3566/J XXVI. GP

Eingelangt am 16.05.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Rudolf Plessl, Hannes Jarolim und GenossInnen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend Justizskandal: Politisch-motivierte Einstellung der Eurofighter-Verfahren

Mit ungläubigem Erstaunen haben wir aus einem Bericht von addendum vom 16.05.2019 erfahren, dass es intensive Bestrebungen des Generalsekretärs, Mag. Christian Pilnacek, im BMVRDJ gibt, die zahlreichen, seit Jahren vor sich hin plätschernden, Verfahren zur Causa Eurofighter nun schnellstens einzustellen! Fraglich ist, weshalb der Generalsekretär noch im Februar 2019 öffentlich zur Causa Eurofighter im Kurier vom 14. Februar behauptete: „Stimmt nicht! Niemand will etwas abdrehen.[1] Schon damals war diese Aussage mehr als unglaubwürdig.

Doch nicht nur der Versuch, die langwierigen Verfahren in der Causa Eurofighter endgültig abzudrehen, stößt auf blankes Entsetzen, auch wurden Anzeigen gegen den Generalsekretär, als auch hochrangige Beamte der Oberstaatsanwaltschaft Wien eingeleitet.

Offiziell haben sowohl der Bundeskanzler als auch die Bundesregierung die Entscheidung über die künftige Luftraumüberwachung und -sicherung auf den Abschluss des derzeit laufenden dritten parlamentarischen Eurofighter-U-Ausschuss im Parlament vertagt - inoffiziell scheint die Geduld für die Entscheidung offenbar schon jetzt zu enden.

Interessanterweise wurde erst kürzlich in Deutschland ein früherer Top-Manager von Eurofighter offiziell für die schwere Untreue von EUR 90 Millionen aus Steuergeldern der Republik Österreich rechtskräftig verurteilt. Der seit langem gehegte Verdacht, dass erhebliche Summen für Schmiergeldzahlungen missbraucht wurden, wurde mit dem deutschen Urteil nun neuerlich bestätigt. Das Urteil des Amtsgerichts München ist ein klares Signal, dass in Österreich eine Anklageerhebung mehr als nur dringend erforderlich scheint. Doch im Gegenteil fordert Generalsekretär Pilnacek die leitenden Staatsanwälte dazu auf die laufenden Ermittlungsverfahren einzustellen. Darüber hinaus entstehen hierdurch auch in Österreich unüberwindliche rechtliche Hürden für weitere Eurofighter-Beschaffungen. Ein politisches Motiv des Generalsekretärs, welcher die Weisung zur Einstellung an die Oberstaatsanwaltschaft erteilt hat, liegt nahe.

Seit Beginn des Eurofighter-Untersuchungsausschusses ist die unter Bundeskanzler Kurz geführte ÖVP damit beschäftigt die Aufklärungsarbeit der Taskforce Eurofighter und die Sachverhaltsdarstellung des BMLVS herabzuwürdigen. Im Untersuchungsausschuss geht das Aufklärungsengagement der ÖVP gegen Null. Die ÖVP verhält sich wie ein Pflichtverteidiger für EADS und nicht wie Repräsentanten der Republik Österreich. Eine Einstellung der Eurofighter-Verfahren ist jedoch der Gipfel eines Eisbergs, welcher aus Manipulation und Korruption - zu Lasten der österreichischen SteuerzahlerInnen - besteht.

Um Aufklärung über die tatsächliche Vereinnahmung der Justiz, die die Grundfesten der Unabhängigkeit tatsächlich zum Einsturz bringen könnte, stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz daher nachstehende

Anfrage:

1.       Ist Ihnen der oben angeführte Sachverhalt, dass alle derzeit anhängigen Verfahren zur Causa Eurofighter seitens der erst kürzlich mit den Ermittlungen neu befassten Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingestellt werden sollen, bekannt?

2.       Wurde Ihres Wissens nach zu obigem Sachverhalt eine/ mehrere Anzeige(n) erstattet?

a.       Falls JA, wurde Anzeige von Amts wegen eingebracht?

b.       Falls JA, von welcher offiziellen Stelle wurde Anzeige erstattet?

c.       Falls JA, gegen wen wurde Anzeige erstattet?

d.       Welche offizielle(n) Aktenzahl(en) wurden der/den Anzeige(n) zugeordnet?

3.       Ist es richtig, dass diese Anzeige(n) gegen den amtierenden Generalsekretär des Justizministeriums, Mag. PILNACEK, eingebracht wurde(n)?

a.       Falls JA, von welcher offiziellen Stelle wurde(n) diese Anzeige(n) erstattet?

b.       Falls JA, wann wurde Anzeige gegen Generalsekretär Mag. PILNACEK erstattet?

c.       Falls JA, welche Tatbestände wurden angezeigt? (Bitte um Beilage der Begründung und der zu prüfenden Tatbestände!)

d.      Falls JA, welche Behörde ist mit der Prüfung der Anzeige betraut? (Bitte Behörde, Dienststelle und Ort des Sitzes/ Bundesland anführen!)

4.       Ist es richtig, dass zusätzlich Anzeige(n) gegen einen bzw. mehrere hohe Beamte der Oberstaatsanwaltschaft eingebracht wurde(n)?

a.       Falls JA, von welcher offiziellen Stelle wurde(n) diese Anzeige(n) erstattet?

b.       Falls JA, wann wurde Anzeige erstattet?

c.       Können Sie bestätigen, dass es sich bei den angezeigten Personen um den Generalsekretär Pilnacek, den leitenden Oberstaatsanwalt der OStA Wien handelt?

d.       Gab es noch weitere Personen die in diesem Zusammenhang angezeigt wurden?
      i.     Wenn JA, wer?

e.      Welche offizielle(n) Aktenzahl(en) wurden der/den Anzeige(n) zugeordnet?

5.       Können Sie die in den Medien bekanntgemachte Mitteilung, dass die Generalprokuratur, die Staatsanwaltschaft Linz als zuständige Behörde mit der Prüfung der Anzeige beauftragt wurde, bestätigen?

a.       Wenn nein: Welche Behörde wurde beauftragt?

6.       Wurden etwaige Interessenkonflikte im Vorfeld der Entscheidung für die zuständige Staatsanwaltschaft berücksichtigt?

a.       Wenn JA, welche Interessenkonflikte wurden festgestellt?

b.       Wenn JA, welche Interessenkonflikte wurden geprüft?

c.       Wenn JA, welche Interessenkonflikte wurden als problematisch eingestuft?

d.       Wenn NEIN, bitte um Begründung welche Einschätzungen gegen eine solche „Delegation“ des Verfahrens sprachen?

7.       Ist es richtig, dass dieses Verfahren von der zuständigen Staatsanwaltschaft als Verschluss-Akt geführt wird?

a.       Wenn JA, aufgrund welcher rechtlichen Grundlagen wurde die Entscheidung zur Führung als „Verschluss-Akt“ getroffen?

b.      Wurde bzw. wann wurde ein Anlassbericht verfasst und wann wurde dieser bereits an die zuständige(n) Oberbehörde(n) übermittelt?

c.       Wurden bzw. wann wurden erste Ermittlungsschritte durch die zuständige Staatsanwaltschaft gesetzt?

d.       Welche Oberbehörden sind aktuell mit der Kontrolle und Revision dieses „Verschluss-Akt“- Verfahrens betraut?

8.       Gab es eine Aufforderung oder gar eine Weisung zur Einstellung der Verfahren in der Causa Eurofighter?

a.      Wenn JA, wer hat eine solche Aufforderung oder Weisung ausgesprochen oder erteilt?

b.      Wenn JA, wann, an wen und in welcher Form wurde diese Aufforderung oder Weisung erteilt?

c.       Wurden Sie vor Erteilung der Aufforderung oder Weisung über die Ergebnisse der Münchner Ermittlungen -z.B. Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 05. Februar 2019 - informiert und wurden diese berücksichtigt?

d.       Wurde die Aufforderung oder Weisung von Ihnen erteilt?

e.       Wenn NEIN, durch wen wurde diese Aufforderung oder Weisung abgegeben?

f.        Wenn NEIN, können Sie ausschließen eine solche Weisung erteilt zu haben?

g.       Wenn NEIN, wer sonst kann im BMVRDJ eine solche Weisung selbständig erteilen?

9.       Kann der amtierende Generalsekretär des BMVRDJ eine solche Aufforderung oder Weisung selbständig erteilen?

a.       Wenn JA, wurden Sie von ihm im Vorfeld über eine solche Aufforderung oder Weisung informiert?

b.       Wenn Sie nicht im Vorfeld informiert wurden, wann und in welcher Form wurden Sie von ihm über diese Aufforderung oder Weisung stattdessen informiert? (Bitte um Beilage der genauen zeitlichen Angabe und der begleitenden Minister-Informationen!)

c.       Wenn NEIN, wie kann es sein, dass der amtierende Generalsekretär Mag. PILNACEK eine solche Aufforderung oder Weisung selbständig und eigenmächtig erteilt?

d.       Entspricht es den Usancen des Justizministeriums, dass Ihr Generalsekretär Aufforderungen oder Weisungen in solch delikaten Fällen - ohne Wissen des zuständigen Ressortministers - selbständig und eigenmächtig erteilt?

10.   Wie wurde die Erteilung einer Aufforderung oder Weisung zur Einstellung der Verfahren rund um die Causa Eurofighter begründet?

a.       Welche politischen Motive wurden durch diese Aufforderung oder Weisung verfolgt?

b.      Wer hat den politischen Auftrag zu dieser Vorgehensweise erteilt?

c.       Sind diese politischen Vorgaben von Kanzler und/oder Vizekanzler gekommen bzw. wurden diese in diese Entscheidung vorab eingebunden?

d.       Können Sie ausschließen, dass der amtierende Generalsekretär Mag. PILNACEK persönliche Motive mit der Erteilung dieser Aufforderung oder Weisung verfolgt hat?


11.   Bei der Übertragung der Eurofighter-Verfahren an die Wirtschafts- & Korruptionsstaatsanwaltschaft wurde öffentlich angekündigt, das Eurofighter-Ermittlungsteam aufzustocken, um die Verfahren zu beschleunigen und die neue leitende Staatsanwältin auch personell bei der Aufarbeitung der zahlreichen Verfahren zu unterstützen. War die Aufforderung oder Weisung zur Einstellung der Verfahren rund um die Causa Eurofighter der letzte Akt dieser Posse, weil dieses angekündigte Eurofighter-Ermittlungsteam zuvor nicht eingesetzt wurde?

a.       Wenn NEIN, wieso kam es dann bis dato zu keiner personellen Aufstockung und offiziellen Einsetzung des angekündigten Eurofighter-Ermittlungsteams?

b.      Alternativ: War die weitere personelle Unterbesetzung ein Grund für die nun angestrebte Einstellung der Eurofighter Verfahren?

c.       Wurde die Ermittlungen deshalb nicht in einer wünschenswerten Geschwindigkeit durchgeführt, weil das nötige Personal fehlte?

                                               i.             Wurde Ihnen jemals dieser dringende Personalbedarf bekanntgemacht?

                                             ii.              Wie haben Sie diesen Personalbedarf beantwortet?

12.   Wurden nach Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen in der Zwischenzeit auch etwaige notwendige Disziplinarmaßnahmen gegen alle betroffenen Personen geprüft?

a.       Falls JA, ist die Prüfung inzwischen abgeschlossen bzw. bis wann wird dies der Fall sein?
Falls JA, zu welchen vorläufigen Ergebnissen ist die zuständige Dienstaufsicht in den vorliegenden Fällen gekommen?

13.   Wurde von Ihnen bereits eine Suspendierung gegen den amtierenden Generalsekretär Mag. PILNACEK ausgesprochen?

a.       Wenn NEIN, warum nicht?

b.      Wenn NEIN, wurden bereits weiterreichende Gespräche über den Rücktritt von Generalsekretär Mag. PILNACEK geführt und wurde Ihnen ein Rücktritt von ihm angeboten? Wenn NEIN, warum nicht?

14.   Wann und in welchem Rahmen soll der laufende Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon" (1/US) in der XXVI.GP über diese einmaligen Vorgänge im Justizressort und seinen nachgeordneten Organisations-einheiten informiert werden?

a.       Werden Sie diese Information persönlich vornehmen?

b.       Wie werden Sie diese Information vornehmen?

c.       Wenn KEINE Information, warum nicht?


15.   Wurden alle zugehörigen Unterlagen zur Aufforderung oder Weisung und dieser Anzeige auch dem laufenden parlamentarischen UsA übermittelt?

a.       Im Zuge welcher Lieferung(en) wurden diese Unterlagen an den dritten EF-UsA übermittelt?

b.       Wann wurde(n) diese Lieferung(en) vom BMVRDJ ans Parlament übermittelt?

c.       Welche Aktenzahlen waren Teil dieser Lieferung(en) vom BMVRDJ ans Parlament?



[1] Vgl. https://kurier.at/politik/inland/pilnacek-wehrt-sich-kein-druck-auf-eurofighter-staatsanwalt/400408040 (letzter Aufruf 15/05/19)