4175/J XXVI. GP

Eingelangt am 19.09.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen, an die Fr. Bundeskanzlerin,

betreffend die rechtswidrige Verweigerung einer Auskunft.

Am 4. Januar 2018 ersuchten die Journalisten Johann Skocek und Florian Skrabal den da­maligen Regierungssprecher Mag. Launsky-Tieffenthal um Auskunft über einen Vorfall bei einem Skirennen im polnischen Zakopane aus dem März 1974, in den der ÖSV-Trainer An­ton Sailer verwickelt gewesen sein soll. Der Vorfall sorgte bereits 1974 für Schlagzeilen und ging 2018 erneut durch die Medien (zB „Kronenzeitung“ vom 17.01.2018, „Salzburger Nach­richten“ vom 20.10.2018).

Nach den veröffentlichten Zeitungsberichten soll sich der Vorfall demnach in der Nacht auf den 4. März 1974 in einem Hotel zugetragen haben. Ein Polizist, der Dienst hatte, als Sailer festgenommen wurde, erklärte gegenüber "Dossier": "Eine Prostituierte beschuldigte ihn, sie vergewaltigt zu haben. Sailer wurde nur kurz angehalten und wieder freigelassen." Wohl weil die österreichische Botschaft in Warschau auf Weisung des damaligen Außenministers Rudolf Kirchschläger sofort aktiv wurde und "mit großem Nachdruck bei der Staatsanwalt­schaft in Zakopane und im polnischen Außenministerium interveniert hat", wie es im Akt - laut Zeitungsberichten - heißt. Die Republik zahlte angeblich die Kaution für Sailers Freilas­sung, der letztendlich nur noch wegen leichter Körperverletzung angeklagt wurde.

Sailer, der die Vorwürfe stets bestritt, musste aber in Polen nie vor Gericht, weil das Delikt angeblich dort - anders als in Österreich - ein Privatanklagedelikt war und die 28-jährige Frau den Ex-Skistar schlussendlich nicht angeklagt hat. Im Juli 1975 beendete das Bezirksgericht in Zakopane das Verfahren "mit Rücksicht auf Mangel an gesellschaftlichem Interesse". Die Kronenzeitung berichtet von einem Akt des Justizministeriums, der das Bild eines ungeklär­ten Kriminalfalls samt Interventionen auf höchster politischer Ebene zeichnet. Österreichs Regierung, Diplomatie und der Justizapparat der Volksrepublik Polen bemühten sich ge­meinsam und, wie es aussieht, erfolgreich, Sailer sei vor den Folgen seiner Tat zu schützen.

Die beiden Journalisten hatten Mag. Launsky-Tieffenthal um die Möglichkeit ersucht, diese Vorwürfe in den Akten des Ministeriums verifizieren zu lassen bzw. zu können.

Eine Auskunft wurde anscheinend nicht erteilt, doch es dürfte eine Intervention des damali­gen Generalsekretärs im Bundeskanzleramt, Mag. Kandlhofer gegeben haben.

Da die Schutzfrist im Sinne des § 8 Abs 1 Bundesarchivgesetz bereits abgelaufen war, wäre die Auskunft bzw. Einsicht zu gewähren gewesen. Auch das DSG oder die DSGVO stand dem nicht entgegen, da Name und Vorfall bereits in Medien verbreitet worden waren (§ 1 Abs 1 DSG iVm Art 85 und 86 DSGVO). Aus dem gleichen Grund hatte damit die längere Schutzfrist des § 8 Abs 3 Bundesarchivgesetz außer Betracht zu bleiben.

 

In diesem Zusammenhang ergeht daher an die Fr. Bundeskanzlerin folgende

ANFRAGE

1)   Hat der damalige Generalsekretär im Bundeskanzleramt, Mag. Kandlhofer, nach der An­frage der genannten Journalisten (um den 5. Januar 2018) an die damalige Sektionsleiterin der Sektion I, Mag. Nicole Bayer, oder an den Leiter des ÖSTA die Weisung oder das Ersuchen gerichtet, den anfragenden Journalisten mitzuteilen, dass in diesem Fall ein Zugang zu den Archiven nicht möglich ist?

2)  Falls eine solche Weisung erteilt wurde, wie wurde sie begründet?

3)  Welche Antwort wurde den beiden Journalisten übermittelt, und von wem?

4)  Falls die Einsicht verweigert wurde, wie wurde dies begründet?

5)  Für den Fall, dass der Generalsekretär im Bundeskanzleramt, Mag. Kandlhofer, oder sonst jemand die Weisung erteilt (das Ersuchen gestellt) hat, diese Anfrage negativ zu beantworten, oder zu behaupten, ein Zugang zu diesem Archivmateriel sei nicht möglich oder wird nicht gestattet: Wurde dieser Sachverhalt der Staatsanwaltschaft in Hinblick auf den damit möglich­erweise begangenen Amtsmissbrauch übermittelt?

6)  Falls nicht (Frage 5), warum nicht?