4032/J XXVI. GP

Eingelangt am 23.07.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

an den Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

betreffend Volkswirtschaftliche Auswirkungen durch den Klimawandel

BEGRÜNDUNG

Der Band 2 des Österreichischen Sachstandsberichts Klimawandel 2014 erläutert dessen unmittelbare Auswirkungen auf unser Heimatland. Es handelt sich hierbei um einen Bericht des Austrian Panels of Climate Change (APCC).[1] Im von vier Parteien (JETZT, NEOS, SPÖ, ÖVP) eingebrachten Entschließungsantrag zum Climate Emergency[2] wird die Bundesregierung aufgefordert, die Berichte des APCC als Grundlage für vorzubereitende Maßnahmen heranzuziehen. Sie wird außerdem aufgefordert, bei zukünftiger Politik stets auch die Auswirkungen auf das Klima und den Klimaschutz zu schätzen und zu berücksichtigen. Der Österreichische Sachstandsbericht Klimawandel 2014 führt hierzu sowohl bisherige Entwicklungen als auch zu erwartende Veränderungen an.

So wird etwa eine starke Abnahme der Schneebedeckung prognostiziert, in mittleren Höhenstufen (1000-2000 m) durchschnittlich um ca. 30 Tage, im Süden und Südosten sogar um ca. 70 Tage. Die österreichischen Gletscher stabilisieren sich gegen Ende des Jahrhunderts im besten prognostizierten Fall bei 20% ihres gegenwärtigen Volumens, im schlimmsten Fall kommt es zum gänzlichen Abschmelzen. Auch eine Degradation der Permafrostböden ist zu beobachten. Der Abfluss aus den Blockgletschern weist gegenwärtig schon hohe Schwermetallbelastungen auf. Die Hochwasser verschieben sich nicht zuletzt aufgrund des Abflusses vom Sommer in den Winter, wobei der Abfluss mit den rückgängigen Gletschern über die Zeit auch wieder sinken wird. Allgemein ist eher eine wetterbedingte Zunahme von Hochwassern zu erwarten, wobei sich im südöstlichen Flachland auch die Niederwassersituation verschärfen wird. Einige Regionen weisen schon jetzt eine nur knapp positive Wasserbilanz über das Jahr hinweg aus. Auch wenn die verstärkten Niederschläge und dadurch entstehenden Hochwasser hier teilweise entgegenwirken, wird für die zweite Jahrhunderthälfte in allen Regionen ein Rückgang der Grundwasserneubildung prognostiziert. Neben einem Absinken des Grundwasserspiegels ist aufgrund der Temperaturerhöhungen in oberflächennahen Grundwasserkörpern und entsprechend anaeroben Bedingungen mit relevanten Qualitätsveränderungen in der Trinkwasser­versorgung zu rechnen. Zugleich ist wegen zunehmender Verdunstung gerade in der Landwirtschaft ein erhöhter Wasserbedarf zu erwarten.

Durch den Temperaturanstieg besteht die Gefahr einer verstärkten Ausbreitung mikrobieller Krankheitserreger. Auch bei verschiedenen für Land- und Forstwirtschaft schädlichen Pilzarten werden entsprechende Veränderungen in der Verbreitung beobachtet und weitere erwartet. Die Forstwirtschaft ist überdies ohnehin damit konfrontiert, dass unterschiedliche Baumarten den zukünftigen klimatischen Bedingungen am gegenwärtigen Standort nicht ausreichend gewachsen sind. In der Landwirtschaft stehen bei einigen Kulturen vermehrt Hitzestress und Trockenschäden bevor, auch die Gefahr des Schädlingsbefalls nimmt mit den wärmeren Temperaturen zu. Durch die zeitliche Vorverschiebung der sommerlichen Arbeitsspitzen in der Landwirtschaft können sich schlechtere Bedingungen für die Feldarbeiten einstellen. Hinzu kommen die Risiken durch vermehrte Wetterextreme - also Sturm-, Frost- und Hagelschäden sowie durch Starkniederschlag verursachte Bodenerosion.

Auch in der Tierwelt liegen ökonomisch relevante Veränderungen vor. So ist durch die Erhöhung der Gewässertemperaturen etwa mit einem Rückgang von Forellen- und Äschengewässern und damit im entsprechenden Bestand zu rechnen. Mehr als die Hälfte der heimischen Fischarten scheint bereits in den Roten Listen auf. Bei anderen Nutztieren ist die bereits erwähnte Verbreitung von Infektionserregern und Krankheitsüberträgern eine große Gefahr.

Auch einzelne Massebewegungen werden vom Klimawandel begünstigt. So ist mit einer zunehmenden Magnitude bei Muren zu rechnen, ebenso mit häufigeren Felsstürzen in Bereichen bisherigen Permafrosts. Hinzu kommen vor allem in tieferen Lagen häufigere Nass- und Gleitschneelawinen. Im Sommer könnte die aktuelle Erwärmung im Gegenzug die Feueranfälligkeit von Wäldern erheblich steigern.

Auch die direkten Auswirkungen auf den Menschen sind massiv. Hitzewellen haben vermehrte Herzkreislaufversagen zur Folge. Der Anstieg der mittleren Jahrestemperatur führt bei vielen Pflanzen zu einer verlängerten Vegetationsperiode, ebenso bei manchen Tieren zu verlängerten Aktivitäts- und Reproduktionszeiten, was für allergische Personen auch die Belastungszeit verlängern und verstärken kann. Die ansteigenden Temperaturen reduzieren überdies die Arbeitsproduktivität oder machen zur Vermeidung entsprechende Kühlanlagen notwendig. In manchen Gewerben sowie im Städtetourismus gibt es erschwerend auch nur begrenzte Anpassungsmöglichkeiten.

Die Aufzählung ist keinesfalls abschließend. Der Umfang des Sachstandsberichts 2014 (1096 Seiten) lässt vermuten, wie viel mehr es rund um die Folgen des Klimawandels in Österreich zu sagen gibt und teilweise auch noch zu erforschen gilt. Dennoch sollte der Aufriss der Problemstellung genügen, um den Stand der Einschätzung und Berücksichtigung seitens der Bundesregierung zu erörtern.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Welcher volkswirtschaftliche Mehraufwand und/oder Minderertrag durch die laut Sachstandsbericht bereits vorliegende und zu erwartende Abnahme der Schneebedeckung in den Bergen sowie Hitzekonzentrationen im urbanen Raum wurde in der langfristigen Budgetprognose des Bundes (gem § 15 Abs 2 BHG 2013) vom April 2016 berücksichtigt bzw wird in der zu erstellenden neuen Prognose berücksichtigt werden?

a. Welche Mehrkosten und/oder Mindererlöse werden aufgrund häufigerer künstlicher Beschneiung und weniger winterlicher Bedingungen im Speziellen im Wintertourismus erwartet?

 

b.  Welche Mehrkosten und/oder Mindererlöse werden aufgrund unwirtlicher Umstände in Städten im Speziellen im Sommertourismus erwartet?

c.  Welche Mehrausgaben und/oder Mindereinnahmen werden darauf basierend für die öffentliche Hand veranschlagt?

2.     Welcher volkswirtschaftliche Mehraufwand und/oder Minderertrag durch die laut Sachstandbericht bereits vorliegenden und noch zu erwartenden Gletscherabflüsse und Veränderungen der Wasserbilanzen wurde in der langfristigen Budgetprognose des Bundes (gem § 15 Abs 2 BHG 2013) vom April 2016 berücksichtigt bzw wird in der zu erstellenden neuen Prognose berücksichtigt werden?

a. Welche Mehrkosten werden aufgrund von Schwankungen in Abflüssen, Hoch- und Niederwassern im Speziellen in der Landwirtschaft erwartet?

b. Welche Mehrkosten werden aufgrund erhöhter Schwermetallbelastungen im Speziellen in der Wasserwirtschaft erwartet?

c. Welche Mehrkosten werden aufgrund von Qualitätsverlusten in oberflächennahen Grundwasserkörpern im Speziellen in der Wasserwirtschaft erwartet?

d. Welche Mehrkosten werden aufgrund geringerer Grundwasserneubildung im Speziellen in der Landwirtschaft erwartet?

e. Welche Mehrkosten werden aufgrund des höheren Bewässerungsbedarfs im Speziellen in der Landwirtschaft erwartet?

f.  Welche Mehrausgaben und/oder Mindereinnahmen werden darauf basierend für die öffentliche Hand veranschlagt?

3.     Welcher volkswirtschaftliche Mehraufwand und/oder Minderertrag durch die laut Sachstandbericht bereits vorliegenden und noch zu erwartenden Rahmenbedingungen für Pflanzen, Mikroorganismen und Nutztiere wurde in der langfristigen Budgetprognose des Bundes (gem § 15 Abs 2 BHG 2013) vom April 2016 berücksichtigt bzw wird in der zu erstellenden neuen Prognose berücksichtigt werden?

a.  Welche Mehrkosten werden aufgrund verstärkter Ausbreitung von Infektionserregern und Krankheitsüberträgern im Speziellen im Gesundheitssystem erwartet?

b.  Welche Mehrkosten werden aufgrund der stärkeren Verbreitung von Infektionserregern und Krankheitsüberträgern im Speziellen in der Landwirtschaft erwartet?

c. Welche Mehrkosten werden aufgrund der stärkeren Verbreitung von schädlichen Pilzarten im Speziellen in der Land- und Forstwirtschaft erwartet?

d.  Welche Mehrkosten werden aufgrund vermehrter Trockenstressperioden, veränderter Umgebungsbedingungen und dadurch notwendiger Umpflanzungen im Speziellen in der Forstwirtschaft erwartet?

e.  Welche Mehrkosten oder Mindererlöse werden aufgrund vermehrter Trockenschäden im Speziellen in der Landwirtschaft erwartet?

f.  Welche Mehrkosten werden aufgrund verschärfter Wetterbedingungen im Speziellen im Erntebetrieb der Landwirtschaft erwartet?

g.  Welche Mehrkosten oder Mindereinnahmen werden aufgrund der Auswirkungen von Sturm- und Hagelschäden im Speziellen in der Landwirtschaft erwartet?

h.  Welche Mindererlöse werden aufgrund des Rückgangs bestimmter Fischbestände im Speziellen in der Fischerei und der Gastronomie erwartet?

i.  Welche Mehrausgaben und/oder Mindereinnahmen werden darauf basierend für die öffentliche Hand veranschlagt?

4.     Welcher volkswirtschaftliche Mehraufwand und/oder Minderertrag durch die laut Sachstandbericht bereits vorliegenden und noch zu erwartenden Massebewegungen wurde in der langfristigen Budgetprognose des Bundes (gem § 15 Abs 2 BHG 2013) vom April 2016 berücksichtigt bzw wird in der zu erstellenden neuen Prognose berücksichtigt werden?

a. Welche Mehrkosten werden aufgrund stärkerer Ausmaße von Murenabgängen erwartet?

b. Welche Mehrkosten werden aufgrund häufigerer Felsstürze im Bereich bisherigen Permafrosts erwartet?

c.  Welche Mehrkosten werden aufgrund erhöhter Lawinenaktivität erwartet?

d.  Welche Mehrkosten werden aufgrund verstärkter Waldbrandgefahr erwartet?

e.  Welche Mehrausgaben und/oder Mindereinnahmen werden darauf basierend für die öffentliche Hand veranschlagt?

5.     Welcher volkswirtschaftliche Mehraufwand und/oder Minderertrag durch die laut Sachstandbericht bereits vorliegenden und noch zu erwartenden direkten Auswirkungen des Klimawandels auf den Menschen wurde in der langfristigen Budgetprognose des Bundes (gem §15 Abs 2 BHG 2013) vom April 2016 berücksichtigt bzw wird in der zu erstellenden neuen Prognose berücksichtigt werden?

a.  Welche Mehrkosten werden aufgrund vermehrter Herzkreislaufversagen im Speziellen im Gesundheitssystem erwartet?

b. Welche Mehrkosten werden aufgrund verlängerter Allergiezeiten im Speziellen im Gesundheitssystem erwartet?

             c.  Welche Mehrkosten und/oder Mindererlöse werden aufgrund verringerter Produktivität oder zur Vermeidung notwendiger Kühlung in allen wirtschaftlichen Sektoren erwartet?

             d.  Welche Mehrausgaben und/oder Mindereinnahmen werden darauf basierend für die öffentliche Hand veranschlagt?


 



[1]  Link: https://ccca.ac.at/wissenstransfer/apcc/apcc-aar14.

[2] Link: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/A/A_00935/index.shtml.