4110/J XXVI. GP

Eingelangt am 27.08.2019
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Harald Stefan

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend Verdacht auf gravierende Missstände im Zusammenhang mit dem Strafverfahren zu 37 Hv 105/15s des LG Salzburg

 

Der (damalige) Gerichtssachverständige Dr. Egon Bachler war in den Jahren 2000 bis 2008 praktisch Monopolist im Bereich des LG-Sprengels Salzburg für familienpsychologische Gutachten. Wegen krasser Falschgutachten wurden ab 2008 von Geschädigten eine Reihe von Strafanzeigen gegen ihn erstattet. Die OStA Linz hat im November 2009 zu 5 OStA 2/09s das Ermittlungsverfahren aus Befangenheitsgründen an die StA Linz übertragen. Diesem Verfahren haben sich insgesamt 13 Privatbeteiligte angeschlossen.

 

In der weiteren Folge hat die StA Linz ein Gutachten des international renommierten Rechtspsychologen Univ.-Prof. Dr. Max Steller von der Charité in Berlin eingeholt. Er kam in einer über 350-seitigen sorgfältigen Expertise in allen 13 Fällen zu einem geradezu vernichtenden Resultat: Die „Gutachten“ Bachlers seien infolge krassester methodischer Mängel für forensische Zwecke gänzlich unbrauchbar.

 

Die StA Linz hat entgegen dem Begehren der Privatbeteiligten nicht schweren ge­werbsmäßigen Betrug nach §§ 146, 147, 148 StGB, sondern lediglich das Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB unter Verfolgung gestellt.

 

Der Salzburger Gutachtenskandal hat sehr beträchtliches mediales Aufsehen erregt. So haben bei einer Verhandlung im März 2015 (abgesehen von zahlreichen Reportern von Print-Medien) auch zwei österreichische und sogar eine Kölner Fernsehstation aus dem LG Salzburg berichtet.

 

Das Strafverfahren gegen Dr. Egon Bachler verlief bzw. verläuft auffallend schleppend. Es ist u.a. dadurch gekennzeichnet, dass sich das Gericht ohne sachlichen Grund geweigert hat, das Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Steller/Berlin auch nur zu verlesen.

 

Anstelle dessen wurde das Gutachten eines offenbar fachlich grob überforderten Psychotherapeuten eingeholt, dem überhaupt nur sieben ausgesuchte Schriftstücke aus dem mehrere tausend Seiten umfassenden Akt zugrunde gelegt waren.

 

Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass ebendieser Gutachter im März 2018 wegen Begünstigung, Geschenkannahme und Fälschung eines Beweismittels rechtskräftig zu neun Monaten bedingter Haft und zu einer hohen unbedingten Geldstrafe verurteilt worden war. Er hatte Süchtigen aus der Wiener Drogenszene gegen Bezahlung falsche „Clean“-Bescheinigungen ausgestellt.

 

Kurz nach Bekanntwerden dieses für die Salzburger Justiz zweifellos peinlichen Umstandes hat das LG Salzburg im mittlerweile zehnten Verfahrensjahr alle Anschlusserklärungen der 13 Privatbeteiligten zurückgewiesen, weil ihnen aus der Straftat des Beschuldigten angeblich kein Schaden erwachsen sein kann.

 

Das seit 2009 anhängige Strafverfahren gegen Dr. Egon Bachler zu 37 Hv 105/15s des LG Salzburg ist nach wie vor noch immer nicht rechtskräftig entschieden.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.         Warum wurde das aus Befangenheitsgründen an die StA Linz übertragene Verfahren in weiterer Folge dann doch vor dem LG Salzburg verhandelt?

2.         Wie lässt sich die im zehnten Verfahrensjahr erfolgte Zurückweisung aller Privatbeteiligtenanschlüsse in rechtlicher Hinsicht erklären?

3.         Wurden im Verfahren zu 37 Hv 105/15s des LG Salzburg eine oder mehrere Weisungen erteilt?

4.         Wenn ja, wer hat sie erteilt, an wen wurde(n) sie zu welchem Zeitpunkt gerichtet und welchen Inhalt hatte(n) sie?

5.         Hat es im gegenständlichen Verfahren andere Formen der Einflussnahme (auch informeller Natur, etwa im Sinne von „Daschlogts es“) gegeben?

6.         Werden Sie Maßnahmen setzen, um die Justizbehörden zu einem raschen Abschluss des Strafverfahrens gegen Dr. Egon Bachler zu veranlassen?

7.         Wenn ja, welche?

8.         Wenn nein, warum nicht?

9.         Haben Sie einen Bericht des Präsidenten des LG Salzburg eingeholt?

10.      Wenn nein, warum nicht?

11.      Lässt sich ein Ende des gegenständlichen Strafverfahrens abschätzen bzw. wann kann mit dessen Abschluss gerechnet werden?