3618/J XXVI. GP

Eingelangt am 23.05.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Parteienfinanzierung im Umfeld der FPÖ

 

Die Republik Österreich ist über die ÖBAG direkt bzw. auch indirekt an der Casinos Austria AG (CASAG) beteiligt. Der Staat Österreich hält derzeit 33,24 % der Anteile, ist damit also hinter der Medial Beteiligungs-Gesellschaft - hinter welcher die tschechische Sazka Gruppe steht - zweitgrößter Aktionär der CASAG. Für die jüngste Neubesetzung des Vorstands wurden drei neue Vorstandspositionen vakant. Dies betrifft den Posten des CEO, des COO und des CFO. Selbstredend handelt es sich hierbei um hochdotierte Posten im Glücksspielsektor. 

Dieser neue Vorstand ist nun seit 1. Mai im Amt. Die Posten wurden vergeben an Bettina Glatz-Kremser, Peter Sidlo und Martin Skopek.

Neben eigenartig anmutenden Zufällen, wie der Nähe Glatz-Kremsners zur Regierungspartei des Kanzlers Kurz und dem optisch äußerst unästhetischem fliegenden Wechsel von der Spitze der ÖVP an die Spitze der CASAG, steht nach einem jüngsten Bericht des Standard die Personalauswahl für den Vorstand der CASAG in einem anderen Fall auf dem Prüfstand. So heißt es im Artikel wörtlich:

"Für viel mehr Aufsehen sorgte freilich, dass Sidlo im Mai in den Vorstand der teilstaatlichen Casinos AG (Casag) eingezogen ist. Dort wurde der 45-Jährige, der bis dahin die Sigma Investment AG geführt hatte, Finanzvorstand. Es fehle ihm an Managementerfahrung, mit dem Glücksspiel hatte der Exangestellte der Immogesellschaft Conwert beruflich noch nie zu tun, wurde kritisiert. Der Casag-Konzern macht vier Milliarden Euro Umsatz und beschäftigt 4200 Mitarbeiter. Die Sigma beschäftigte im Geschäftsjahr 2018 laut Firmenbuch sechs Mitarbeiter, der Jahresgewinn lag bei 43.500 Euro." (Nachzulesen auf: derstandard.at/2000103509707/Volltreffer-Blauer-Manager-landete-bei-Casinos-Austria)

Nach kurzer Recherche der Person des Peter Sidlo, eine Arbeit die bei einem vernünftigen Backgroundcheck der Anwärter für derart hoch dotierte Posten eigentlich üblich sein sollte, ergeben sich zahlreiche Fragen nicht nur dazu, was die Kompetenz genannter Person betrifft, sondern auch was allfällige Verstrickungen in - euphemistisch gesagt - dubiose bis hin zu vermeintlich illegalen Aktivitäten betrifft.

Jedenfalls dürfte Peter Sidlo gemeinsam mit anderen in Politik und Glücksspielbranche bestens vernetzten Personen gemeinsam in einer Gesellschaft tätig gewesen sein. So scheinen in der Polimedia GmbH neben Sidlo auch Bernhard Krumpel (Konzernsprecher der Novomatic, welche nicht nur CASAG Konkurrent sondern auch Anteilsinhaber in der Höhe von 17,19 % ist), Markus Braun (dessen Schwager, welcher federführend im Verein "Austria in Motion" ist, der wiederum laut SZ in Verdacht steht als Vehikel für illegale Parteienfinanzierung gedient zu haben: https://www.sueddeutsche.de/politik/oesterreich-fpoe-austria-in-motion-1.4456568), Markus Tschank (FPÖ Abgeordneter zum Nationalrat) und Gregor Eitler (welcher wiederum für die ÖVP Alsergrund aktiv war und als Notar auch Ziehungen der CASAG beaufsichtigt) auf. Dass dessen Geschäftspartner Braun zusätzlich gemeinsam mit einem in den "Paradise Papers" aufscheinenden deutschen Steueranwalt arbeitet und führende Positionen in zumindest schwer hinterfragenswürdigen internationalen Firmenkonstrukten einnimmt, lässt zumindest auf die Möglichkeit schließen, dass über derart verschachtelte Konstruktionen auch etwaige Zahlungsflüsse verschleiert werden sollten, wie dies in anderen Fällen gängige Praxis ist.  

All diese Zusammenhänge rücken, vor allem im Zuge der jüngsten Berichte und der Aussagen des ehemaligen Vizekanzlers Strache "wie Spenden am Rechnungshof vorbei an seine Partei fließen", diese Besetzung in ein massiv schiefes Licht.

Der Staat Österreich hat als wesentlicher Miteigentümer die Pflicht im Sinne der SteuerzahlerInnen absolute Transparenz und bestmögliche Ergebnisse seiner Unternehmen herzustellen. Staatsnahe Betriebe haben dem Gemeinwohl zu dienen und dürfen nicht zu einem Selbstbedienungsladen der Regierungsparteien verkommen. Darüber hinaus gilt es zu verhindern, dass gerade aus staatsnahen Betrieben Geld in jene Parteikassen fließt, aus welchen die Führungskräfte "rekrutiert" werden.   

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Warum wurde der deutsche Personalberater Egon Zehnder mit der Ausschreibung betraut?

2.    Anhand welcher Beurteilung und Qualifikationen wurden die Kandidaten jeweils ausgewählt? (Bitte um genaue Aufschlüsselung der jeweiligen geforderten und vorhandenen Kompetenzen)

3.    Wurde bei den Kandidaten ein Backgroundcheck durchgeführt? (Verwicklung in illegale Aktivitäten, Nähe zu Parteien oder anderen Personen im Geschäft, bisherige berufliche Aktivitäten, Beteiligung an Gesellschaften inklusive deren Geschäftspartner, ...)

a.    Wenn ja, was war das Ergebnis für die jeweiligen Kandidaten?

b.    Wenn ja, gab es dadurch Erkenntnisse, welche Zweifel an der Kompetenz oder Integrität einzelner Bewerber aufkommen ließ? 

c.    Wenn nein, warum wurde ein solcher Backgroundcheck nicht durchgeführt, wo dies im Sinne der im Geschäftsverkehr gebotenen Sorgfalt bei der Besetzung derart hoch dotierter Posten geboten wäre?

d.    Wenn nein, wie sichern Sie als Finanzminister, dass es keine persönlichen oder geschäftlichen Verflechtungen des Vorstands zu Personen gibt, welche durch Ihre Tätigkeit in einem Konkurrenzverhältnis zu den Casinos Austria stehen? 

4.    Ist Ihnen im Zuge eines Backgroundchecks oder sonstwie zu Ohren gekommen, dass Peter Sidlo gemeinsam mit Bernhard Krumpel (dem jetzigen Konzernsprecher des CASAG Konkurrenten Novomatic) in der Polimedia GmbH aktiv war?

a.    Wenn ja, sehen Sie darin eine Unvereinbarkeit?

b.    Wenn nein, wieso haben Sie einen Backgroundcheck unterlassen?

5.    Ist Ihnen im Zuge eines Backgroundchecks oder sonstwie zu Ohren gekommen, dass Peter Sidlo gemeinsam mit Markus Tschank (Rechtsanwalt und FPÖ Abgeordneter) in der Polimedia GmbH aktiv war?

a.    Wenn ja, sehen Sie darin eine Unvereinbarkeit?

b.    Wenn nein, wieso haben Sie einen Backgroundcheck unterlassen?

6.    Ist Ihnen im Zuge eines Backgroundchecks oder sonstwie zu Ohren gekommen, dass Peter Sidlo gemeinsam mit Gregor Eitler (Notar und in Geschäftsbeziehung mit der CASAG stehend) in der Polimedia GmbH aktiv war?

a.    Handelt es sich bei diesem Gregor Eitler um jene Person, die für die ÖVP Alsergrund aktiv war?

b.    War Peter Sidlo auch im Bezirk Alsergrund, jedoch für die FPÖ, politisch aktiv?

c.    Wenn ja, sehen Sie darin eine Unvereinbarkeit?

d.    Wenn nein, wieso haben Sie einen Backgroundcheck unterlassen?

7.    Können Sie ausschließen, dass eine der folgenden Gesellschaften an verdeckter Parteienfinanzierung beteiligt war:

a.    Sigma Investment AG

b.    Polimedia AG

c.    ELN Consulting GmbH

d.    PLUTO Verbriefungs GmbH

e.    URANUS Privatstiftung

f.     POSEIDON Privatstiftung

g.    MRP Holding GmbH

h.    MRP Maritime GmbH

i.     Austria in Motion - Verein zur Reform der politischen Kultur in Österreich

j.      Verein Wirtschaft für Österreich

k.    CF Shipping Malta

l.      CF Privatstiftung Malta 

8.    Wurden die Stellen ausgeschrieben?

a.    Wenn ja, wo, wie und wann wurden die Ausschreibungen kundgemacht bzw. veröffentlicht?

b.    Wenn ja, wie wurde durch die Veröffentlichung der Ausschreibung sichergestellt, dass ein möglichst großer Kreis potentiell kompetenter Personen von dieser Ausschreibung erfährt?

c.    Wenn nein, warum nicht?

d.    Wenn nein, planen Sie in Zukunft für eine der Bedeutung dieser zu besetzenden Posten angemessene Publikation der Ausschreibungen zu sorgen und wie soll dies sichergestellt werden?

9.    Wie viele Kandidaten haben sich für welche Position jeweils beworben und wer waren diese? 

10. Wie viele Kandidaten wurden zum Hearing für welche Position jeweils eingeladen und wer waren diese?

11. Wie viele Kandidaten sind zum Hearing für welche Position jeweils erschienen und wer waren diese?

12. Sollten nur jene drei Personen zum Hearing erschienen sein, welche später auch genommen wurden:

a.    Wie erklären Sie sich das?

b.    Warum wurden keine anderen internen oder externen Kandidaten eingeladen?  

13. Gibt es ein Reihungssystem bzw. eine Shortliste?

14. Gab es Stimmen, die sich gegen den Kandidaten Peter Sidlo aussprachen?

15. Stimmt es, dass sich Egon Zehnder kritisch bezüglich der Qualifikation des Peter Sidlo äußerte?

16. Stimmt es, dass trotz dieser Kritik Sidlo dem Aufsichtsrat der CASAG als bester Kandidat für die Position des CFO (bzw. einer andere Vorstandsposition) namhaft gemacht wurde?

17. War Peter Sidlo in den Augen Zehnders geeignet einen derart großen Konzern als CFO zu führen?

a.    Wenn ja, aufgrund welcher Qualifikation?

b.    Wenn nein, aus welchen Gründen wurde er trotzdem bestellt?

18. Welche Führungserfahrung brachte Peter Sidlo vor seiner Bestellung zum CFO mit?

19. Auf welchen Erfahrungsschatz in der Glücksspielbranche kann Peter Sidlo zurückgreifen? 

20. Ist Peter Sidlo ein Experte im Glücksspielgeschäft?

21. Wie hoch war das Honorar für den Personalberater Egon Zehnder pro Kandidat?

22. Stimmt es, dass Egon Zehnder oder sonst jemand das Anforderungsprofil für den Posten des CFO für die Person des Peter Sidlo adaptierte?

23. Stimmt es, dass Peter Sidlo zuvor bei der Sigma AG, deren Eigentümer sein Schwager Markus Braun ist, beschäftigt war? 

a.    Wenn ja, worum kümmerte er sich dort und war es ihm dort möglich ausreichende Führungskompetenz aufzubauen, um für den Posten des CFO der CASAG als bestgeeigneter Kandidat hervorzugehen?

24. Der deutsche Steueranwalt Detlev Hühne taucht auch im Zusammenhang mit den "Paradise Papers" auf. Ist Ihnen bekannt, dass auch  Peter Sidlo, und sein Schwager namentlich Markus Braun, in zahlreichen Gesellschaften des Detlev Hühne als Geschäftsführer agiert (z.B. ELN Consulting GmbH)?

a.    Wenn ja, wurde Ihrerseits bereits eine Prüfung auf verdeckte Parteienfinanzierung veranlasst?

b.    Wenn ja, halten Sie dies in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei Peter Sidlo um den nunmehrigen CFO der CASAG handelt, für hinterfragenswert?

c.    Können Sie ausschließen, dass dieses Firmengeflecht unter anderem der verdeckten Parteienfinanzierung dient?

25. Wurde seitens hochrangiger Funktionäre der FPÖ oder diesen nahestehenden Personen Druck (z.B. durch Karl Ochsner und Johann Gudenus) auf Sie oder hochrangige Beamte oder Kabinettsmitarbeiter ausgeübt, um Peter Sidlo in den Vorstand der CASAG zu bringen?

26. Wurde seitens hochrangiger Funktionäre der FPÖ oder diesen nahestehenden Personen Druck (z.B. durch Karl Ochsner und Johann Gudenus) auf andere Beteiligungsinhaber der CASAG ausgeübt, um Peter Sidlo in den Vorstand der CASAG zu bringen?

27. Wurde seitens hochrangiger Funktionäre der FPÖ oder diesen nahestehenden Personen Druck (z.B. durch Karl Ochsner und Johann Gudenus) auf den Aufsichtsrat der CASAG ausgeübt, um Peter Sidlo in den Vorstand der CASAG zu bringen?

28. Wie hoch ist der aktuelle Vertrag von Peter Sidlo dotiert? (inkl. Zusatzleistungen wie Dienstauto, Boni, etc.)

29. Welche Konsequenzen planen Sie zu ergreifen wenn sich herausstellt, dass Personen in Ihrem Ministerium oder Ihrem Einflussbereich an versteckter Parteienfinanzierung beteiligt sind oder waren?

30. Halten Sie es für unvereinbar Personen, gegen welche schwerwiegende politisch und eventuell auch strafrechtlich relevante Vorwürfe vorliegen, in Führungspositionen der CASAG zu behalten? 

a.    Wenn ja, wäre es für Sie denkbar eine Art "Suspendierung auf Zeit unter Entfall der Bezüge" bis zur vollständigen Klärung dieser Vorwürfe anzuregen?

b.    Wenn nein, warum nicht? 

31. Halten Sie es für ausgeschlossen, dass die politische Zugehörigkeit der einzelnen Kandidaten ein wesentlicher Faktor für deren Bestellung war? 

32. Halten Sie es für ausgeschlossen, dass zugunsten einzelner Kandidaten bei Ihnen oder im Aufsichtsrat der CASAG politisch interveniert wurde?

33. Haben Sie Wahrnehmungen zu politischen Interventionen bezüglich der Bestellung der neuen Vorstandsmitglieder? 

34. Wussten Sie vor der Bestellung von Mag. Peter Sidlo, dass dieser Honorare in seiner Funktion als CFO der SIGMA AG und Aufsichtsrat der Wiener Privatbank AG seitens ARCA Capital (Arca Capital stand im Visier der Behörden) für den Verkauf der Wiener Privat Bank AG kassierte? Das obwohl er auch im Aufsichtsrat der Wiener Privat Bank AG saß. Diese Optik ist ebenfalls sehr erklärungswürdig und nimmt den Anschein – das Mag. Peter Sidlo bzw. die SIGMA AG über zwei Seiten Zahlungen entgegengenommen hat und mit dubiosen Geschäftsleuten Geschäfte machte.

https://www.derstandard.de/story/2000078496757/aufsicht-bremst-privatbank-verkauf-ab

https://kurier.at/politik/inland/blauer-notenbanker-in-heikler-doppel-rolle/311.887.775