3895/J XXVI. GP

Eingelangt am 08.07.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Doris Margreiter,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend Grundsatzeinigung über den Handelsteil des EU-MERCOSUR- Assoziierungsabkommens

Die Europäische Union und der südamerikanische Wirtschaftsblock Mercosur haben sich auf ein umfassendes Abkommen zur Bildung der größten Freihandelszone der Welt verständigt. Die Verhandlungen dauern seit dem Jahr 2000 an. Nach einem Verhandlungsstopp u.a. aufgrund eines Fleischskandals in Südamerika, hat die Europäische Kommission am 1. Juli eine knapp 17-seitige „Grundsatzeinigung" über den Handelsteil des EU-MERCOSUR- Assoziierungsabkommens veröffentlicht. Die aktuellen Abkommenstexte der einzelnen Kapitel hat sie bisher noch nicht vorgelegt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.    Wann wird der vollständige Abkommenstext des Handelsteiles des EU-MERCOSUR- Assoziierungsabkommens erwartet?

2.    Für die Beurteilung der Abkommensergebnisse ist v.a. die verpflichtende Nachhaltigkeitsprüfung (Sustainability Impact Assessment) erforderlich. Sie soll eine wirtschaftliche, soziale, ökologische und menschenrechtliche Analyse des Abkommens vornehmen. Bis wann wird mit dem Endbericht des SIA (final report) gerechnet?

3.    Die Mitgliedstaaten werden dem Verhandlungsergebnis zustimmen müssen. Auf welcher Basis soll eine Prüfung durch den Nationalrat, die Bundesministerien und SozialpartnerInnen auf nationaler Ebene erfolgen?

4.    Mit welchen Konsequenzen rechnet das BMDW für die österreichische Wirtschaft?

5.    Mit welchen Konsequenzen rechnet es in Bezug auf den europäischen und österreichischen Arbeitsmarkt?

a.    In welchen Branchen wird mit zusätzlichen Arbeitsplätzen gerechnet?

b.    In welchen Branchen wird gegebenenfalls mit Arbeitsplatzverlusten gerechnet?

c.    Um welche Größenordnung handelt es sich?

6.    Was sind die nächsten Schritte und der weitere Zeitplan bis zur Realisierung des Abkommens?

7.    Welche EU-Mitgliedstaaten unterstützen das EU-MERCOSUR-Handelsabkommen nicht?

8.    Insbesondere jene Waren, die mittels dieser äußerst bedenklichen Methoden hergestellt werden, sollten unbedingt aus dem Abkommen ausgeschlossen werden (nachgewiesenermaßen z.B. beim Glyphosateinsatz, der zu schwersten Entstellungen bei Neugeborenen führt). Wird die österreichische Bundesregierung verhindern, dass diese Produkte in Österreich in Umlauf kommen?

9.    An welcher Stelle im Abkommen wird das Vorsorgeprinzip nach EU-Recht verankert sein?

10.  Wie wird sichergestellt, dass die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens umgesetzt werden?

a.    Welche Konsequenzen werden für das Ausscheiden aus diesem Abkommen vorgesehen?

11.  Wird sich die österreichische Bundesregierung für ein effektives Nachhaltigkeitskapitel, das Mindeststandards für ArbeitnehmerInnen und Umwelt und Klima festlegt und daher sanktionsbewehrt sein muss, einsetzen?

12.  Wie und wo im Abkommen wird sichergestellt, dass Dienstleistungen im öffentlichen Interesse vollständig aus dem EU-MERCOSUR-Abkommen ausgenommen werden?

13.  Wie werden die österreichischen Handlungsmöglichkeiten im Rahmen des § 25a Außenwirtschaftsgesetzes im Abkommen abgesichert?

a.    Ist dafür eine explizite österreichische Ausnahmeregelung von den Liberalisierungsverpflichtungen des Abkommens vorgesehen?

b.    Falls nein, warum nicht?

c.    Wie werden die aktuellen Diskussionen zur rechtlich effektiven Umsetzung eines sogenannten „Foreign Investment Screening“-Prüfmechanismus, dafür notwendige Handlungsspielräume im öffentlichen Interesse und zur völkerrechtlichen Absicherung derartiger Prüfmechanismen im Abkommen berücksichtigt?

14.  Wie schätzen Sie mögliche Auswirkungen auf die Einschränkung
von Handlungsspielräumen der öffentlichen Hand auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene ein?

a.    Welche Verpflichtungen sind im Abkommen für Disziplinen zur „innerstaatlicher Regulierung" vorgesehen? Wie können Handlungsspielräume der öffentlichen Hand auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene davon künftig betroffen sein?

b.    Welche Verpflichtungen sind in den Bereichen staatlicher Unternehmen, öffentliche Auftragsvergabe und Dienstleistungskonzessionen vorgesehen?

Wie können Handlungsspielräume der öffentlichen Hand auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene davon künftig betroffen sein?

c.    Welche Verpflichtungen sind für die Liberalisierung von Dienstleistungen sowie in den Bereichen öffentlicher Infrastruktur und Leistungen der Daseinsvorsorge vorgesehen? Wie können Handlungsspielräume der öffentlichen Hand auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene davon künftig betroffen sein?

d.    Welche Verpflichtungen sind für den Bereich „mode 4“ (temporäre grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen durch Arbeitskräfte) vorgesehen und wie schätzen Sie ihre arbeitsmarktbezogenen Auswirkungen ein?

e.    Ist diesbezüglich eine Quotenregelung innerhalb der EU vorgesehen und wie ist diese ggf. für Österreich ausgestaltet?

15.  Wie wird der Schutz und die Durchsetzbarkeit von arbeits- und sozialrechtlichen sowie kollektivvertraglichen Standards im Abkommen gewährleistet?

a.    Welche Maßnahmen sind im Abkommen zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Verwaltung und Justiz verankert, um die Einhaltung von geltenden Mindestlöhnen, Arbeitsbedingungen und anderen Arbeitsstandards auf der Basis von arbeits- und sozialrechtlichen sowie kollektivvertraglichen Bestimmungen zu forcieren?

16.  Wird im Abkommen eine Revisionsklausel verankert, die den Vertragspartnern die Möglichkeit einräumt, das Abkommen schadlos zu kündigen, zu adaptieren oder konkrete Verpflichtungen betreffend die Liberalisierung einer Dienstleistung auszusetzen oder rückgängig zu machen?

17.  Können durch die vorgesehene Abkommen Bestimmungen zum Datenschutz unter Druck kommen?

a.    Wie gewährleisten Sie, dass Handlungsspielräume zum Erhalt und Ausbau von Datenschutzstandards insbesondere auch im Bereich des online-Handels umfassend abgesichert sind?