3800/J XXVI. GP

Eingelangt am 27.06.2019
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Anfrage

des Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

betreffend „mögliche Gefährdung von Futter- und Nahrungsmitteln durch den Einsatz von Stahlwerkschlacke"

Begründung

Elektroofenschlacke fällt bei der Stahlerzeugung durch das Elektrolichtbogenverfahren an. Durch die mit 1. Jänner 2016 in Kraft getretene Recycling-Baustoffverordnung wurde erstmals die Verwendung dieser Schlacke - etwa im Straßenbau - mit Einschränkungen zugelassen. Mit 28. Oktober 2016 ist eine Novelle der Recycling-Baustoffverordnung in Kraft getreten, die unter anderem die Grenzwerte für Gesamtgehalte und Eluate von Schwermetallen erhöht und den Einbau von Schlacke auch unterhalb der Jahrhunderthochwassergrenze (HGW100) erlaubt hat. Dadurch wurde der Einsatz der Schlacke im Straßenbau weiter massiv erleichtert. Ein - momentan unter aufschiebender Wirkung stehendes - Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 30.8.2018 stuft offenbar Elektroofenschlacke zudem nicht mehr als Abfall, sondern als Nebenprodukt ein. Der durch diese Einstufung theoretisch mögliche Einsatz der Schlacke ginge noch weit über die derzeit geltenden und von Ihrem Ministerium erlassenen Bestimmungen der Recycling-Baustoffverordnung für den Einsatz von Stahlwerkschlacke hinaus. Nach Auskunft der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES), deren Eigentümervertreterin Sie gemeinsam mit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sind, lässt sich aber eine mögliche Gefährdung von Futter- und Nahrungsmitteln durch den Einsatz von Stahlwerkschlacke ohne eingehendere Untersuchungen nicht ausschließen. Die ebenfalls in 100 prozentigem Bundeseigentum stehende Umweltbundesamt GmbH hielt bereits 2014 fest, „dass für den Einsatz von Schlacke im Straßenbau verbindliche Qualitätsmerkmale in Form von Gesamtgehalten und Eluierbarkeiten von Schwermetallen festgelegt werden sollten. Zudem wird eine Aufzeichnungspflicht für eingesetzte Schlacke als notwendig erachtet, falls neue Daten etwa über die Toxizität von Inhaltsstoffen verfügbar werden“ (vgl. Endbericht Fachdialog LD- und EOS-Schlacke im Straßenbau, 2014). Seither wurden jedoch offenbar keine Schritte zur Umsetzung dieser Empfehlungen gesetzt.

Österreichweit wird am meisten Schlacke von der VOEST-Alpine produziert, deren größter Einzelaktionär die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Invest GmbH & Co OG (RLB OÖ) ist. Aktuell ist besonders die ÖVP in Zusammenhang mit Großspenden in den Fokus der Berichterstattung geraten. Wie nun medial bekannt wurde, stellte die RLB OÖ finanzielle Mittel für die österreichische Politik zur Verfügung. Die RLB OÖ wurde im Kontext mit einem ÖVP-Konto bei der Buchungsagentur „media select“ genannt. Für die VOEST-Alpine würde die umfassende Verwendung von Schlacke im Straßenbau einen Geldregen bedeuten. Statt Alsag-Gebühren für die Abfallentsorgung zu bezahlen, könnte der Schlackeabfall nun als „Produkt“ gewinnbringend veräußert werden. Aufsichtsratspräsident der RLB OÖ war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Recycling-Baustoffverordnung Ex-Bauernbundpräsident Jakob Auer (ÖVP). Erlassen wurde die Verordnung durch das Bundesministerium von Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft unter Andrä Rupprechter (ÖVP).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.  Welche Schritte wurden seitens Ihres Ministeriums seit 2014 unternommen, um die zitierten Empfehlungen des Umweltbundesamts aus dem Endbericht Fachdialog LD- und EOS-Schlacke im Straßenbau umzusetzen?

2.   Haben Sie eingehendere Untersuchungen zur möglichen Kontamination von Böden und in der Folge Gefährdung von Futter- und Nahrungsmitteln durch den Einsatz von Stahlwerkschlacke in Auftrag gegeben?

a)    Wenn ja, von wem werden die Untersuchungen durchgeführt und was soll konkret mit welchen Methoden untersucht werden? Wie sieht der Zeitplan dafür aus?

b)    Falls nein, warum nicht?

3.      Kann aus Sicht des Ministeriums ausgeschlossen werden, dass die RLB OÖ Einfluss zur Erwirkung der Verordnung geübt hat, die sich günstig auf ihr Aktienpaket auswirkt?

4.  Wie kann ausgeschlossen werden, dass die VOEST-Alpine über den Umweg ihres einflussreichen größten Einzelaktionärs RLB OÖ eine Verordnung erwirkt hat?

5.   Welche Maßnahmen werden Sie zur Aufklärung dieser schiefen Optik und zur Aufklärung dieses Sachverhalts setzen?

6.  Welche Schritte werden Sie einleiten, um in diesem Fall lückenlose Transparenz zu gewährleisten?