3559/J XXVI. GP

Eingelangt am 15.05.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Frauen‚ Familien und Jugend

betreffend Kinderbetreuungsgeld für alle Krisenpflegeeltern

 

Anfang des Jahres sorgte eine Novelle des Kinderbetreuungsgeldgesetzes für heftige öffentliche Diskussionen. Beschlossen wurde, dass Krisenpflegeeltern von nun an Kinderbetreuungsgeld zusteht, sofern sie ein Krisenpflegekind zumindest 91 Tage oder länger betreuen und somit die Anspruchsvoraussetzung einer "auf Dauer angelegten Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft" gemäß § 2 Abs. 6 KBGG erfüllen (494 d.B., XXVI. GP). Alle anderen Krisenpflegeeltern, die Kinder für weniger als 91 Tage bei sich aufnehmen, haben demnach keinen gesetzlichen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld. Der Großteil dieser Betreuungsverhältnisse dauert allerdings kürzer als 91 Tage. Die Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ versicherten daher, Verbesserungen für Krisenpflegeeltern erreichen zu wollen: "Im Herbst sprach Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) noch davon, dass künftig wieder alle Noteltern Kinderbetreuungsgeld erhalten sollten – 'selbst wenn sie die Kinder nicht drei Monate haben'", berichtet beispielsweise derstandard.at am 1.2.2019

In einer Ausschussfeststellung, die von allen Fraktionen außer der SPÖ angenommen wurde, verständigte man sich darauf, dass die Anspruchsvoraussetzung iSd § 2 Abs. 6 KBGG überdacht werde. Dazu heißt es im Ausschussbericht:

"Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt zu Artikel 2 fest: Der Ausschuss für Familie und Jugend geht davon aus, dass die im Kinderbetreuungsgeldgesetz definierte Dauerhaftigkeit der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft im Ausmaß von mindestens 91 Tagen als Voraussetzung für eine Anspruchsberechtigung für alle Eltern unter Berücksichtigung des Kindeswohls und im Hinblick auf die Treffsicherheit dieser Anspruchsvoraussetzung einer Evaluierung unterzogen wird." (494 d.B., XXVI. GP)


Der Umgang mit Krisenpflegefamilien und die mangelnde Wertschätzung für ihre gesellschaftlich höchst wichtige Tätigkeit ist nicht tragbar. Vor allem eine Lösung für jene Krisenpflegefamilien, die Krisenpflegekinder kürzer als drei Monate aufnehmen, ist nach wie vor dringend notwendig. Das fordern NEOS auch in einem Entschließungsantrag  (361/A(E)), der bereits am 26.9.2018 eingebracht wurde.

Denn die fehlende Unterstützung und unzureichende finanzielle Absicherung von Krisenpflegeeltern wirkt sich letzten Endes auf Kinder aus, die auf ein funktionierendes System und Auffangnetz - welches häufig durch Krisenpflegeeltern zur Verfügung gestellt wird - angewiesen sind. Damit sind die Schwächsten letztlich die Leidtragenden. Anstatt in diesem Bereich Mittel zu kürzen, sollte man sich darum bemühen, Krisenpflegeeltern zu stärken und ihnen attraktivere Rahmenbedingungen zu bieten, die ihnen die Erfüllung ihrer Aufgabe erleichtern.

Drei Monate nach dem Beschluss stellt sich daher die Frage, welche Maßnahmen die Bundesregierung seither gesetzt hat und welche sie noch ergreifen will und wird, um Krisenpflegeeltern künftig besser zu unterstützen. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Die Ausschussfeststellung (494 d.B., XXVI. GP) bzgl. Artikel 2 KBGG sieht vor, dass "die im Kinderbetreuungsgeldgesetz definierte Dauerhaftigkeit der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft im Ausmaß von mindestens 91 Tagen als Voraussetzung für eine Anspruchsberechtigung für alle Eltern unter Berücksichtigung des Kindeswohls und im Hinblick auf die Treffsicherheit dieser Anspruchsvoraussetzung einer Evaluierung unterzogen wird".  Wurde bereits mit dieser Evaluierung begonnen?

2.    Wenn ja, wann und wie lange wird diese voraussichtlich dauern?

a.    Werden Ergebnisse dem Nationalrat zugänglich gemacht?

b.    Werden die Ergebnisse veröffentlicht und wann?

3.    Wenn nein, warum nicht und wann ist mit einem Beginn der entsprechenden Evaluierung zu rechnen?

4.    Mit welchen wissenschaftlichen Methoden soll die "Treffsicherheit dieser Anspruchsvoraussetzung" evaluiert werden? 

5.    Was genau ist unter "Treffsicherheit" zu verstehen? 

6.    Wie operationalisieren Sie den Terminus "Treffsicherheit" und welche Indikatoren werden zur Messung dieser Determinante herangezogen?

7.    Wie "treffsicher" ist die in §2 Abs. 6 KBGG festgelegte Anspruchsvoraussetzung und die starre 91-Tages-Grenze, durch die eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft definiert wird bisher, in Bezug auf Krisenpflegefamilien, deren Betreuungsverhältnisse in  einem Großteil der Fälle kürzer als 91 Tage dauern?

8.    In wie vielen Fällen wurde seit 1. Juli 2018 Kinderbetreuungsgeld an Krisenpflegefamilien ausbezahlt?

a.    Wie vielen davon rückwirkend aufgrund der entsprechenden Änderungen (§50 Abs 23 KBGG)? 

 

9.    Auf welcher wissenschaftlichen Evidenz fußt die Definition der "Dauerhaftigkeit der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft im Ausmaß von mindestens 91 Tagen als Voraussetzung für eine Anspruchsberechtigung für alle Eltern unter Berücksichtigung des Kindeswohls"? (Bitte um Angabe entsprechender wissenschaftlicher Literatur: Titel, Autor_in, Jahr, Erscheinungsort & Verlag)

10. Auch wenn Krisenpflegefamilien eine Form der Kinder- und Jugendhilfe darstellen und somit Landeskompetenz sind: Welche Handlungsmöglichkeiten sehen Sie als Familienministerin, die Rahmenbedingungen für Krisenpflegepersonen zu verbessern?

11. Ist es angedacht, (z.B. im Rahmen einer Reformgruppe o.Ä. gemeinsam mit anderen zuständigen Ministerien (insb. BMASGK) einheitliche arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen für Krisenpflegepersonen zu schaffen?

a.    Wenn ja, wann und wie?

b.    Wenn nein, warum nicht? 

12. Gibt es Bestrebungen, Änderungen im FLAG vorzunehmen, die sich günstig auf alle Krisenpflegefamilien auswirken, unabhängig von der Dauer der einzelnen Betreuungsverhältnisse?

a.    Wenn ja, wann ist mit entsprechenden Änderungen zu rechnen?

b.    Wenn nein, warum nicht? 

13. Gibt es Bestrebungen, einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für alle Krisenpflegefamilien zu schaffen, unabhängig von der Dauer der einzelnen Betreuungsverhältnisse?

a.    Wenn ja, wann ist mit einer entsprechenden Novelle zu rechnen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn nein, was wird stattdessen von Ihnen als Familienministerin getan, um Krisenpflegefamilien bestmöglich zu unterstützen und wann?