4084/J XXVI. GP

Eingelangt am 01.08.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Peter Pilz, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend das System Pilnacek - das Liegenlassen von Akten in der Causa Weinzierl

BEGRÜNDUNG:

Das Wochenmagazin Profil berichtete am 22. Juni 2019 über eine Verfahrensverschleppung von    Seiten des Justizministeriums. Peter Weinzierl beleidigte mehrfach öffentlich den Staatsanwalt     Markus Fussenegger und die Richterin Bettina Deutenhauser. Ursprünglich gaben sowohl    Fussenegger, Deutenhauser sowie deren Vorgesetzte Maria-Luise Nittel und Friedrich Forsthuber        ihr ausdrückliches Einverständnis, Peter Weinzierl strafrechtlich verfolgen zu lassen. So wurde ein        im März 2013 von der StA Eisenstadt vorgelegter Vorhabensbericht vom Justizministerium beinahe    vier Jahre unbearbeitet liegen gelassen und nicht bearbeitet, ehe der gegen Peter Weinzierl     gerichtete Strafantrag mit Billigung des Weisungsrats im März 2017 eingestellt wurde.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.      War Ihnen bekannt, dass dieser Akt von April 2013 bis September 2016 fast vier Jahre im Justizministerium unbearbeitet liegen geblieben ist?

2.      Warum wurde dieser Akt, welcher in seinem Umfang äußerst gering ist, in vier Jahren nicht bearbeitet?

3.      War SC Mag. Christian Pilnacek in die Bearbeitung dieses Aktes involviert?

a.       Falls ja, bitte um eine genaue Auflistung, inwiefern er in diesem Akt involviert war.

b.      Falls nein, wer war sonst in die Bearbeitung involviert?

4.       Hat es Weisungen iSd § 29 StAG in dieser Causa gegeben? Bitte alle Weisungen, sowohl von SC Mag. Pilnacek als auch von anderen, auflisten.

5.       Hat es - wenn auch nur informelle - Aufforderungen zu bestimmten Handlungsweisen der Staatsanwaltschaft Eisenstadt gegeben?

a.       Wenn ja, welche konkret und aus welchem Grund und wieso wurde keine formelle Weisung unter Bezugnahme auf § 29 StAG verfügt?

b.      Wenn nein, wie beurteilen Sie die in einem Erlass geäußerte Aufforderung, die Staatsanwaltschaft Eisenstadt möge bei den Opfern und ihren Dienststellenleitern nachfragen, ob im Hinblick auf die (nämlich im Bundesministerium für Justiz während der unterbliebenen Bearbeitung) verstrichene Zeit die Ermächtigungen aufrecht erhalten werden?

6.       Hat es eine interne Überprüfung zu den Vorfällen rund um diese Causa gegeben?

a.       Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.      Wenn nein, warum nicht?

 

7.      Wurde das Vorgehen der Beamten im Justizministerium, die mit dieser Causa befasst waren, einer disziplinär- und strafrechtlichen Prüfung unterzogen?

a.       Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.      Wenn nein, warum nicht?

8.      Wie ist das Vorgehen des Justizministeriums, in dieser Causa einen Akt jahrelang unbearbeitet liegen zu lassen, mit dem Beschleunigungsgebot nach § 9 der Strafprozessordnung zu vereinbaren?

9.      Wann lagen erstmalig die Voraussetzungen des § 192 Abs 1 Z 1 StPO betreffend des Vorwurfs der üblen Nachrede in Zusammenschau mit dem seit 2009 anhängigen Verfahren hinsichtlich der Sonderdividende vor?

10.  Lagen im Zeitpunkt des Einlangens im BMJ die Voraussetzungen für eine Genehmigung des Vorhabens der Staatsanwaltschaft Eisenstadt auf Anklageerhebung vor?

a.       Wenn ja, wieso wurde dann von einer Genehmigung abgesehen?

b.      Wenn nein, aus welchen Gründen?

c.       Wenn nein, wieso gab man nicht der OStA Wien eine allfällige Mängel des Anklagevorhabens abstellende Weisung?

11.  Wen traf zu welchen konkreten Zeitpunkten zwischen April 2013 und September 2016 eine Bearbeitungs- und Entscheidungspflicht?

12.  Wenn die Voraussetzungen bereits im Zeitpunkt des Einlanges des Vorhabensberichtes der Staatsanwaltschaft Eisenstadt samt dem Bericht der OStA Wien im Bundesministerium für Justiz vorlagen, welche rechtliche Notwendigkeit gab es - auch unter Beürcksichtigung der Möglichkeit, eine Einstellung nach § 192 Abs 1 Z 1 StPO auch nur unter Vorbehalt späterer Verfolgung vornehmen zu können -, weiter auf die Einbringung der Anklageschrift hinsichtlich des Faktums „Sonderdividende" zu warten?

13.  Wurden die Opfer Dr. Fussenegger und Mag. Deutenhauser durch die nicht erfolgte Genehmigung oder zeitnahe Erteilung einer Weisung in ihren konkreten Rechten geschädigt?

a.       Wenn ja, in welchen Rechten und was sind die Konsequenzen aus dieser Schädigung?

b.      Wenn nein, müssten die Opfer nicht von einer Abbrechung des Verfahrens nach § 197 Abs 3 StPO verständigt werden?

c.       Wenn nein, hätten die Opfer bei einer zeitnah - etwa im Jahr 2013 - erfolgten Einstellung  des Verfahrens nach § 192 Abs 1 Z 1 StPO die Möglichkeit gehabt, einen Antrag an das Landesgericht Eisenstadt auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens zu stellen? Wieso hat man sie um diese Möglichkeit gebracht?

14.   Besteht aufgrund der Bestimmung des § 8a StAG eine Entscheidungspflicht des Bundesministers für Justiz?

a.       Wenn ja, wurde dieser im vorliegenden Fall entsprochen und wodurch konkret?

b.      Wenn nein, wieso nicht?

15.   Gilt für die Prüfpflichten des Bundesministers für Justiz gemäß § 8a StAG das Beschleunigungsgebot nach § 9 StPO ?

 

16.   Wir dieses Gebot durch eine über drei Jahre andauernde Prüfungszeit verletzt?

a.       Wenn ja, wer konkret wurde dadurch geschädigt und was sind die Konsequenzen?

b.      Wenn nein, wie ist eine Prüfungszeit, die länger als die inzwischen nach § 108a StPO geltende Maximaldauer für ein gesamtes Ermittlungsverfahren andauert, im konkreten Fall zu rechtfertigen?

17.   Gibt es andere Fälle, in denen das Justizministerium Akten jahrelang unbearbeitet liegen ließ?

a.    Wenn ja, welche? Es wird um eine genaue Auflistung der Causen gebeten.

i.   Bei wie vielen dieser Causen war SC Mag. Pilnacek involviert? Bitte um eine genaue Auflistung, in welchen Causen SC Mag. Pilnacek involviert war und welche konkreten Maßnahmen er ergriff.

18.   Was plant das Justizministerium, damit es in Zukunft nicht mehr zu solch langen Verfahrensverschleppungen kommt?