4139/J XXVI. GP

Eingelangt am 09.09.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Polizeiwahlplakat der FPÖ

 

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Mit diesem Werbeplakat wirbt die FPÖ im Nationalratswahlkampf 2019. (Unter anderem auf
https://www.facebook.com/fpoe/photos/a.170548806419730/1418469098294355/)

 

Abgebildet sind neben dem entlassenen Bundesminister für Inneres Herbert Kickl zwei Personen, die als uniformierte Polizist_Innen erscheinen. Vermutlich handelt es sich bei beiden Personen um Statisten.

Das verfremdete Ärmelabzeichen mit dem Schriftzug "Polize" [sic!] spricht dafür, dass es sich bei beiden Personen um Statisten handelt. Die abgebildeten Tellerkappen sowie Dienstgrad-Distinktionen (rechts: vmtl. Chefinstpektor; links: Revierinspektor) entsprechen den in der 320. Verordnung der Bundesministerin für Inneres (mit der die Uniformschutzverordnung - USV geändert wird, BGBl. II Nr. 320/2010) abgebildeten geschützten Uniformteilen.

Gemäß § 83a Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) ist das unbefugte Tragen von Uniformen oder Uniformteilen eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Bundesministeriums für Inneres oder der Landespolizeidirektionen strafbar. Ausgenommen von diesem Verbot sind "szenische Zwecke" wie beispielsweise Filmaufnahmen oder Theateraufführungen (siehe auch Information des BMI https://bmi.gv.at/news.aspx?id=586E707A4A7637424771493D).

In Casu ist nach Meinung der Anfragestellerin die Ausnahme "szenische Zwecke" nicht erfüllt, da es sich weder um einen Film noch um eine Theateraufführung handelt: “Szenisch” bedeutet das Nachspielen einer Handlung. Das kann zwar zu Dokumentations- oder Öffentlichkeitsarbeitszwecken fotografisch festgehalten werden, aber nicht als alleiniges Sujet eines Wahlplakats dienen. (vgl. Raschauer/Schilchegger, S. 773ff in Thanner/Vogl, SPG-Kommentar, Wien/Graz 2013). Das Tatsbestandselement der Öffentlichkeit ist durch die öffentliche Verbreitung des Sujets erfüllt.

Alternativ läge durch die Darstellung bzw. Verwendung des Ärmelabzeichens eine Verletzung von § 83b Abs 1 vor. Schutzzweck dieser Norm ist das Vertrauen in den Öffentlichkeitsauftritt der Sicherheitsbehörden und der Polizeikommanden (vgl. Raschauer/Schilchegger, S. 776 in Thanner/Vogl, SPG-Kommentar, Wien/Graz 2013). Die Verwendung der geschützten Kennzeichen ist nur von den dazu berechtigten Stellen in Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erlaubt, was bei Wahlwerbung für eine zum Nationalrat kandidierende Partei nicht der Fall ist.

In einem Twitter-Thread vertrat das Social Media-Team des BMI die Position, die grafische Darstellung sei von der Ausnahme des § 83a SPG gedeckt. Inwieweit diese vom Social Media-Team artikulierte Rechtsmeinung der offiziellen Rechtsmeinung des Innenministeriums entspricht, ist unklar.

Darüber hinaus kann eine strafrechtliche Ahndung aufgrund einer Amtsanmaßung gemäß § 314 des Strafgesetzbuches (StGB) erfolgen, welcher eine mögliche Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten vorsieht.

 

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In jedem Fall zeigen dieses Plakat sowie der Facebook-Post der FPÖ Fischamend vom August 2019 den Versuch der parteipolitischen Vereinnahmung der Österreichischen Bundespolizei durch die FPÖ und untergraben das Vertrauen der Bevölkerung in die Unabhängigkeit der österreichischen Sicherheitsbehörden.

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"Im beruflichen Umgang mit elektronischer Kommunikation und Social Media handle ich als Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter im Rahmen meiner Vorgaben. Bei privater Nutzung bin ich mir meiner Amtsstellung bewusst und handle entsprechend umsichtig. Ich gefährde meine Un- und Überparteilichkeit nicht durch unangemessene Postings im Internet" (Verhaltenskodex des Bundesministeriums für Inneres  abrufbar un-
ter https://www.bmi.gv.at/Downloads/files/Verhaltenskodex_V20180126_web.pdf).

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

 

 

1.    Ist dem Innenministerium das oben angeführte Wahlplakat der FPÖ bekannt?

a.    Wenn ja, seit wann?

2.    Sind oder waren die abgebildeten uniformierten Personen Angehörige der österreichischen Bundespolizei?

a.    Wenn nein, wie wurde dies festgestellt?

b.    Wenn ja, welchen Dienststellen gehören diese an?

c.    Wenn ja, wurden gegen die betreffenden Beamt_Innen ein Disziplinarverfahren wegen Verstoß gegen die Richtlinienverordnung bzw den Verhaltenskodex des BMI eingeleitet?

                                  i.    Wenn nein, weshalb nicht?

                                ii.    Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?

3.    Wie beurteilen Sie, Herr Minister, die Darstellung der uniformierten Kräfte (um detaillierte Erläuterung unter Einbezug des Postulats der Unparteilichkeit der Sicherheitsbehörden wird ersucht)?

a.    Entspricht die auf Twitter vom Social Media-Team artikulierte Rechtsmeinung der offiziellen Rechtsmeinung des Innenministeriums?

                                  i.    Wenn nein, wurde diese Rechtsmeinung hausintern vorher abgestimmt?

1.    Wenn, nein weshalb nicht?

2.    Wenn ja, wie erfolgte die Abstimmung?

4.    Wenn das Innenministerium die Darstellung der uniformierten Kräfte als widerrechtlich beurteilt:

a.    Wurden Schritte unternommen, um die Verbreitung dieses Wahlplakates zu unterbinden?

                                  i.    Wenn ja, wann genau und welche Schritte wurden unternommen und mit welchem Ergebnis (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

                                ii.    Wenn nein, weshalb nicht?

5.    Nahm das Innenministerium Kontakt mit der FPÖ auf, um die Widerrechtlichkeit dieses Sujets zu thematisieren?

a.    Wenn ja, wann genau und welche Schritte wurden unternommen und mit welchem Ergebnis bzw mit welcher Reaktion der FPÖ (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

6.    Suchte die FPÖ beim Innenministerium jemals um die Erlaubnis an, die Darstellung zu verwenden?

a.    Wenn ja, wann und wie hat das BMI auf das Ansuchen reagiert?

7.    Wurden Verwaltungsstrafverfahren nach § 83a, § 83b SPG oder nach § 8 Z 1 bzw Z 4 Wappengesetz eingeleitet?

a.    Wenn ja, wann, gegen wen und mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

c.    Wenn nein, erkennt das Innenministerium hier in der geltenden Rechtslage eine Gesetzeslücke?

8.    Wurden Ermittlungen wegen § 314 des Strafgesetzbuches eingeleitet?

a.    Wenn nein, weshalb nicht?

b.    Wenn ja, wann und gegen wen?

9.    Wie beurteilt das Innenministerium die Verwendung des Fotos des ehemaligen Innenministers durch die FPÖ Gruppe Fischamend (um detaillierte Erläuterung unter Einbezug des Postulats der Unparteilichkeit der Sicherheitsbehörden wird ersucht)?

10. Wurden die betroffenen Beamt_Innen um deren Einverständnis gefragt?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

11. Erteilten alle abgebildeten Beamt_innen ihr Einverständnis zur Verbreitung des Sujets?

12. Wurden seitens des Innenministeriums Schritte unternommen, um die Verbreitung dieses Sujets zu unterbinden?

a.    Wenn ja, wann genau und welche Schritte wurden unternommen und mit welchem Ergebnis (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

13. Wurde seitens des Innenministeriums Kontakt mit der FPÖ aufgenommen um die künftige Verbreitung von Bildsujets mit uniformierten Personen, die Angehörige der österreichischen Bundespolizei oder Statisten sind, zu unterbinden?

a.    Wenn ja, wann genau und welche Schritte wurden unternommen und mit welchem Ergebnis bzw mit welcher Reaktion der FPÖ (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?