15.05.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda

Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien

 

betreffend Reform der Bundesmuseen

 

Nach der erfolgreichen Ausgliederung der Österreichischen Bundesmuseen/ Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) in den Jahren 1999-2003 als rechtlich und organisatorisch selbständige Kultureinrichtungen wurde unter der letzten SPÖ-geführten Bundesregierung die Grundlage für eine Weiterentwicklung der Strukturen und eine bessere Kooperation und Vernetzung der Bundesmuseen/ ÖNB unter­einander erarbeitet. Das Bundeskanzleramt gab hierzu ein Weißbuch betreffend die „Neuordnung der Österreichischen Bundesmuseen/ Österreichische National­bibliothek (ÖNB)“ in Auftrag, das im April 2017 vorgestellt wurde. Das Ziel der Studie war, eine fundierte Grundlage für die Optimierung der Struktur der Bundesmuseen hinsichtlich Einheitlichkeit, Effizienz und Verlässlichkeit zu schaffen. Aufgrund von Neuwahlen kam es allerdings nicht mehr zur Umsetzung der Reformvorschläge des Weißbuches. Ein im Parlament kurz vor den Neuwahlen eingebrachter Antrag sah eine Stärkung der Eigentümerrolle und die Aufwertung der Direktorenkonferenz, die unter Leitung des Kanzleramts hätte stattfinden sollen, vor.

 

Dennoch berief sich auch die folgende schwarz-blaue Bundesregierung im Regierungsabkommen 2017 bis 2022 auf das Weißbuch und kündigte weitere Schritte an. Trotzdem wurden im Frühjahr 2019 von Bundesminister Blümel Reformschritte präsentiert, die nicht im Weißbuch empfohlen werden: Die Bundesmuseen bekommen ab 1. Jänner 2020 einen gemeinsamen Generalsekretär und eine neu zu schaffende Service-Gesellschaft. Diese soll laut Regierungs­informationen die Bundesmuseen "operativ unterstützen". Die Position des General­sekretärs, der dem jeweiligen Vorsitzenden des Bundesmuseenkonferenz unter­stützend zur Seite stehen soll und zugleich Geschäftsführer der neuen Bundes­museen-Service-GmbH ist, wird ausgeschrieben. Durch diese Maßnahmen sind laut Kulturminister Einsparungen im einstelligen Millionenbereich zu erwarten.

 

Die Reaktionen in Fachkreisen auf diese Reformschritte fielen verhalten aus, auch die AutorInnen des Weißbuches zeigten sich skeptisch. Die ExpertInnen gaben an, eine langfristige, gemeinsame Strategie der Bundesmuseen, die derzeit mehr gegen- als miteinander arbeiteten, teils ihre gesetzlich festgelegten inhaltlichen Profile überstrapazierten und öffentlichkeitswirksame Bereiche ihrem wissenschaftlichen Auftrag unterordneten, zu vermissen. Das Kulturministerium solle daher stärker steuernd eingreifen, so die Empfehlung der Expertengruppe des Weißbuches: Zum Beispiel über die Einrichtung eines ständigen wissenschaftlichen Beirats oder die Schaffung einer Bundesmuseenkonferenz unter Führung des Kulturministeriums. Zentral sei, dass „die Person [Anm.: des Generalsekretärs] mit den Direktoren auf Augenhöhe sei und von diesen akzeptiert wird“, so Wolfgang Muchitsch, Geschäftsführer des Universalmuseums Joanneum. Ziel müsse eine inhaltliche Profilschärfung der Museen sein. Das Einsparungspotenzial durch Shared Services wurde in Frage gestellt. Was es brauche, sei ein langfristiger strategischer Plan für die Weiterentwicklung der Museen, besonders was die Sammlungspolitik betrifft.

 

Durch die nun präsentierte Reform wird, anstatt eine inhaltliche Strategie zu ent­wickeln, wie man zu einer besseren Abstimmung der Museen untereinander kommt und wie man die strategische Rolle des Bundes stärkt, ein neuer Posten und eine kostenintensive Struktur geschaffen, die noch dazu in keiner Variante des Weiß­buches vorgesehen war. Genaue Kosten wurden bisher noch nicht bekannt, und das obwohl der zuständige Kulturminister mehrmals betont hatte, Reformen auf Basis von Zahlen machen zu wollen. So hatte er beispielsweise im Parlament (NR-Sitzung vom 13.12.2018) vor der Präsentation seiner Reformvorschläge ausgeführt, dass das Weißbuch eine gute Grundlage für die strategische Weiterentwicklung, jedoch keine Entscheidungsgrundlage sei. Für eine Reform brauche es konkrete Zahlen und eine genaue Bezifferung der wirtschaftlichen Auswirkungen der einzelnen im Weißbuch vorgeschlagenen Modelle. Eine Reform ohne Zahlen sei nicht möglich und eine genaue Eruierung eben dieser Zahlen gestalte sich schwieriger als gedacht. Dennoch liegt der Öffentlichkeit für die jetzt vorgeschlagene Reform kein detailliertes Zahlenmaterial vor.

 

Da in Zusammenhang mit den Reformbestrebungen zahlreiche Fragen offen­geblieben sind, stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien folgende

 

 

Anfrage

 

1. Welches Potenzial sehen Sie in der neuen Struktur? Welche konkreten Erwartungen haben Sie?

2. Welche Gesamtkosten entstehen durch die Reform? (Bitte einzeln aufschlüsseln.)

3. Wie hoch sind die Einsparungen, die durch die Reform insgesamt erzielt werden sollen? (Bitte aufschlüsseln.)

4. Wie hoch sind die Kosten für die neue Service GmbH?

5. Der Generalsekretär soll den Vorsitzenden der Bundesmuseenkonferenz „operativ unterstützen“: Was bedeutet das genau?

          5a. Wie ist die genaue Stellung des Generalsekretärs im Verhältnis zu den Museumsdirektoren?

          5b. Zum Ministerium?

          5c. Welche Aufgaben soll er genau übernehmen?

          5d. Wird er auf Augenhöhe mit den Direktoren arbeiten – und könnte es womöglich zu Konflikten kommen?

6. Welche Kosten wird der neu geschaffene Generalsekretär verursachen? (Bitte aufschlüsseln.)

7. Welche Agenden werden konkret in die Service GmbH ausgelagert?

8. Welche konkreten Einsparungen durch Synergien in welcher Höhe erwarten Sie sich durch die Service GmbH? (Bitte um detaillierte Auflistung der einzelnen Einsparungsposten.)

9. Besteht nicht die Gefahr, dass durch die Verbreiterung der Struktur der Bundesmuseen durch die Schaffung einer neuen Service-Gesellschaft die Reform am Ende mehr kostet als sie bringt?

10. Wird die Service GmbH auch Aufgaben von der Art for Art übernehmen?

11. Das Weißbuch „Neuordnung der Österreichischen Bundesmuseen/ Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)“ führt insgesamt acht verschiedene Organisationsvarianten aus. Welche dieser acht Varianten wurde in Vorbereitung auf die Reform mit welchem Ergebnis durchgerechnet?

12. Im Kulturausschuss haben Sie darüber informiert, dass Sie zur Durchrechnung der Modelle aus dem Weißbuch unterschiedliche Zahlen aus Ihrem Haus und den Bundesmuseen erhalten haben. Welche Unterschiede bestanden konkret zwischen den Zahlen der Sektion und der Bundesmuseen? (Bitte pro Variante aufschlüsseln.)

13. Welche Zahlen lagen für die jeweilige Rechnung von Seiten der Sektion vor? (Bitte pro Variante aufschlüsseln.)

14. Welche Zahlen lagen für die jeweilige Rechnung von Seiten der Bundesmuseen vor? (Bitte pro Variante aufschlüsseln.)

15. Wie erklären Sie sich diese Unterschiede?

16. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen wären bei Umsetzung der einzelnen Varianten aus dem Weißbuch zu erwarten gewesen? (Bitte pro Variante aufschlüsseln.)

17. Werden, wie im Regierungsübereinkommen eigentlich angedacht, noch Teile des Weißbuches zur Umsetzung kommen?

          17a. Wenn ja, welche und wann?

          17b. Wenn nein, warum nicht?

18. Die ExpertInnengruppe des Weißbuches empfahl zum Beispiel die Erstellung eines langfristigen Entwicklungsplans für die Weiterentwicklung der Bundesmuseen. Werden Sie diese Empfehlung umsetzen?

          18a. Wenn ja, wann?

          18b. Wenn nein, warum nicht?

19. Das Weißbuch empfiehlt die Verbesserung der kulturpolitischen Steuerung und Koordination von Zielen und Aufgaben, die einrichtungsübergreifend zu verfolgen sind. Werden Sie diese Empfehlung noch umsetzen?

          19a. Wenn ja, wann?

          19b. Wenn nein, warum nicht?

20. Wie das Weißbuch zeigt, haben sich die Bundesmuseen seit ihrer Ausgliederung erfolgreich entwickelt. Allerdings konnten Steigerungen vor allem in publikumswirksamen Bereichen erzielt werden, während bei der Sammlungs-, Restaurierungs-, und Forschungstätigkeit Rückgänge zu verzeichnen sind. Wie wollen Sie in Zukunft verhindern, dass weniger publikumswirksame Bereiche ins Hintertreffen geraten? Was ist hier konkret wann geplant?

21. Weiters empfehlen die ExpertInnen die Erarbeitung einer Sammlungsstrategie. Werden Sie diese Empfehlung umsetzen?

          21a. Wenn ja, wann?

          21b. Wenn nein, warum nicht?

22. Weiters empfohlen wird die Schaffung eines wissenschaftlichen Beirates. Werden Sie diese Empfehlung umsetzen?

          22a. Wenn ja, wann?

          22b. Wenn nein, warum nicht?

23. Im Kulturausschuss am 28.11.2018 haben Sie auf eine interne Revision der Bundesmuseen hingewiesen. Was war hier die konkrete Fragestellung?

          23a. Liegen hier bereits Ergebnisse vor? Wenn ja, welche?

          23b. Wann rechnen Sie mit einem Abschlussbericht der internen Revision?

 

Für eine bessere Übersicht bitte wir, die Fragen jeweils einzeln zu beantworten und keine Fragen zusammenzufassen.