4179/J XXVI. GP

Eingelangt am 19.09.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Krisper, Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Nachforderung von Abgaben gem § 57 Abs 3 GSpG

 

Mit dem Urteil 6 Ob 124/16b vom 29.5.2017 wurde vom OGH ausgesprochen, dass zahlreiche der in Wien betriebenen Ausspielungen auf Spielautomaten wegen Überschreitung der in § 4 Abs 2 GSpG aF festgesetzten Einsatz- und Gewinngrenzen illegal waren. Diese, mittlerweile von einem weiteren Senat mit der Entscheidung 7 Ob 225/16p bestätigte Entscheidung, hat neben zivilrechtlichen vermutlich auch abgabenrechtliche Auswirkungen. Mit 1.1.2011 trat der neue § 57 GSpG bezüglich der Glücksspielangaben in Kraft.

Dieser legt in seinem Absatz 3 fest, dass für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten die Glücksspielabgabe - vorbehaltlich Abs 4 - 30 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahrensbruttospieleinnahmen beträgt.

Abs 4 leg cit legt wiederum fest, dass diese Glücksspielabgabe bei einer landesrechtlichen Bewilligung nach Abs 3 lediglich 10 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahrensbruttospieleinnahmen beträgt. 

Abs 6 Z 2 leg cit befreit die Betreiber überhaupt von der Glücksspielabgabe, sofern diese auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung unter Einhaltung der Vorgabe des § 4 Abs 2 GSpG idF vor dem BGBl. I Nr. 73/2010 betrieben wurden.

 

Zusammengefasst lässt sich die Rechtslage wie folgt interpretieren: Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung unter Einhaltung der Vorgabe des § 4 Abs 2 GSpG idF vor dem BGBl. I Nr. 73/2010 wird keine Glücksspielabgabe fällig. Die Vorgabe des § 4 Abs 2 GSpG idF vor dem BGBl. I Nr. 73/2010 bezieht sich auf Höchsteinsatz und Höchstgewinn und lautet im Detail:

"Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, wenn die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 0,50 Euro nicht übersteigt und der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 20 Euro nicht übersteigt."

Der OGH hat im Urteil 6 Ob 124/16b ausgesprochen, dass durch eine Umgehungskonstruktion genau jene Einsatz- und Gewinngrenzen überschritten wurden, womit eine Anwendung des § 57 Abs 6 Z 2 GSpG auf jene Glücksspielgeräte ausscheidet, auf denen die verfahrensgegenständlichen und ähnliche Ausspielungen angeboten wurden. Nachdem in selbigem Urteil auch höchstgerichtlich klargestellt wurde, dass sich der Betreiber bei den angebotenen Ausspielungen auch nicht auf eine gültige Konzession berufen kann, scheidet (neben der Frage der zeitlichen Anwendbarkeit) eine Anwendung des § 57 Abs 4 erster Fall GSpG neue Fassung von vornherein aus. 

Übrig bleibt die Frage des Inkrafttretens des § 57 Abs 3 GSpG. Dieser soll gem § 60 Abs 25 Z 4 GSpG für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung nach § 4 Abs. 2 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 73/2010, erst ein Jahr nach Inkrafttreten eines Landesgesetzes über Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten in Kraft treten. Auch in diesem Fall ist eine Anwendbarkeit dieses eingeschränkten zeitlichen Geltungsbereichs jedoch nicht anzunehmen, zumal es sich bei den im Urteil des OGH für illegal erklärten Ausspielungen eben um solche handelte, welche nicht auf Basis der erteilten landesrechtlichen Bewilligung betrieben wurden, also illegales Glücksspiel darstellten. 

Aus dieser Überlegung heraus ergibt sich für die Anfragestellerin die volle Anwendbarkeit des § 57 Abs 3 GSpG, auf die von der Entscheidung 6 Ob 124/16b umfassten Glücksspielautomaten sowie all jene Glücksspielautomaten in ganz Österreich, auf denen ähnliche Ausspielungen, unter Überschreitung der in § 4 Abs 2 GSpG aF enthaltenen Grenzen, angeboten wurden und nicht auf Basis der erteilten landesrechtlichen Bewilligung betrieben wurden. 

Dies würde in Folge massive abgabenrechtliche Auswirkungen haben. So berichtete die Presse in ihrem Artikel vom 27.1.2015, dass pro Glücksspielautomat bis zu 10 000 Euro im Monat verspielt wurden. Selbiger Artikel spricht, mit Stand Ende 2014, von rund 2700 Glücksspielgeräten in Wien, welche zum größten Teil mit ähnlichen Spielsystemen funktionierten. Geht man nun lediglich von einem Gewinn von 7500 Euro pro Monat aus, ergäbe dies einen Jahresgewinn von rund 227 Millionen Euro. Vermindert man diesen Betrag wiederum um die gesetzliche Umsatzsteuer, ergibt dies einen verbleibenden Gewinn von 189 Millionen Euro, welche als Berechnungsgrundlage für die Glücksspielabgabe dient. Daraus ergäbe sich, bei Nachforderung dieser Glücksspielabgabe, ein seitens der Betreiber zu zahlender jährlicher Betrag von rund 57 Millionen Euro. Bei Anwendbarkeit dieses Abgabensatzes ab 1.1.2011 handelt es sich um einen Gesamtbetrag von 227 Millionen Euro, welcher hier vermutlich seitens der Abgabenbehörden allein in Wien einzufordern wäre.

Für eine derartige Nachforderung spricht auch die Anfragebeantwortung 242/AB des Bundesministers für Finanzen vom 28. März 2018. Darin bezeichnet dieser die Abgaben gem § 57 Abs 3 GSpG als jene Abgaben, welche auf VLTs ohne Konzession und auch Glücksspielautomaten ohne Konzession anfallen. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des OGH handelt es sich bei den verfahrensgegenständlichen Automaten definitiv um solche, welche ohne Konzession (genauer: nicht im Rahmen der Konzession) betrieben wurden.

Dass zahlreiche, wenn nicht nahezu sämtliche, Glücksspielautomaten in Wien nicht dem GSpG entsprachen, da diese durch Verletzung der Einsatz- und Gewinngrenzen ins staatliche Glücksspielmonopol eingriffen, war im Finanzministerium bereits seit spätestens 14.5.2007 bekannt, zumal sich das BMF damals an die MA 36 wandte, um auf die Illegalität der von zahlreicher Seite angebotenen Spiele hinzuweisen.    

    

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie hoch sind die jeweiligen bundesweiten Einnahmen aus der Glücksspielabgabe? (Bitte um Auflistung für die Jahre 2008-2018, sowie - falls vorhanden - den aktuellen Stand für 2019)

a.    gemäß § 57 Abs 1?

b.    gemäß § 57 Abs 2?

c.    gemäß § 57 Abs 3?

d.    gemäß § 57 Abs 4?

e.    gemäß § 58 Abs 1?

f.      gemäß § 58 Abs 2?

 

2.    Welche Rechtsvorschriften waren für die Bemessung der Abgaben für Glücksspielgeräte in Wien vor dem 1.1.2011 maßgeblich und wie hoch waren diese Abgaben pro Jahr?

 

3.    Welche Rechtsvorschriften waren für die Bemessung der Abgaben für Glücksspielgeräte in Wien nach dem 1.1.2011 maßgeblich und wie hoch waren diese Abgaben pro Jahr?

 

 

4.    Besteht Ihrer Ansicht nach eine, wie in der Begründung angeführte, Anwendbarkeit der abgabenrechtlichen Bestimmungen des § 57 Abs 3 GSpG für Glücksspielautomaten, auf denen illegale Ausspielungen betrieben wurden, wie zB durch die Entscheidung 6 Ob 124/16b festgestellt wurde?

a.    Wenn ja, welchen Betrag machen die nachzufordernden Abgaben insgesamt aus?

b.    Wenn ja, werden Sie selbst Schritte ergreifen, um die Abgaben in voller Höhe von den betreffenden Schuldnern einzuheben? 

c.    Wenn nein, aus welchem Grund nicht?

 

5.    Wann verjähren die abgabenrechtlichen Ansprüche gem § 57 Abs 3 GSpG generell?

 

6.    Gibt es in diesem Fall aufgrund der erst nachträglichen Feststellung der Illegalität der Automatenspiele eine Sonderbestimmung betreffend Verjährung der Ansprüche?

 

7.    Findet im vorliegenden Fall auf die Bestimmung des Abgabenschuldners § 59 Abs 2 Z 1 zweiter Fall GSpG Anwendung?

a.    Wenn nein, wer wäre der Schuldner einer solchen Abgabe?

 

8.    Wurden die Abgaben bereits von den jeweiligen Abgabenschuldnern nachgefordert?

a.    Wenn ja, wann, mit welchem Ergebnis und in welcher Höhe?

b.    Wenn nein, warum nicht?

 

9.    Wurden neben den höchstgerichtlich für illegal erklärten (6 Ob 124/16b, 7 Ob 225/16p) Ausspielungen auf Glücksspielautomaten weitere Prüfungen unternommen?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht? 

 

10. Wie viele Betreiber von Glücksspielautomaten wurden diesbezüglich abgabenrechtlich überprüft und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

 

11. Welchen Wert messen Sie in diesem Kontext dem Schreiben Ihres eigenen Hauses an die MA 36 zu, womit das Würfelspiel und die Action Games einen Eingriff in das Glücksspielmonopol darstellten (BMF-18200/0031-VI/1/2007), was letztlich auch durch den OGH bestätigt wurde? 

 

12. Hat dieses Dokument des BMF im Kontext der Rechtsprechung des OGH eine abgabenrechtliche Auswirkung auf weiter als 1.1.2011 zurückliegende Fälle?

a.    Wenn ja, welche Auswirkungen hat dies?

b.    Wenn nein, warum nicht?