4020/J XXVI. GP

Eingelangt am 22.07.2019
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Asylskandal um syrischen General

Laut einem "Kurier"-Artikel vom 23. Oktober 2018 wurde dem syrischen Geheimdienst-General Khalid H. in Österreich am 2. Dezember 2015 nach einem Verfahren von weniger als sechs Monaten Asyl gewährt. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien gegen General H. wegen des Verdachts von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord bzw. Kriegsverbrechen. Ein entsprechendes Europol-Fahndungsersuchen von Frankreich erging am 30. Mai 2018. Bevor Khalid H. in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, hatte er bereits in Frankreich um Asyl angesucht. Dort wurde sein Asylantrag allerdings aufgrund seiner widersprüchlichen Aussagen abgelehnt. Dazu kommt, dass Khalid H. nicht nach der Dublin-III-Verordnung nach Frankreich rückgeführt wurde, das als Ersteinreiseland für das Asylverfahren von Khalid H. zuständig gewesen wäre. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) führte nicht einmal ein Konsultationsverfahren mit Frankreich. Zudem ist einem Bericht des "Kurier" vom 25. Oktober 2018 zu entnehmen, dass der Akt von Khalid H. in Österreich relativ rasch als „mit BVT-Relevanz“ eingeordnet wurde und sich neben dem BVT „noch eine ausländische Institution“ einschaltete, woraufhin„seitens des BVT organisatorische Maßnahmen gesetzt“ wurden. Der Fall hat nun auch Ermittlungen gegen Mitarbeiter_innen des BFA und des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs zur Folge. Laut Staatsanwalt haben im Zuge des Asylverfahrens von General Khalid H. BVT-Beamt_innen auffällig oft Beamt_innen des BFA kontaktiert. In einer Gefährdungsprognose des BVT vom 16. November 2015, gezeichnet von Abteilungsleiter W., wurden keinerlei Bedenken gegenüber Khalid H. geäußert. Bemerkenswert ist, dass BVT-Abteilungsleiter W., der mit seiner Unterschrift die vermeintliche Ungefährlichkeit des Generals H. bestätigte, einer der Hauptzeugen in der BVT-Causa ist, der der Wirtschaft- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vom Innenministerium zugeführt wurde.

Das BVT traf darüber hinaus die Einschätzung, wonach H. in Syrien nicht „in Kriegsverbrechen oder sonstige Straftaten involviert gewesen ist“. Diese Einschätzung ist nicht nachvollziehbar, zumal sich entsprechende Hinweise bereits bei einer einfachen Internetrecherche äußerst rasch finden lassen. 

Generell ist der Fall äußerst ungewöhnlich, sowohl hinsichtlich der Geschwindigkeit der Asylgewährung als auch hinsichtlich der Rolle, die das BVT dabei offenbar spielte. Ungewöhnlich ist auch, dass offenbar kein Konsultationsverfahren angestrengt wurde, dies entgegen der üblichen österreichischen Behördenpraxis. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie kam es dazu, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) überhaupt mit dem Fall des General H. befasst wurde?

a.    Gab es hierzu eine Anfrage des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) an das BVT?

                                  i.    In welcher Form und wann erfolgte diese Anfrage?

b.    Wurde das BVT aus eigenem in dieser Causa aktiv?

                                  i.    Warum wusste das BVT vom anhängigen Asylverfahren?

                                ii.    Warum sah das BVT hier eine Notwendigkeit tätig zu werden? 

                               iii.    Inwiefern wurde das BVT aktiv?                                    

2.    Ist es üblich, dass das BVT in Asylverfahren involviert ist und was ist dabei typischerweise dessen Aufgabe?

3.    Wie häufig war das BVT in Asylverfahren involviert (Auflistung der Gesamtzahlen jeweils der letzten 5 Jahre)?

a.    Inwiefern wurde das BVT in diesen Fällen tätig?

4.    Welche Schritte wurden im konkreten Fall unternommen, um Kontakt mit den französischen Behörden aufzunehmen und insbesondere die dort aufliegenden Unterlagen/Informationen zu erhalten (bitte um genaue Auflistung der jeweiligen Schritte nach Datum und Inhalt)?

5.    Wurde vom BFA angenommen, dass für H. in Frankreich eine Gefahr für Leib und Leben besteht?

a.    Wenn ja: aus welchen Gründen wurde dies angenommen?

                                  i.    Welche Erhebungen führte das BFA in diesem Zusammenhang durch?

b.    Wenn nein: warum wurde dann trotz Zuständigkeit des Ersteinreiselandes Frankreich kein Konsultationsverfahren nach Dublin-III eingeleitet?                         

6.    Welche Schritte wurden gesetzt nachdem bekannt wurde, dass H. mit seinem Konventionspass im Jänner 2017 nach Moskau flog, dies vor dem Hintergrund, dass Russland der engste Verbündete des Assad-Regimes in Syrien ist, also jenem Land, aus dem H. ursprünglich flüchtete? 

7.    Welche Informationen erhielt das BVT, bevor es zum Schluss kam, dass der General H. in Syrien nicht „in Kriegsverbrechen oder sonstige Straftaten involviert gewesen ist“?

8.    Welche Analysen/Recherchen führte das BVT durch, bevor es zum Schluss kam, dass der General H. in Syrien nicht „in Kriegsverbrechen oder sonstige Straftaten involviert gewesen ist“?

9.    Wie viele Personen waren mit der Erstellung dieser Analyse beauftragt?

10. Wie lange dauerte diese Analyse/Recherche?

11. Wurden dabei auch öffentlich zugängliche Plattformen wie „google“ oder „youtube“ durchsucht?

a.    Wenn ja: welche Überlegungen des BVT/zusätzlich vorliegende Quellen führten trotz gegenteiliger Indizien in öffentlich zugänglichen Quellen zur Erkenntnis des BVT, wonach H. in Syrien nicht „in Kriegsverbrechen oder sonstige Straftaten involviert gewesen ist“?

12. Wann fanden die Einvernahmen von H. im Rahmen seines Asylverfahrens statt?

13. Waren BeamtInnen des BVT im Rahmen der Befragung(en) von H. im Asylverfahren anwesend?

a.    Wenn ja: auf wessen Wunsch geschah dies und zu welchem Zwecke?

14. Gab es seitens des BVT irgendeine Form der Intervention, sei es auch nur das Äußern eines informellen Interesses, dahingehend, dass H. Asyl gewährt wird?

a.    Wenn ja: wie wurde dieser Wunsch begründet?

15. Wurde diesem Wunsch seitens des BFA nachgekommen?

16. Gab es seitens des BVT irgendeine Form der Intervention, sei es auch nur das Äußern eines informellen Interesses, dahingehend, dass das Verfahren beschleunigt geführt wird?

a.    Wenn ja: wie wurde dieser Wunsch begründet?

b.    Wurde diesem Wunsch seitens des BFA nachgekommen?

17. Wurde H. bei der Ausreise nach Frankreich und der Einreise nach Österreich in irgendeiner Art und Weise durch österreichische Behörden unterstützt?

a.    Wenn ja: auf welche Art und Weise und durch welche Behörde?

18. Inwiefern war das BVT abseits der Gefährdungsprognose in dem Fall involviert?

19. Ist H. nach Ihrem Kenntnisstand noch in Österreich aufhältig?

a.    Wenn nein: seit wann ist H. nach ihrem Wissenstand nicht mehr in Österreich aufhältig?

20. Wurde nach Ihrem Wissenstand H. nach Einleitung des Strafverfahrens bzw. nach dessen medialen Bekanntwerden der Konventionspass in Hinblick auf die objektiv indizierte Fluchtgefahr abgenommen?

a.    Wenn ja, wann?

21. Wurde dies seitens des BM.I gegenüber der Staatsanwaltschaft angeregt?     

22. Wenn ja: wann und mit welcher Konsequenz?

a.    Wenn nein: warum nicht? 

23. Wann erfuhren Sie das erste Mal von diesem Fall?

24. Welche Maßnahmen ergriffen bzw. Weisungen gaben Sie in weiterer Folge an wen?

25. Wann wurden diese Maßnahmen bzw. diese Weisungen umgesetzt und von wem?