3599/J XXVI. GP

Eingelangt am 16.05.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Freundinnen und Freunde
an den
Bundesminister für Inneres

betreffend Untersagung des Ustascha-Treffens in Bleiburg am 18.5.2019

Begründung

Am 18. Mai 2019 soll in Bleiburg in Südkärnten das jährliche Ustascha-Treffen stattfinden. Die Be- zirkshauptmannschaft (BH) Völkermarkt hat bereits als zuständige Behörde nach dem Versamm­lungsgesetz auf die Untersagung verzichtet. Damit ist der Weg frei für einen der größten Aufmärsche des Rechtsextremismus in Europa.

Noch im Vorjahr stand das Ustascha-Treffen unter der Schirmherrschaft der katholischen Kirche. Damit galt § 5 des Versammlungsgesetzes (VersG). Im Gegensatz zu 2018 hat die Diözese Gurk- Klagenfurt nach einem Wechsel an der Spitze der Kärntner Kirche am 8. März 2019 die Genehmigung zur Abhaltung einer Bischofsmesse im Rahmen des Treffens nicht mehr erteilt. Damit ist die Veran­staltung nicht mehr vom Versammlungsgesetz ausgenommen und Rechtsgrundlage für eine Untersa­gung ist nun ausschließlich § 6 Abs. 1 VersG:

„Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, sind von der Behörde zu un­tersagen."

Rechtliche Basis für die Untersagung einer Versammlung ist dabei eine „Prognoseentscheidung". Diese hat sich nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) „auf eine realistische und nachvollziehbare Einschätzung des zu erwartenden Geschehensablaufs"[1] zu stützen. Dabei sind insbe­sondere auch frühere Veranstaltungen desselben Veranstalters miteinzubeziehen. Sind die bevorste­henden Ereignisse objektiv dazu geeignet „nationalsozialistische Bestrebungen und Gedankengänge wiederzubeleben"[2], ist jedenfalls das öffentliche Wohl gefährdet und die Behörde sogar verpflichtet, die Versammlung zu untersagen.

Der eindeutig rechtsextreme und faschistische Charakter der Gedenkfeier der Ustascha in Bleiburg ist durch zahlreiche Fotos und journalistische Reportagen dokumentiert[3]. Die Behörden erstatteten beim letzten Faschistenaufmarsch am 12. Mai 2018 neun Anzeigen aufgrund von Verstößen gegen das Verbotsgesetz und es gab in der Folge fünf Verurteilungen von Teilnehmern des Ustascha- Treffens. Auch das renommierte DÖW (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands) bezeichnet das Treffen in Bleiburg als „eines der größten Treffen von Neonazis in Europa"[4].

Laut Auskunft der für das Treffen zuständigen Behörde in Völkermarkt verfügt diese über ein verfas­sungsrechtliches Gutachten von em. o. Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer, wonach die Behörde aufgrund der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs verpflichtet ist, die Veranstaltung gemäß § 6 Abs. 1 VersG zu untersagen.

Die katholische Kirche distanzierte sich bereits ausdrücklich vom Faschistenaufmarsch in Bleiburg: Das Gesamterscheinungsbild der Veranstaltung am Loibacher Feld schade dem Ansehen der Katholi­schen Kirche und sei vor allem auch dazu angetan, „der Katholischen Kirche in Kärnten im Falle einer Erlaubnis der Liturgiefeier zu Recht zu unterstellen, sie würde die Instrumentalisierung eines Gottes­dienstes zu politischen Manifestationen dulden und die entsprechende Distanz zu faschistischem Ge­dankengut vermissen lassen" [5]

Eine eindeutige Distanzierung von Seiten des FPÖ-Innenministers fehlt bisher. Die Entscheidung, erneut Neonazis und Faschisten in Bleiburg aufmarschieren zu lassen, ist als Bekenntnis des Innen­ministers zum transnationalen Rechtsextremismus zu werten. Allerdings ist diese Entscheidung - angesichts der sehr klaren Bestimmung des § 6 Abs. 1 VersG - auch als rechtswidrig einzustufen.

FPÖ-Minister Kickl hat daher dafür Sorge zu tragen, dass diese Entscheidung umgehend korrigiert wird und das Ustascha-Treffen von den zuständigen - ihm untergeordneten - Behörden untersagt wird.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

Anfrage:

1.       Ist es zutreffend, dass Univ.-Prof. Mayer ein verfassungsrechtliches Gutachten betreffend die Untersagung des Ustascha-Treffens erstellt hat?

2.       Wann und von wem wurde der Gutachtensauftrag an Univ.-Prof. Mayer erteilt?

3.       Ist es zutreffend, dass es laut Gutachten von Univ.-Prof. Mayer geboten ist, das Ustascha- Treffen in Bleiburg behördlich zu untersagen?

4.       Was ist der genaue Wortlaut des Gutachtens?

5.       Wie hoch waren die Kosten für das Gutachten?

6.       Schließen Sie sich der Rechtsauffassung des verfassungsrechtlichen Gutachtens von Univ.- Prof. Mayer an und werden Sie eine Weisung an die BH Völkermarkt erteilen, wonach das Ustascha-Treffen in Bleiburg zu untersagen ist?

a.       Falls ja, wann werden Sie die Weisung erteilen?

b.       Falls nein, warum nicht? (Bitte um ausführliche Begründung.)

7.       Wann haben Sie Kenntnis von dem Gutachten erlangt?

a.       Falls Sie noch keine Kenntnis erlangt haben, weshalb nicht?

b.       Falls Sie noch keine Kenntnis erlangt haben, werden Sie das Gutachten beischaffen lassen?

i.      Falls nein, warum nicht?

8.       Welche Personen und nachgeordneten Dienststellen des BM.I haben das Gutachten erhal­ten?

9.       Haben Sie oder Mitarbeiter Ihres politischen Büros das Gutachten an die LPD-Kärnten wei­tergeleitet?

a.       Falls ja, wann und an wen haben Sie bzw. Mitarbeiter Ihres politischen Büros das Gutachten weitergeleitet?

b.       Falls nein, warum nicht?

c.       Falls nein, werden Sie das Gutachten an die LPD-Kärnten weiterleiten?

i.    Falls ja, wann werden Sie das Gutachten an die LPD Kärnten weiterleiten?

d.       Falls Sie das Gutachten noch nicht erhalten haben: Werden Sie das Gutachten
nachdem Sie es erhalten haben, an die LPD-Kärnten weiterleiten?

10.   Haben Sie oder Mitarbeiter Ihres politischen Büros das Gutachten an das Büro von Lan­deshauptmann Kaiser weitergeleitet?

a.       Falls ja, wann und an wen haben Sie bzw. Mitarbeiter Ihres politischen Büros das Gutachten weitergeleitet?

b.       Falls nein, warum nicht?

c.       Falls nein, werden Sie das Gutachten an das Büro von Landeshauptmann Kaiser weiterleiten?

d.       Falls Sie das Gutachten noch nicht erhalten haben: Werden Sie das Gutachten nachdem Sie es erhalten haben, an das Büro von Landeshauptmann Kaiser weiter­leiten?

11.   Werden Sie das Gutachten veröffentlichen?

a.       Falls ja, wann und wo werden Sie das Gutachten veröffentlichen?

b.       Falls nein, warum nicht?

12.   Wurden noch andere Gutachten bezüglich der heurigen Versammlung am Loibacher Feld in Auftrag gegeben?

a.       Falls ja, an welche Personen wurde ein Gutachtensauftrag erteilt?

b.       Falls ja, wann wurden die entsprechenden Gutachtensaufträge erteilt?

c.       Falls ja, zu welchem Ergebnis kommen die anderen Gutachten?

d.       Falls ja, was ist der genaue Wortlaut der weiteren Gutachten?

e.       Falls ja, welche Kosten sind für diese Gutachten angefallen?

f.        Falls ja, werden diese Gutachten veröffentlicht?

i.         Falls ja, wann und wo?

ii.       Falls nein, warum nicht?

13.   Ist es zutreffend, dass die Landespolizeidirektion Kärnten ebenfalls ein Gutachten bezüg­lich des Ustascha-Treffens in Bleiburg verfasst hat?

a.       Falls ja, wann und von wem wurde dieses Gutachten beauftragt?

b.       Falls ja, welche Personen haben dieses Gutachten erstellt?

c.       Falls ja, zu welchem Ergebnis kommt dieses Gutachten?

d.       Falls ja, was ist der genaue Wortlaut des Gutachten?

e.       Falls ja, wird das Gutachten veröffentlicht?

i.         Falls ja, wann und wo?

ii.       Falls nein, warum nicht?

f.        Falls ja, wurde das Gutachten an Landeshauptmann Kaiser weitergeleitet?

i.         Falls ja, wann und von wem?

ii.       Falls nein, warum nicht?

g.       Falls ja, wurde Ihnen oder Mitarbeitern Ihres politischen Büros das Gutachten zur Kenntnis gebracht?

            i.       Falls ja, wann und von wem?

    ii.      Falls nein, warum nicht?

14.   Ende April waren Sie im Rahmen eines Arbeitsbesuchs in Kärnten. Haben Sie während des Arbeitsbesuches das geplante Ustascha-Treffen in Bleiburg am 18.5.2019 thematisiert?

a.       Falls ja, mit welchen Personen haben Sie über das Ustascha-Treffen in Bleiburg ge­sprochen?

b.       Falls ja, was war der Inhalt dieser Gespräche?

c.        Falls ja, haben Sie bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft in Völkermarkt da­hingehend interveniert, dass das Ustascha-Treffen in Bleiburg nicht untersagt wird?

d.       Falls ja, haben Sie diesbezüglich eine Weisung bzw. einen mündlichen oder schrift­lichen Auftrag erteilt?

15.   Haben Sie, Ihr Generalsekretär oder Mitglieder Ihres Kabinetts zu einem anderen Zeitpunkt bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft in Völkermarkt interveniert, damit das Ustascha-Treffen in Bleiburg nicht untersagt wird?

16.   Haben Sie, Ihr Generalsekretär, Mitglieder Ihres Kabinetts oder andere der BH Völkermarkt übergeordnete Dienststellen, zu irgendeinem Zeitpunkt eine Weisung bzw. einen mündli­chen oder schriftlichen Auftrag im Zusammenhang mit dem geplanten Ustascha-Treffen in Bleiburg an die zuständige BH Völkermarkt erteilt?

17.   War das Ustascha-Treffen am 18.5.2019 in der Vergangenheit jemals Thema in Ihrem Ka­binett?

a.       Falls ja, wann und mit wem haben Sie über das Ustascha-Treffen gesprochen?

b.       Falls ja, was war der Inhalt dieser Gespräche?

c.        Falls ja, ging es dabei auch um die mögliche Untersagung des Ustascha-Treffens?

d.       Falls nein, weshalb nicht?

18.   Haben Sie im Zusammenhang mit dem Ustascha-Treffen am 18.5.2019 Berichte der Si­cherheitsbehörden erhalten?

a.       Falls ja, wann und wie viele Berichte haben Sie erhalten?

b.       Falls ja, von wem haben Sie diese Berichte erhalten?

c.        Falls ja, was war der genaue Wortlaut dieser Berichte?

d.       Falls nein, weshalb nicht?

19.   Sofern das Ustascha-Treffen am 18.5.2019 nicht untersagt wird: Wie viele Einsatzkräfte werden für das Ustascha-Treffen abgestellt, welchen Einheiten sind diese zuzuordnen und welche Kosten wurden für diesen Einsatz eingeplant?

20.   Sofern das Ustascha-Treffen am 18.5.2019 nicht untersagt wird: Wie viele kroatisch spre­chende Einsatzkräfte werden eingesetzt?

21.   Sofern das Ustascha-Treffen am 18.5.2019 nicht untersagt wird: Ist vorgesehen, dass auch Soldaten und Soldatinnen im Rahmen eines Assistenzeinsatzes vor Ort sein werden?

a.       Wenn ja, wie viele Einsatzkräfte des Bundesheeres werden vor Ort sein?

b.       Wenn ja, welche Kosten wurden für diesen Einsatz eingeplant?

22.    Sofern das Ustascha-Treffen am 18.5.2019 nicht untersagt wird: Ist bereits geplant, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Landesamtes für Verfassungsschutz Kärnten dem Ustascha-Treffen am 18.5.2019 beiwohnen?

a.                             Falls ja, wie viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind dafür abgestellt?

b.       Falls ja, wie viele kroatisch sprechende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden im Einsatz sein?

c.        Falls ja, welche Kosten wurden für diesen Einsatz eingeplant?

d.       Falls nein, weshalb nicht?

23.    Welche konkreten Maßnahmen haben Sie gesetzt, um zu verhindern, dass verbotene Symbole laut Symbole-Gesetz am 18.5.2019 in Bleiburg gezeigt werden?

24.    Welche konkreten Maßnahmen haben Sie gesetzt, um zu verhindern, dass Handlungen, die Verstöße gegen das Verbotsgesetz darstellen, während der Gedenkfeier am 18.5.2019 in Bleiburg gesetzt werden?

25.    Sind Ihnen die zahlreichen Fotos der vergangenen Ustascha-Treffen in Bleiburg bekannt, auf denen eindeutig Handlungen zu sehen sind, die einen Verstoß gegen das Verbotsge­setz, das Abzeichengesetz oder das Symbole-Gesetz darstellen?

a.      Falls ja, welche Schlüsse sind daraus in Bezug auf § 6 Abs. 1 VersG zu ziehen?

26.    Aufgrund des faschistischen und rechtsextremen Charakters des Ustascha-Treffens in Bleiburg hat die katholische Kirche die Genehmigung zur Abhaltung einer Bischofsmesse im Rahmen des Treffens nicht mehr erteilt und sich klar von der Veranstaltung distanziert. Warum halten Sie angesichts dieser Entwicklungen noch immer an der Abhaltung des Ustascha-Treffens in Bleiburg fest und kommen Ihrer gesetzlichen Pflicht zur Untersagung der Veranstaltung bisher nicht nach?



[1] Vgl. zB VfSIg 17.120/2004; VfSIg 18.114/2007.

[2]  Vgl. VfSIg 18.114/2007, Punkt II.3.1. f.

[3] https://www.no-ustasa.at/wp-content/themes/understrap/pdf/Mythos_Bleiburg.pdf?fbclid=lwAR2mOVc-uQfNcaBfqt50Gt.JZpfRFOBVVRpvV-6YvOOKctn1AlyObnLOK23E .

[4] http://www.doew.at/neues/neuerliches-ustascha-treffen-in-kaernten .

[5]   https://kaernten.orf.at/news/stories/2968784/.