3567/J XXVI. GP

Eingelangt am 16.05.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde                                an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie             betreffend Umfärbung der Austro Control GmbH - Folgeanfrage zu 2867/J

BEGRÜNDUNG

Seit dem 1.1.2019 besitzt die Austro Control GmbH eine neue Geschäftsführung. Diese setzt sich aus Dr.in Valerie Hackl und DI Mag. Axel Schwarz zusammen. Wie dem Artikel „Die Ampeln stehen auf Blau“ der Printausgabe des Standard vom 31.01.2019 zu entnehmen ist, findet derzeit in zahlreichen staatlichen Betrieben eine Umfärbung durch die aktuelle Regierung statt. Insbesondere im Verkehrsbereich werden und wurden demnach zahlreiche leitende Funktionen mit FPÖ-nahen Personen besetzt. So eben auch mit Axel Schwarz, bei dem es sich um den Fluglehrer von Verkehrsminister Norbert Hofer handelt. Auch Valerie Hackl, laut Kurier zwar parteifrei, soll aufgrund des expliziten Wunsches von Norbert Hofer[1] zur Austro Control gewechselt sein.

Die fachliche Qualifikation im wichtigsten Aufgabenbereich der Austro Control, der Flugsicherung, scheint in beiden Fällen nicht vorhanden. Eine ebenso wichtige Komponente für die Leitung einer Luftfahrtagentur, die internationale Vernetzung, kann ebenfalls keiner der beiden vorweisen. Auch die Erfahrung in der Leitung eines Großunternehmens erscheint fraglich. Damit dürfte keine der drei wohl wichtigsten Voraussetzungen für die Position der Geschäftsführung erfüllt sein. Es stellt sich daher die Frage, nach welchen Kriterien die Besetzung erfolgte.

Vorliegenden Informationen zufolge stehen zahlreiche Kündigungen und Neubesetzungen auf allen Managementebenen im Raum oder sind bereits im Gange. Dies begann nur wenige Wochen, nachdem die neue Geschäftsführung die Leitung des Betriebs übernommen hatte, also noch gar keinen ausreichenden Überblick über die Leistungen einzelner Mitarbeiter gewonnen haben konnte. Insbesondere aufgrund der mangelnden Erfahrung der neuen Geschäftsführung wäre zu erwarten, dass sich diese zuerst ein Bild vom bestehenden Personal macht, bevor derart schwerwiegende Entscheidungen getroffen werden. Dass dies nicht geschehen ist, sondern offenbar blindlings politisch unliebsames Personal ausgetauscht wird, lässt befürchten, dass hier politische Prioritäten zu Lasten der Sicherheit des Flugverkehrs forciert werden.

Die diesbezügliche Anfrage 2867/J ließ Minister Norbert Hofer völlig unbeantwortet, größtenteils mit der Begründung, dass „es sich um operative Tätigkeiten der Geschäftsführung der Austro Control GmbH handelt und nur die Bestellung der Geschäftsführung in den Aufgabenbereich der Gesellschafterin BMVIT fällt." Nun sollte man allerdings meinen, dass die Wahrung der Sicherheit des Flugverkehrs durchaus im Kerninteresse der Republik Österreich und somit der Gesellschafterin BMVIT liegt. Die „operativen Tätigkeiten“ haben darauf einen gravierenden Einfluss, wenn es stimmt, dass hochqualifizierte Mitarbeiter ohne ersichtlichen Grund ersetzt werden. Sie sollten daher im Zuge der Eigentümerstrategie des BMVIT durchaus relevant sein. Das in der Anfragebeantwortung zur Schau gestellte Desinteresse des Verkehrsministers muss, wenn keine politische Agenda unterstellt werden soll, als grob fahrlässig bezeichnet werden.

Nicht nur, dass qualifiziertes Personal fehlt, verursachten diese Personalmaßnahmen vorliegenden Informationen nach auch eine massive Verunsicherung innerhalb der Belegschaft. Die Härte des Durchgreifens stellt zudem ein Novum dar. Es wird anders als früher anscheinend nicht einmal mehr abgewartet, bis Verträge auslaufen, um ein- und umzufärben, was dem Vernehmen nach viele Mitarbeiter schockiert. Verstärkt wird diese Verunsicherung offenbar durch eine mangelnde Kommunikation inhaltlicher Strategien und Pläne für das Unternehmen, obwohl wesentliche Entscheidungen (beispielsweise in der Beschaffung) anstehen. In Anbetracht dieser Herausforderungen wirkt es umso befremdlicher, dass parteipolitische Personalentscheidungen, die eine Belastung der Belegschaft und eine Gefährdung des hohen Sicherheitsniveaus darstellen, geschehen, ehe auf fachlicher Ebene ein Konzept bzw. eine Strategie ausgearbeitet und präsentiert wird.

Der Umstand, dass diese Personaleingriffe mit den KV-Verhandlungen zusammenfielen, zeugt ebenfalls von mangelnder Weitsicht. Es soll bekannt gewesen sein, dass diese KV- Verhandlungen besonders schwierig sein würden. Hier zusätzliche Unsicherheit zu erzeugen und somit weiteres Öl ins Feuer zu schütten, kann kaum zuträglich für die Performance der Austro ControI sein.

Selbst wenn man die Sorge um die Sicherheit des Flugverkehrs als Panikmache abtut, birgt eine Verschlechterung der Performance andere, unmittelbarere Risiken. So wird etwa regelmäßig die Leistung der Flugsicherungsorganisationen in internationalen Analysen verglichen, beispielsweise anhand der durch die Flugsicherungsorganisationen verursachten durchschnittlichen Verspätungsminuten[2]. Eine Beeinträchtigung der Leistung der Belegschaft durch politisch motivierte Personalmaßnahmen kann daher die Einstufung der Austro Control als Top-Behörde, etwa durch die EASA (Europäische Agentur für Flugsicherheit), gefährden und somit Reputationsverluste für den Standort Österreich bedeuten. Auch dies sollte im Fokus der Eigentümerstrategie des BMVIT liegen und ist ein weiterer Grund, weshalb derart weitreichende Personalmaßnahmen nicht als bloße „operative Tätigkeiten“ abgetan werden sollten. Weiters sind sie offenbar eine direkte Konsequenz der Bestellung der neuen Geschäftsführung, da diese unmittelbar nach Amtsantritt mit der Ein- und Umfärbung   begann, und zumindest für diese Bestellung fühlt sich Minister Hofer ja laut Anfragebeantwortung 2765/AB zuständig.

Der Umstand, dass eine Eigentümerstrategie existiert, in der durchaus auch Personalziele vorgegeben sind (siehe zitierter Rechnungshof-Bericht), lässt auch die Aussage, es handle sich nur um „operative Tätigkeiten“ außerhalb des Aufgabenbereichs des BMVIT, als äußerst fragwürdig erscheinen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

1.    Nach welchen Kriterien erfolgte die Bestellung der neuen Geschäftsführung?

2.    Spielte eines der folgenden Kriterien bei der Bestellung eine Rolle:

a.    Fachliche Qualifikation im Bereich der Flugsicherung?

b.    Erfahrung in der Leitung eines Großunternehmens?

c.    Internationale Vernetzung unter Luftfahrtagenturen?

3.    Falls ja (Frage 2), inwiefern erfüllt Dr.in Valerie Hackl diese Kriterien?

4.    Falls ja (Frage 2), inwiefern erfüllt DI Mag. Axel Schwarz diese Kriterien?

5.    Falls nein (Frage 2), weshalb nicht?

6.    War Ihnen bei der Bestellung der Geschäftsführung bekannt, dass diese sofort nach Amtsantritt weitreichende Personalmaßnahmen setzen würde?

a. Falls ja, war dieses Vorhaben ein Grund für ihre Bestellung?

Im zitierten Rechnungshof-Bericht werden die Kernziele der Eigentümerstrategie des BMVIT genannt. Diese waren zum damaligen Zeitpunkt (2017):

       Einhaltung eines sicheren, effizienten, pünktlichen und wirtschaftlichen Flugverkehrs

       Umsetzung des Single European Sky (einheitlicher europäischer Luftraum) sowie aktive Einbringung in die Weiterentwicklung des Functional Airspace Block Central Europe

       Anstreben eines wettbewerbsfähigen (Flug-)Gebührenniveaus

       Trennung der behördlichen Aufgaben als Luftfahrtagentur von den operativen Aufgaben der Flugsicherung

       Kundenorientiertes und wirtschaftliches Agieren und nachhaltige Personalentwicklung

       Durchführung von Kostensenkungsprogrammen, insbesondere auch im Bereich Personal, wobei keine Eigentümerzuschüsse vorgesehen waren

7.    Entsprechen diese Ziele nach wie vor der Eigentümerstrategie?

a.    Falls nein, wie sind die strategischen und betriebswirtschaftlichen Ziele der Eigentümerstrategie mittlerweile definiert?

8.    Sind die von der neuen Geschäftsführung vorgenommenen Personalmaßnahmen Teil der Eigentümerstrategie?

a.    Falls nein, wurde von der Geschäftsführung ohne das Wissen und Einverständnis des Eigentümers gehandelt?

b.    Falls nein, werden Sie im Zuge der strategischen Steuerung, die laut Rechnungshof-Bericht in Form von Eigentümer-Jours-fixes stattfindet, Maßnahmen oder Zielvorgaben setzen und wenn ja, welche?


9.    In Anbetracht der aufgelisteten strategischen Ziele, die dezidiert auch Personalentwicklung und -kostensenkung umfassen: Können Sie begründen, weshalb derartige Personalmaßnahmen, die Sie als „operative Tätigkeiten“ bezeichnet haben, nicht Gegenstand der Eigentümerstrategie sind und somit nicht in Ihren Verantwortungsbereich fallen?

10. Liegt es im Aufgabenbereich der Gesellschafterin BMVIT, für die Einhaltung eines sicheren, effizienten, pünktlichen und wirtschaftlichen Flugverkehrs zu sorgen?

a. Falls nein, weshalb nicht?

11. Können Sie begründen, weshalb Sie in der Anfragebeantwortung 2765/AB behauptet haben, die Sicherstellung des Erhalts des hohen Maßes an Flugsicherheit in Österreich falle nicht in den Aufgabenbereich des BMVIT, obwohl genau dies im Rechnungshofbericht als erstes Ziel der Eigentümerstrategie genannt wird?

12. Wenn Personalmaßnahmen so weitreichende Konsequenzen hätten, dass sie den sicheren, effizienten, pünktlichen und wirtschaftlichen Flugverkehr negativ beeinträchtigten, fallen sie dann in den Verantwortungsbereich des BMVIT?

13. Wie stellen Sie sicher, dass bei den nun vorgenommenen oder geplanten Personalmaßnahmen der sichere, effiziente, pünktliche und wirtschaftliche Flugverkehr im vollen bisherigen Umfang eingehalten werden kann?

a.   Wenn sich abzeichnen sollte, dass hier tatsächlich negative Auswirkungen aufgrund von Beeinträchtigungen der Leistung der Belegschaft bestehen, werden Sie dann als Eigentümer handeln?

i. Falls ja, in welcher Weise?

14.  Liegt es im Aufgabenbereich der Gesellschafterin BMVIT, dafür zu sorgen, dass die Austro Control international weiterhin als Top-Behörde eingestuft wird?

a.     Falls ja, wie stellen Sie dies sicher?

b.     Falls nein, weshalb nicht?

15. Gibt es Einschätzungen von Seiten des BMVIT, wie sich eine Verschlechterung der Leistung der Austro Control in internationalen Vergleichsanalysen, beispielsweise anhand der durch die Flugsicherungsorganisationen verursachten durchschnittlichen Verspätungsminuten, auf den Standort Österreich, im internationalen Flugverkehr, etwa durch Reputationsverlust, auswirkt? (Beispielhafte Annahme: Verdopplung der ATFM Delays)



[1] https://kurier.at/wirtschaft/oebb-managerin-als-top-favoritin-fuer-die-flugsicherung/400052954.

[2]  Siehe beispielsweise folgenden Rechnungshof-Bericht (Reihe BUND 2017/58):

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/III/III_00061/imfname_676291.pdf.