4031/J XXVI. GP

Eingelangt am 23.07.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

betreffend fehlendes WAM-Szenario („with additional measures“) und Treibhausgasziele des Umweltministeriums

BEGRÜNDUNG

Österreich fällt im Klimaschutz im internationalen Vergleich immer weiter zurück.

Zum einen reichen die Ziele, die sich Österreich steckt, nachweislich nicht aus, um den österreichischen Anteil zur Eindämmung der Klimaerhitzung auf möglichst unter 2 Grad Celsius zu leisten. Zum anderen genügen aber auch die angekündigten Maßnahmen bei weitem nicht, um diese ohnehin schon zu schwachen Ziele zu erreichen. Österreich droht damit nicht nur eine internationale Blamage im Klimaschutz und Milliarden an Straf- und Zertifikatzahlungen, viel schlimmer, es wird zum Unterlassungstäter und somit mitschuldig an der Destabilisierung des Weltklimas mit all den schier unvorstellbaren, vor allem aber unbeherrschbaren Dauerfolgen für die Weltgemeinschaft.

Mit der Destabilisierung des Klimasystems drohen gravierende soziale Spannungen, Nahrungsmittelknappheit, ein Artensterben in nicht abschätzbarem Ausmaß und ein ökologisches sowie ökonomisches Desaster. Wenn der CO2-Ausstoß so weitergeht wie bisher, wird es etwa im Süden Österreichs wochenlange Hitzewellen mit 40 bis 50 Grad geben - das bedeutet eine völlige Versteppung des Landes und ein Ende jeglicher Landwirtschaft. Selbst wenn es uns gelingt, die globalen Durchschnitts­temperaturen auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, werden in Österreich die Durchschnittstemperaturen im Sommer zwischen 6 und 8 Grad steigen. Dieser günstigste Fall in der Entwicklung des Weltklimas ist zwar immer noch schlimm, aber mit dem Leben noch vereinbar. Damit die Situation aber beherrschbar bleibt, müssen nun drastische Maßnahmen ergriffen werden, und das rasch.

In naher Zukunft schon wird der österreichische Bundeshaushalt als erste große Konsequenz des Nichthandelns in der Vergangenheit stark belastet werden. In der Anfragebeantwortung 2993/AB hat die ehemalige Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger erstmalig eingestanden, dass Österreich ohne zusätzliche Maßnahmen nach Schätzungen ihres Ministeriums „Kosten in Höhe von 1,3 bis zu 6,6 Milliarden Euro für die gesamte Periode bis 2030 für den Ankauf von Zertifikaten anfallen könnten“.[1] Damit werden die Versäumnisse im Klimaschutz nicht nur zur ökologischen Katastrophe, sondern sind auch für zukünftige Budgetplanungen von immenser Relevanz.

Ex-Ministerin Elisabeth Köstinger hat immer wieder darauf verwiesen, dass sich diese skizzierten Prognosen auf das sogenannte „WEM-Szenario“ (with existing measures) - also wenn keine weiteren Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden - beziehen. Offen bleibt allerdings die Einschätzung des Ministeriums, wie sich diese Prognose verändert, wenn weitere Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen werden. Ein WAM-Szenario (wie additional measures) kann helfen, einzelne Maßnahmen auf ihre mittel- und langfristige Wirksamkeit hin zu beleuchten. Eine verantwortungsvolle Klima- aber auch Budgetpolitik muss auf einem fundierten und gut begründeten WAM-Szenario basieren.

Es braucht zudem einen Wandel in allen Gesellschaftsbereichen. Nicht verständlich ist daher, wieso in der Klima- und Energiestrategie der Ex-Regierung für ganz zentrale und wesentliche Bereiche keine Ziele formuliert wurden. Für sämtliche Bereiche wie etwa Energie, Verkehr, Gebäude, etc. gibt sich das Ministerium Ziele, allerdings nicht für die Bereiche, die das Nachhaltigkeitsministerium selbst betreffen: Landwirtschaft, fluorierte Treibhausgase, Abfallwirtschaft. Also gerade jene Bereiche, auf die das Ministerium selbst auch Einfluss bei der Zielerreichung nehmen könnte. Auch keine Ziele gibt es für den Nicht-ETS-Sektor der Energie und Industrie - das wirft viele Fragen auf.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

 

1.  Warum wurde noch kein fertiges WAM-Szenario veröffentlicht?

2.   Wann wird ein fertiges WAM-Szenario veröffentlicht?

3.   Welche Teile eines WAM-Szenarios existieren bereits? (Bitte um genaue Auflistung der einzelnen Bereiche mit den dazugehörigen Maßnahmen samt Angabe des Berechnungsmodells, wie die Ergebnisse zustande gekommen sind)

4.   Wieso wurden in der IKES keine Ziele für den Bereich Landwirtschaft formuliert?

5.   Wieso wurden in der IKES keine Ziele für den Bereich fluorierte Treibhausgase formuliert?

6.   Wieso wurden in der IKES keine Ziele für den Bereich Abfallwirtschaft formuliert?

7.   Wieso wurden in der IKES keine Ziele für den Nicht-ETS-Sektor der Energie und Industrie formuliert?

8.   Wie lautet Ihr Standpunkt zu möglichen Zielen und Maßnahmen in den in den Fragen 4 bis 7 erwähnten Bereichen?

9.    Wie kann eine Klimastrategie funktionieren, die darauf beruht, Ziele zu definieren, auf deren Erreichen das Nachhaltigkeitsministerium selbst keinen maßgeblichen Einfluss nehmen kann?

10. Welche umweltschädlichen Subventionen finden sich zurzeit bereits auf der Liste, die im Juni 2019 veröffentlicht werden hätte sollen?

a.    Welche umweltschädlichen Subventionen in welcher Höhe, aufgelistet nach den jeweiligen Bereichen in Ihrem Ministerium, haben Sie dem BMF eingemeldet?

b.    Wann haben Sie diese eingemeldet?

11. Welche umweltschädlichen Subventionen stehen zur Diskussion, noch auf die Liste zu kommen?

12. Wann wird die Liste an umweltschädlichen Subventionen veröffentlicht?

13. Stehen Sie diesbezüglich im Austausch mit den anderen Ministerien, allen voran dem BMF? (Bitte um genaue Bekanntgabe des aktuellen Entwicklungsstandes.)

14. Was führte zur Verzögerung bei der Veröffentlichung der Liste umweltschädlicher Subventionen und welche Ministerien haben Ihrem Wissensstand nach ihre eigenen Listen verspätet eingemeldet?


 



[1]    https://www.parlament.gv.at/PAKTA/HG/XXVI/AB/AB_02993/imfname_750330.pdf.