4056/J XXVI. GP

Eingelangt am 25.07.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Stephanie Cox, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung

betreffend „Deutschförderklassen und MIKA-D Testungen - Folgeanfrage“

 

BEGRÜNDUNG

Die Absicht, die Deutschförderung für Schüler*innen mit nichtdeutscher Muttersprache zu verbessern, ist zu begrüßen. Viele Lehrkräfte und Direktor*innen haben sich hier bereits vieler Maßnahmen bedient, um ebenso nach bestem Wissen und Gewissen die Deutschkenntnisse der Schüler*innen zu verbessern. Mit den Sprachstartgruppen gab es auch bereits die Möglichkeit, bis zu elf Wochenstunden und für maximal zwei Jahre einen Deutschförderkurs außerhalb der Regelklasse zu besuchen. Dieses System wurde von vielen Lehrkräften geschätzt, aber nie einer Evaluation unterzogen, denn diese wurde eingestellt.

Expert*innen der Linguistik bestätigen hier: „Der Erwerb der Umgebungs- und Mehrheitssprache als Zweitsprache verläuft unter völlig anderen Bedingungen als das Erlernen von in der Schule unterrichteten Fremdsprachen wie etwa Französisch oder Englisch.“ Die Wissenschaft sowie internationale Studien sprechen sich daher deutlich für den „integrativen Unterricht in der Bildungssprache“ aus, wobei auch die additive Sprachförderung als positiv erachtet wird. Genau diese gab es mit den Sprachstartgruppen, wo die Schüler*innen großteils integrativ in der Regelklasse unterrichtet wurden. Diese Möglichkeit wurde nun - entgegen den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Sprachforschung - mit dem segregierenden Modell der Deutschförderklassen abgeschafft.[1]

Des weiteren konnten außerordentliche Schüler*innen, die bisher die Regelklasse sowie zusätzliche Deutschkurse besucht haben, weiter aufsteigen - ohne Jahrgangsverlust. Mit der neuen Regelung der Deutschförderklassen wurde dieser Automatismus aufgehoben, weshalb ein Jahrgangsverlust von bis zu zwei Schuljahren zu befürchten ist.

Das wird jedenfalls zwangsweise dazu führen, dass weniger Schüler*innen mit nichtdeutscher Muttersprache aufsteigen können als bisher und viele von ihnen Jahrgangsverluste von bis zu zwei Jahren in Kauf nehmen müssen.

Zum einen werden Mittel für die Deutschförderkurse gestrichen und zum anderen müssen Schüler*innen mit geringen Deutschkenntnissen zwei Jahre länger im Schulsystem bleiben. Das hat auch seinen Preis und geht auf Kosten unseres Schulsystems. Denn gleichzeitig fehlen Ressourcen - ganz besonders bei der Deutschförderung bzw. an jenen Schulen, die vor großen Herausforderungen stehen, etwa was die sprachliche Vielfalt und den sozialen Background der Schüler*innen angeht.

Als Integrationsmaßnahme sind die Deutschförderklassen ebenso nicht dienlich. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die Schüler*innen der Deutschförderklassen soziale Auswirkungen durch das „Herausnehmen“ aus der Regelklasse zu befürchten haben. In selbige Kerbe schlägt auch die Kategorisierung der MIKA-D Testungen, welche die Deutschkenntnisse der Schüler*innen bzw. Schulanfänger*innen in „ausreichend“, „mangelhaft“ oder „unzureichend“ unterteilt. Zudem ist hier auch wissenschaftlich belegt, dass die Kenntnisse der Zweitsprache nicht als Kriterium für die Schulreife heran zu ziehen sind.[2] Kinder können sehr wohl schulreif sein, auch wenn ihre Kenntnisse in der Zweitsprache noch nicht so weit fortgeschritten sind.

Die MIKA-D Testungen, die zur Sprachstandserhebung der Schüler*innen herangezogen werden, bedürfen generell einer Qualitätssicherung. Auch diese ist bislang offen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

 

ANFRAGE


1.    Wie viele Kinder und Jugendliche haben bei der MIKA-D Testung „mangelhaft“ für ihre Deutschkenntnisse ausgewiesen bekommen?

Bitte um Angabe nach Bundesländern, Schultypen und Geschlecht (in absoluten Zahlen und in Prozent der Getesteten).

a)    Wie viele Kinder und Jugendliche, die Deutsch als mangelhaft attestiert bekommen haben, haben dann einen Sprachförderkurs (sechs Wochenstunden) an ihrer Schule besucht? Wie viele haben (integrative) Sprachförderung erhalten? Bitte um Angabe nach Bundesländern und Schultypen.

b)    Wie viele Schüler*innen haben generell im Schuljahr 2018/19 einen Deutschförderkurs (sechs Wochenstunden) besucht? Bitte um Angabe nach Bundesländern und Schultypen.

2.    Wie viele Kinder und Jugendliche haben beim MIKA-D-Test „ausreichende“ Deutschkenntnisse attestiert bekommen?

Bitte um Angabe nach Bundesländern, Schultypen und Geschlecht (in absoluten Zahlen und in Prozent).

3.    Wie viele Kinder und Jugendliche haben beim MIKA-D-Test „unzureichend“ abgeschnitten?

Bitte um Angabe nach Bundesländern, Schultypen und Geschlecht (in absoluten Zahlen und in Prozent).

4.    Wie viele der Kinder und Jugendliche mit „unzureichenden“ oder „mangelhaften“ Deutschkenntnissen konnten nicht in die nächste Schulstufe aufsteigen? Bitte um Angabe nach Bundesländern, Schultypen und Geschlecht.

5.    Wie viele konnten nur per Konferenzbeschluss in die nächste Schulstufe aufsteigen? Bitte um Angabe nach Bundesländern, Schultypen und Geschlecht.

4.    Wie wird die Schulreife (unabhängig von den Deutschkenntnissen) der Volksschulkinder ermittelt?

a)    Wie kann gesichert werden, dass Sprache nicht als einziges Schulreifekriterium verwendet wird?

5.    Welche Zwecke verfolgt das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) mit der MIKA-Studie, die es seit dem Schuljahr 2018/19 im Zuge der MIKA-D-Testungen erarbeitet?

a)    Was sind die Durchführungsmodalitäten der MIKA-Studie?

b)    Gibt es bereits Ergebnisse der Studie? Wenn ja, welche?

c)    Wo werden die Ergebnisse veröffentlicht?

d)    Inwiefern ist gesichert, dass die Ergebnissen bei zukünftigen Testungen berücksichtigt werden?

6.    Kinder (etwa jene bei der Schuleinschreibung im Alter von 5 bzw. 6 Jahren) sprechen nicht selbstverständlich mit Personen, die sie nicht kennen.[3] Wird der/die Testleiter*in der MIKA-D-Testung darauf vorbereitet?

a)    Wie hat er/sie damit umzugehen?

b)    Der Zeitraum zwischen dem Testzeitpunkt (im Jänner) bis zum Schuleintritt (im September) liegt bis zu 8 Monate auseinander. Diese lange Zeit kann entscheidend für den frühen Spracherwerb sein. Besonders dann, wenn aufgrund des (nur) einjährigen verpflichtenden Kindergartenjahres manche Kinder möglicherweise zum Zeitpunkt der Testung erst seit 4 oder 5 Monaten Deutsch im Kindergarten lernen. Wie wird damit umgegangen, dass zwischen dem Testzeitpunkt (im Jänner) und dem Schuleintritt (im September) bis zu 8 Monate liegen?

 

 

7.     Warum misst der MIKA-D-Test der Verbstellung bzw. der formalen Korrektheit so einen hohen Stellenwert bei?[4] Wie wird das allgemeine Sprachverständnis bewertet?

8.     Inwiefern werden Eltern betroffener Kinder über die MIKA-D-Testung frühzeitig aufgeklärt?

a)    Werden die Eltern auch hinsichtlich der Auswirkungen der MIKA-D-Testungen bzw. Deutschförderklassen informiert (z.B.: möglicher Jahrgangsverlust)?

b)    Gibt es Infomaterialien für die Eltern zur MIKA-D-Testung auch in anderen Sprachen?

9.     Die Auswertung der MIKA-D-Testung soll simultan zur Durchführung stattfinden.[5] Wie können Sie hier eine qualitative Auswertung sicherstellen, wenn nur ein/e Testleiter*in vorgesehen ist?

a)    Wie wird die Kompetenz der Testleiter*innen grundsätzlich gewährleistet?



[1] http://www.verbal.at/fileadmin/user_upload/20180412_SN_Entwurf29ME.pdf, 15.07.2019.

[2] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/SNME/SNME_00671/fnameorig_689170.html, 15.07.2019.

[3] https://www.oedaf.at/dl/NNklJKjmKIJqx4KJK/Stellungnahme_MIKA-D_NWSR_OeDaF_final.pdf, 15.07.2019.

[4] Ebd.

[5]     Ebd.