4157/J XXVI. GP

Eingelangt am 11.09.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Folgeanfrage zur Folgeanfrage zu Ermittlungen in der Causa Ibiza

 

Auf Grund des parlamentarischen Interpellationsrechts sind die Mitglieder des Nationalrats berechtigt, die Mitglieder der Bundesregierung über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Das parlamentarische Fragerecht ist ein zentrales Instrument der Legislative zur Überprüfung der Exekutive.

In der Anfragebeantwortung vom 26. August 2019 (3809/AB) auf die Anfrage "Folgeanfrage zu Ermittlungen in der Causa Ibiza" (4038/J) vom 23. Juli 2019 blieb ein Großteil der gestellten Fragen unbeantwortet. Es ist aus Sicht der Anfragsteller nicht hinnehmbar, dass die Beantwortung von Fragen zu Ermittlungen in der Causa "Ibiza" bzw. zur medial äußerst intensiv diskutierten Zusammensetzung der SOKO-Ibiza pauschal mit Verweis auf Datenschutz, Amtsverschwiegenheit und der Nichtöffentlichkeit von Ermittlungshandlungen abgelehnt wird. 

Es ist auch nicht einzusehen, dass ein Minister zwar die Beantwortung parlamentarischer Anfragen mit Verweis auf diverse, angeblich zutreffende Verschwiegenheitsverpflichtungen ablehnt, gleichzeitig aber in Fernsehinterviews Details zu den Ermittlungsergebnissen der SOKO Ibiza sowie zu deren Besetzung preisgibt. Würde man vom Bestehen der in der gegenständlichen Anfragebeantwortung ins Treffen geführten Verschwiegenheitsverpflichtungen ausgehen, so wären die Äußerungen des Innenministers in der ZIB 2 ("ganz konkret gibt es zwei Personen von 14, die ein ÖVP-Gemeinderatsmandat innehatten", "...Spezialisten aus allen Bereichen der Polizei und der Kriminalpolizei zusammengezogen haben" oder auf die Frage, ob es Hintermänner gäbe, die bisher nicht bekannt seien: "Natürlich") rechtswidrig.

Die Anfragesteller ersuchen daher um nochmalige Durchsicht und Beantwortung der in der Anfrage 4038/J von 23. Juli 2019 gestellten und bisher unbeantworteten Fragen unter Zugrundelegung jenes Maßstabs, den der Innenminister selbst in Interviews an den Tag legt. 

Darüber hinaus finden sich in der hier vorliegenden Anfrage einige zusätzliche Fragen, welche sich im wesentlichen aus einem Bericht der "Kurier" vom 23. August 2019 ergeben. In diesem wurde von einem Schriftverkehr zwischen WKStA und der SOKO-Leitung berichtet. Seitens der WKStA sei dabei nach Befangenheitsgründen der SOKO-Mitglieder gefragt worden, unter anderem auch, ob eine Nähe zu politischen Parteien bestehe. Laut "Kurier" habe die SOKO-Leitung die inhaltliche Beantwortung der Fragen abgelehnt.

Das Webmagazin "Fass ohne Boden" berichtete am 31. August 2019 von massiven Verstrickungen von mutmaßlichen "Hintermännern" des Ibiza-Videos und den österreichischen Sicherheitsbehörden (https://www.fass-ohne-boden.at/ibiza-hintermaenner-ermittlungen-fuer-landeskriminalamt-bundeskriminalamt-und-finanzpolizei/). Konkret soll das Unternehmen von Sascha W., ein privates Sicherheitsunternehmen, von einem Tabakkonzern damit beauftragt worden sein, gegen illegalen Zigarettenhandel vorzugehen. Dabei soll es in den Jahren 2011 - 2014 zu intensiver Zusammenarbeit zwischen den österreichischen Sicherheitsbehörden und dem genannten Sicherheitsunternehmen gekommen sein. Unklar ist, ob dabei auch Julian H., laut Berichten ehemaliger Mitarbeiter von W. und mutmaßlicher Drahtzieher hinter dem Ibiza Video, mit den österreichischen Behörden kooperierte. 

Die Anfragesteller ersuchen daher dringend darum, die gestellten Fragen zu beantworten.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Welche Organisationseinheiten des BM.I sind in der in der Causa Ibiza ermittelnden SoKo eingebunden?

2.    Nach welchen Kriterien wurden die Mitglieder der SoKo ausgewählt?

3.    Welche konkreten Positionen innerhalb des BM.I haben die Mitglieder der SoKo inne (sollte aus Sicht des Bundesministers für Inneres hinsichtlich einzelner Aspekte das Amtsgeheimnis einer umfassenden Beantwortung entgegenstehen, so wird um Beantwortung in einer Form, die einerseits mit dem Amtsgeheimnis in Einklang zu bringen ist und andererseits einen möglichst hohen Informationsgehalt aufweist, gebeten)?

4.    Welche Ermittlungsschritte wurden bis dato wann gesetzt?

5.    Wegen welcher Delikte wird gegen wen ermittelt (bitte lediglich um die namentliche Anführung von Personen des öffentlichen Interesses)?

6.    Wird wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt?

7.    Wurden Ermittlungsmaßnahmen in Bezug auf die möglicherweise inkriminierenden Mails zwischen Gernot Blümel und Sebastian Kurz ergriffen?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, wann wurden welche Maßnahmen ergriffen?

8.    Wurde der vollständige "Deloitte-Bericht", welcher seitens der ÖVP bei deren Pressekonferenz erwähnt wurde, angefordert und analysiert?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis? 

9.    Wurden Sebastian Kurz oder Gernot Blümel oder andere führende Persönlichkeiten der ÖVP dazu einvernommen?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, warum nicht? 

10. Wurde zur Frage ermittelt, über welche Wege die von Gert Schmidt betriebene eu-infothek diese E-Mails erhielt?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, welche Schritte wurden diesbezüglich wann ergriffen?

11. Wurde in Erwägung gezogen, jene Personen, die vermutlich an der Herstellung des Videos beteiligt waren, in Untersuchungshaft zu nehmen?

a.    Wenn ja, wann wurde U-Haft beantragt? 

b.    Wenn nein, warum nicht?

12. Wurden Ermittlungshandlungen in Hinblick auf die Konsic-GmbH gesetzt?

13. Ist es korrekt, dass seitens der WKStA im BM.I nachgefragt wurde, ob hinsichtlich der SOKO-Mitglieder Gründe vorliegen, "die geeignet sind, die volle Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen“?

a.    von welcher Stelle kam diese Anfrage?

b.    wann wurde diese Anfrage gestellt?

c.    an welche Stelle ging diese Anfrage?

d.    von wem wurde diese Anfrage wann beantwortet?

e.    was war Inhalt der Beantwortung?

14. Wurde im genannten Schreiben auch explizit nach der Mitgliedschaft bei Parteien oder parteinahen Organisationen gefragt?

a.    ist es korrekt, dass eine inhaltliche Antwort auf diese Frage ausblieb?

                                  i.    wenn ja: mit welcher Begründung?

                                ii.    wenn nein: welche Antwort wurde erteilt?

15. Wer prüfte die Befangenheit der SOKO-Mitglieder?

a.    handelte es sich dabei um den Leiter der SOKO? 

b.    handelt es sich dabei um eine jener 2 Personen, die laut Ihrem ZIB 2 Interview ein ÖVP-Gemeinderatmandat inne hatten?

16. Wer prüfte die Befangenheit des SOKO Leiters?

a.    gibt es Anhaltspunkte dafür, dass diese Person, die die Befangenheit des SOKO-Leiters überprüfte, selbst ein parteipolitisches Naheverhältnis zu ÖVP hat?

17. Ist der ermittelnden Staatsanwaltschaft bekannt, welche Personen Teil der SOKO sind?

a.    wenn nein: wie wird dann die Kommunikation zwischen WKStA und SOKO sichergestellt?

b.    wenn nein: ist es üblich, dass den Staatsanwaltschaften nicht mitgeteilt ist, welche Beamte in Strafsachen ermitteln?

                                  i.    wenn nein: warum wurde hier eine unübliche Vorgehensweise gewählt?

18. Wie und mit welchen Maßnahmen stellt und stellte die WKStA in der Causa Ibiza sicher, dass sie tatsächlich "Herrin des Verfahrens" iSd des § 20 bzw § 98 StPO ist? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

19. Ist es korrekt, dass es ein weiteres Schreiben der WKStA in diesem Zusammenhang gab?

a.    wenn ja: was war der wesentliche Inhalt des Schreibens?

b.    wurde dieses Schreiben bereits beantwortet?

                                  i.    wenn ja: was war der wesentliche Inhalt des Antwortschreibens?

20. Gab bzw gibt es Grund zur Annahme, dass die WKStA ihrer Leitungsfunktion im Ermittlungsverfahren aufgrund fehlender Kooperation seitens der Kriminalpolizei nicht vollumfänglich nachkommen kann bzw konnte? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

a.    Wenn ja, inwiefern wurde die WKStA in ihrer Leitungsfunktion beeinträchtigt? 

21. Kam es in der Causa Ibiza schon zu Entscheidungsdifferenzen zwischen der WKStA und der Soko? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)

a.    Wenn ja, wann und welch genau?

22. Können Sie bestätigen, dass das BM.I in der Vergangenheit, wie vom Onlinemagazin "Fass ohne Boden" berichtet, mit der "Die Gruppe Sicherheit GmbH" kooperierte?

23. In wie vielen Ermittlungsfällen kam es zur Zusammenarbeit?

24. Über welchen Zeitraum erstreckte sich diese Zusammenarbeit?

25. Auf wessen Initiative kam es zu dieser Zusammenarbeit?

26. Kam es dabei auch zu Geldzahlungen des BM.I an "Die Gruppe Sicherheit GmbH" oder deren Mitarbeiter/Auftragnehmer als Gegenleistung für Informationsbeschaffung?

27. Können Sie die Berichte bestätigen, dass dabei das LKA Salzburg und das Bundeskriminalamt eingebunden waren?

a.    Welche sonstigen Einheiten des BM.I waren eingebunden?

28. Wurde dabei auch überprüft, ob die seitens der "Die Gruppe Sicherheit GmbH" eingesetzten Ermittler in der Vergangenheit straffällig geworden waren?

a.    wenn ja: was war das Ergebnis und welchen Einfluss hatte dies auf die weitere Zusammenarbeit?

29. Wurde in Zusammenhang mit jenen Ermittlungen, bei welchen mit der "Die Gruppe Sicherheit GmbH" kooperiert wurde, von dieser auch Julian H. eingesetzt?

a.    wenn ja: gab es direkten Kontakt zwischen H. und Ermittlungsbehörden?

                                  i.    wenn ja: mit welchen Dienststellen und in welcher Häufigkeit?