4077/J XXVI. GP

Eingelangt am 30.07.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Angela Lueger,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Mauer- und Grenzzaunfantasien des ehemaligen Bundesministers für Inneres

In seiner heutigen Ausgabe berichtet die Tageszeitung "der Kurier“ über das geheime Grenzzaun-Projekt des ehemaligen Bundesministers für Inneres Herbert Kickl, der sich dabei angeblich an Ungarn als Vorbild orientierte. Der Artikel lautet wie folgt:


 

„Kurier“ gefunden am 25.07.2019

Kickls geheimes Grenzzaun-Projekt

Ungarn als Vorbild.Der FPÖ-Klubobmann ließ als Innenminister prüfen, was so eine Barriere kostet

von Dominik Schreiber

Herbert Kickl wollte das Innenministerium in ein echtes Heimatschutzministerium umbauen,  wie er kürzlich in einem Interview sagte. Dazu gehörte offenbar auch die Errichtung eines Grenzzauns in Österreich nach ungarischem Vorbild.

Laut gut informierten Kreisen des Ressorts soll es unter der FPÖ-Führung mehr oder weniger konkrete Überlegungen und sogar ein vertrauliches Projekt gegeben haben. Drei    Spitzenbeamte des Hauses seien darüber informiert gewesen, die Sektion V (Fremdenwesen) habe entsprechende Überlegungen dazu angestellt. Der Kreis der Informierten soll absichtlich klein gehalten worden sein.

"Wir gingen davon aus, dass dies ein Thema bei den Budgetverhandlungen im Herbst wird”,  sagt ein mit den Abläufen vertrauter Beamter dem KURIER. Man ging dabei offenbar von Kosten in der Höhe von mindestens einer Milliarde Euro aus. Dies sollte in den     Verhandlungen mit Finanzminister Hartwig Löger in diesem Herbst besprochen werden. Erst  das jähe Regierungsende stoppte das Projekt Grenzzaun.

Im Büro von Kickls Nachfolger Wolfgang Peschorn wusste man bisher nichts von derartigen Plänen, forschte aufgrund der KURIER-Anfrage allerdings nach - obwohl wichtige Entscheidungsträger (der Großteil der 48 Kabinettsmitarbeiter) das Haus verlassen haben.     Dem Vernehmen nach soll dabei eine Powerpoint-Präsentation gefunden worden sein, in der verschiedene derartige Grenzsysteme in Europa vorgestellt werden. Hinweise auf ein     konkretes Projekt wurden allerdings nicht entdeckt.

Nichts Schriftliches Das Innenministerium hält dazu fest: "Es gibt weder einen schriftlichen Projektauftrag, noch dementsprechende Anschaffungen oder fundierte budgetäre Berechnungen. Es wurden im Rahmen von Planspielen auf theoretischer Ebene unterschiedliche mögliche Szenarien anhand international bestehender Konzepte  durchgedacht. Dem Thema kommt darüber hinaus auch derzeit keine Priorität zu."

Der Ex-Innenminister und nunmehrige FPÖ-Klubchefbestätigt die Pläne hingegen dem KURIER. "Herbert Kickl hat als Innenminister mit einiger Verwunderung bemerkt, dass im Ressort vor seiner Amtszeit keine systematische Aufarbeitung des Migrantenansturrns im Jahr 2015 stattgefunden hat", sagt seine Sprecherin. "Er hat dies daher in Auftrag gegeben und ein Konzept verlangt, das sicherstellt, dass Österreichs Grenzen nicht ein zweites Mal regelrecht überrannt werden."

"Intensive Planungen”

Und Kickl lässt weiter ausrichten: "Dazu braucht es intensive Planungen der technischen Vorkehrungen, der rechtlichen Grundlagen und der zeitlichen Abläufe. Auch die Fragen, was ein eventuell nötiger Grenzzaun kosten würde und wo er stehen müsste, um illegale Einwanderer rechtswirksam abzuhalten, sollten geklärt werden." Herbert Kickl hoffe demnach, dass "diese Pläne vom jetzigen Innenminister Peschorn konsequent weiterverfolgt werden".

Fest steht, dass man im Innenministerium seit der großen Flüchtlingswelle diskutiert, wie man einem solchen Szenario im Wiederholungsfalle begegnen könnte - entsprechende Überlegungen gab es schon in den Amtszeiten von Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka.

Als die Flüchtlingswelle am 4. September 2015 begann, musste ein KURIER-Reporter den ersten aus Ungarn kommenden Asylsuchenden um zwei Uhr in der Früh den Weg zu den    zwei diensthabenden Polizisten lotsen. Grenzkontrollen gab es nicht. In der Folge wurden kuriose Grenzbarrieren geschaffen, um dies zu verhindern. Ressort-Insider meinten allerdings, dass auch die von Kickl geschaffene Sondereinheit "Puma" wenig hätte ausrichten können.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Inneres folgende

Anfrage:

1.         Wann erging konkret der Auftrag des ehemaligen Bundesministers für Inneres an gewisse Einheiten des Ressorts, Modelle für einen Grenzzaun rund um Österreich zu entwickeln?

2.         Welche Einheiten des Ressorts wurden damit konkret betraut und wie lautete der Auftrag?

3.         Wurden dafür ausländische Beispiele begutachtet, insbesondere jenes in Ungarn?

4.         Wer hat an solchen Dienstreisen teilgenommen und welche Ergebnisse brachten diese Dienstreisen?

5.         Welche Kosten sind insgesamt bisher im Zusammenhang mit diesem Projekt für das Ressort, möglichst in Detail dargestellt, entstanden (Personal- und Sachaufwendungen)?

6.         Entspricht die Angabe von Gesamtkosten für die Umsetzung des Projektes in der Höhe von € 1 Milliarde den Unterlagen, die im Bundesministerium für Inneres vorliegen?

7.         Wie sollte diese hohe Summe für die Realisierung dieses Vorhabens budgetär finanziert werden?

War dafür eine Sonderdotierung im nächsten Budget vorgesehen bzw. wurde eine solche angestrebt?

8.         Wurden bereits von den Vorgängern Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka solche Aufträge zur Errichtung eines Grenzzaunes um Österreich erteilt?

Wenn ja, wie lauten diese Aufträge im Detail und an wem wurden sie gerichtet?

9.         Gab es im Zusammenhang mit diesem Projekt Kontakte zu anderen Ressorts, insbesondere zum Bundesministerium für Landesverteidigung und zum Finanzministerium?

Wenn ja, welche Ergebnisse brachten diese Kontakte?

 

10.     Wann wurde vom Innenministerium die gesamte Bundesregierung über dieses bedeutsame Vorhaben unterrichtet und in welcher Form erfolgte diese Unterrichtung?

11.     Gab es hinsichtlich dieses Vorhabens einen Kontakt zwischen dem Bundesministerium für Inneres und dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz?

Welche Ergebnisse brachte diese Kontaktnahrne?

Wurde dieses Vorhaben vom damaligen Bundeskanzler ausdrücklich unterstützt?

12.     Der ehemalige Bundesminister für Inneres geht davon aus, dass sie als sein Amtsnachfolger dieses Projekt weiterverfolgen.

Welche Schritte haben Sie veranlasst, um das Projekt voranzutreiben, oder verfolgen Sie dieses Projekt ausdrücklich nicht mehr?

13.     Werden Sie dieses Thema in der nächsten Sitzung der Bundesregierung vorbringen, damit die gesamte Bundesregierung über die Dimension dieses Vorhabens informiert ist und die geeigneten Entscheidungen treffen kann?

14.     Welche Fortschritte wurden im Bereich einer gemeinsamen europäischen Asyllösung seit ihrem Amtsantritt auf europäischer Ebene erzielt und wie war konkret die österreichische Positionierung dabei?

15.     Wie ist der aktuelle Stand einer gemeinsamen europäischen Asyllösung bei Beantwortung dieser Anfrage und welche rechtlichen Schritte auf europäischer Ebene sind vorgesehen?

16.     Wie viele Personen mussten zwischen 1.1.2019 und 1.8.2019 bei einem illegalen Grenzübertritt festgestellt werden?