4023/J XXVI. GP

Eingelangt am 23.07.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Jenewein

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Schredder-Affäre und Ibiza-Video

 

In den vergangenen Tagen beschäftigte die sogenannte „Schredder-Affäre“ rund um einen Mitarbeiter von Alt-Bundeskanzler Sebastian Kurz die Öffentlichkeit, wobei vor allem die Frage, ob diese Affäre mit dem sogenannten „Ibiza-Video“ einen Zusammenhang aufweist, thematisiert wurde.

 

Österreich berichtete am 21. Juli 2019:

„Die neue Ibiza-Akte: Geheimdienst schickte Mails an VP - und beschattete Strache?

Immer stärker verdächtigen FPÖ, aber auch SPÖ und Pilz-Partei die ÖVP, hinter den Kulissen schon frühzeitig über Entstehen und Inhalt des Ibiza-Videos von HC Strache Bescheid gewusst zu haben.

 

Vor allem die FPÖ und Kickl suchen die Spuren beim umstrittenen BVT - und bei Verbindungen, die es zwischen BVT und ÖVP gegeben haben soll.

Tatsächlich gibt es eine Vielzahl von Gerüchten, wie das "Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung" (sprich: unser Geheimdienst) in das Ibiza-Video involviert sein könnte.

 

Gerücht 1: Aufträge an Hintermänner

Unbestritten ist, dass die Produzenten des Ibiza-Videos, eine dubiose Security-Firma rund um Drogendealer H. und den Wiener Anwalt M., auf ihrer eigenen Homepage "BKA und BVT als renommierteste Kunden" angegeben haben. Tatsächlich haben die Security-Leute für das BVT eine Reihe von nicht legalen "Undercover-Operationen" bei Drogendealern und Schleppern durchgeführt: illegale Abhöraktionen, Spitzel-Jobs. Für diese Dienste sind über Jahre mehr als 7 Millionen (!) Euro vom BVT auf Liechtensteiner Konten überwiesen worden -die ÖVP-Innenminister müssen von dieser Connection gewusst haben.

 

Gerücht 2: Ibiza-Beratung

Es gibt das Gerücht, dass H. und seine Securitys ihre Ibiza-Aktion mit dem BVT abgesprochen haben -und vom BVT dabei "geheimdienstlich" beraten wurden.

 

Gerücht 3: BVT verwanzte Villa

Dabei soll das BVT bei der Verwanzung der Villa geholfen und die vorhandenen Video-Anlagen überprüft und onlinetauglich gemacht haben.

 

Gerücht 4: BVT mietete Villa

Immer heißer wird das Gerücht, dass das BVT sogar die Villa in Ibiza unter Decknamen gemietet habe, um so die Spuren zu verwischen.

 

Gerücht 5: BVT beschattete Strache

Von FPÖ-Seite wird behauptet, drei BVT-Mitarbeiter seien in derselben Maschine wie Strache nach Ibiza geflogen und hätten ihn beschattet.

Gerücht 6: BVT hörte mit

Ziemlich logisch wäre deshalb der Verdacht, den Ibiza-Aufdecker Schmidt hat: dass nämlich das österreichische BVT das gesamte Ibiza-Video via Internet mitverfolgt und mitkopiert hätte.

 

Gerücht 7: BVT informierte ÖVP

 

Der Polit-Aufdecker Peter Pilz hat Mails, in denen just nach der Ibiza-Affäre ein führender BVT-Mitarbeiter einem Top-Mann in der ÖVP-Zentrale von "neuen Filmchen" berichtet, die er dem ÖVP-Mann gerne zeigen und übergeben würde.

Frage: Was wusste Kurz? Umso brisanter deshalb die neue Spur der Ermittlungsbehörden zu einem ÖVP-Pressemitarbeiter, der wenige Tage vor dem Räumen des Kanzleramts geheime Mails bei einer privaten Firma "verschreddern" ließ. Waren da auch Vorab-Informationen zum Ibiza-Video dabei?“

 

 

Dem Kurier war am 21. Juli 2019 zu entnehmen:

„Operation Reißwolf: Kurz-Mitarbeiter ließ inkognito Daten aus Kanzleramt vernichten

Wie ein Kurz-Mitarbeiter Datenträger aus dem Kanzleramt schreddern ließ. Warum er deshalb ins Visier der „Soko Ibiza“ geriet.

 

Wenn ein Mitarbeiter des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz sechs Tage nach der Ibiza-Affäre einen Datenträger aus dem Bundeskanzleramt zu einer Privatfirma bringt und dort unter falschem Namen vernichten lässt, dann ist die Optik ziemlich schief.

Genau auf diese Weise stolperte ein Mitarbeiter des Ex-Kanzlers ins Visier der „Soko Ibiza“. Diese geht seit zwei Monaten der Entstehung des Ibiza-Videos und dem Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung auf den Grund.

 

Hausdurchsuchung

Der besagte Mitarbeiter – nennen wir ihn Max Müller (Name der Redaktion bekannt) – wurde am Donnerstag, den 18. Juli von Polizisten in Zivil an seinem neuen Arbeitsplatz, der ÖVP-Zentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse, abgeholt. Die Polizei fuhr mit ihm zu seiner Wohnung und ersuchte um eine „freiwillige Begehung“. Die Beamten durchsuchten die Räume gründlich.

Tätig ist die „Soko Ibiza“ im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Graz. Max Müller wird vorgeworfen, Beweismittel unterschlagen zu haben.

Auslöser der Affäre ist eigentlich eine Betrugsanzeige – und die Geschichte, die Müller den Kriminalbeamten erzählte, klingt kurios.

Wahlkampfmunition

Wir schreiben Donnerstag, den 23. Mai. In drei Tagen ist die EU-Wahl, am Tag danach findet die Sondersitzung des Nationalrats statt, bei der – so viel ist klar – Sebastian Kurz abgewählt wird.

Im Bundeskanzleramt bereitet man sich an diesem Donnerstag auf den Auszug vor. Umzugskisten werden gepackt, Diensthandys auf Werkseinstellungen gesetzt und private eMails gelöscht.

Die Stimmung ist angespannt: Ein Wahlkampf steht bevor – und die Kurz-Entourage fürchtet, ausspioniert zu werden. Schließlich sei das Kanzleramt jahrelang von der SPÖ geführt worden, SPÖ-nahe Beamte könnten in den türkisen Hinterlassenschaften nach Wahlkampfmunition suchen.

Das sind die Beweggründe, die Müller gegenüber der Polizei für sein fragwürdiges Unterfangen anführt. Ein Vorgehen, das von seinem Vorgesetzten und dem Leiter der IT-Abteilung im Kanzleramt abgesegnet worden sein soll. Aber zu Müllers Aktion später mehr.

Bei Regierungswechsel ist es so geregelt, dass Akten und offizieller Schriftverkehr ins Staatsarchiv wandern. Auch die Aktenbestände der Kabinette werden von den Festplatten geladen, kopiert und dem Staatsarchiv übermittelt. Alles darüber hinaus darf vernichtet werden.

In diesem Fall kommt die IT-Abteilung, baut die Datenträger aus, versperrt sie in einer Kassette, bis sie offiziell und vor Zeugen vernichtet werden. Sensible Daten lässt man nicht herumliegen, sagen Kenner des Kanzleramts.

Auf Nummer sicher

Darauf vertraute die ÖVP aber offenbar nicht: Speziell der Drucker-Server bereitete ihr Sorge.

Sie glaubt nämlich, dass ihr schon 2017 vom Drucker-Server (damals im Außenministerium) Daten geklaut wurden – und zwar das Kurz-Strategiepapier „Projekt Ballhausplatz“ zur Übernahme von ÖVP und Kanzleramt. Das Material wurde im Nationalratswahlkampf 2017 gegen die Türkisen verwendet.

Auf einem Drucker-Server ist alles gespeichert, was in einem gewissen Zeitraum ausgedruckt wurde – darunter können sich Mails mit sensiblen Inhalten befinden, ebenso Protokolle, Flugtickets und Privates.

Also: Müller schnappte sich kurzerhand die Drucker-Festplatte, fuhr damit zur Firma Reisswolf. Dort stellte er sich mit einem falschen Namen vor. Offenbar wollte er damit einen Bezug zum Bundeskanzleramt verbergen.

Drei Mal ließ Müller den Datenträger durch den Schredder jagen – und er schaute persönlich dabei zu. Die Rechnung – dem Vernehmen nach handelte es sich um weniger als 100 Euro – ließ er unbezahlt.

Verdächtig

Damit sind wir wieder beim eigentlichen Auslöser der Affäre: der Betrugsanzeige. Auf die Mahnungen der Firma Reisswolf reagierte Müller nicht. Diese dürfte dann dahintergekommen sein, dass ihr Kunde unter falschem Namen aufgetreten war – und schaltete in weiterer Folge die Polizei ein.

Die Handynummer, die Müller angegeben hatte, führte zu seinem richtigen Namen – und zu seinem Arbeitsplatz, dem Kanzleramt. Wegen dieser ungewöhnlichen Umstände der Schredderaktion schrillten bei der „Soko Ibiza“ die Alarmglocken. Hat das etwas mit der Ibiza-Causa zu tun?, wollten die Polizisten von Müller wissen. Er verneinte.

Für die Polizei ist das übrigens die erste Ermittlungsaktion gegen die ÖVP – in der Parteizentrale gab es bisher weder Beschlagnahmungen noch Befragungen.“

Und abermals berichtete Österreich am 22.7.2019:

„BVT-Insider fordert: "Handys der Beamten überprüfen"

Ein Ex-Geheimdienstmann analysiert für ÖSTERREICH die Rolle  des BVT in der Ibiza-Affäre.

Wien/Ibiza. Konkret heißt es, drei Mitarbeiter des BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung) seien im Juli 2017 in jener Maschine gesessen, mit der Strache nach Ibiza flog.

Der Ex-Geheimdienstmann zu ÖSTERREICH:

Identität. „Die Männer sind sicher unter Echtnamen gereist. Hätten sie falsche Papiere gehabt, wäre das BKA involviert gewesen – zu  viele Mitwisser.“

Handys. „Sie hatten registrierte Diensthandys. Noch heute könnte ein Bewegungsprofil erstellt werden.“

Kontakte. „Mit wem in Wien haben sie telefoniert? Die Handydaten könnten Aufschluss geben.“

Hintermänner. „Der Anwalt des Auftraggebers des Ibiza-Videos ist auch Advokat jener Mitarbeiter, gegen die im BVT-Skandal ermittelt wurde.““

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Welchen Erkenntnisstand haben Sie in Hinblick auf die sogenannte „Schredder- Affäre“?

2.    Sind Ihnen Zusammenhänge mit der sogenannten „Ibiza-Affäre“ bekannt?

3.    Wenn ja, welche?

4.    Wenn nein, wird nach solchen Zusammenhängen ermittelt?

5.    Ist Ihnen bekannt, welche (drei) Beamte im Juli 2017 in derselben Maschine nach Ibiza wie Heinz Christian Strache saßen?

6.    Wenn nicht, welche Maßnahmen wurden zur Identifizierung dieser Personen unternommen?

7.    Wurden deren Handydaten analysiert?

8.    Wenn nein, warum nicht?