4195/J XXVI. GP

Eingelangt am 25.09.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Elisabeth Köstinger
Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend zielgerichtete Lärmschutzmaßnahmen für den Kärtner Zentralraum durch Ausweisung der Wörthersee Eisenbahnstrecke einschließlich der
Knoten Klagenfurt und Villach als „leise Strecke“

Die Fertigstellung der Koralmbahn im Jahr 2025 wird Kärnten großen Nutzen bringen und den Wirtschaftsstandort Kärnten deutlich aufwerten. Begleitend ist es
erforderlich einen vertieften Schutz der Bevölkerung vor Lärm zu bieten, um die positive Akzeptanz, die der Schienenverkehr aufweist, weiter zu verstärken und die hohe Lebensqualität in der Region zu erhalten bzw. zu steigern. Insbesondere der Bereich zwischen Klagenfurt und Villach ist noch nicht ausreichend vor Verkehrslärm geschützt.

Hinsichtlich der Sensibilität und der Raumnutzungsansprüche ist der Kärntner Zentralraum der komplexeste und vielfältigste in Österreich (Hochwertiger
Naturraum, touristische Nutzungen und dichte Siedlungsnutzungen einschließlich wertvollster Areale für Naherholung). Daher ist insbesondere auf die Gemeinden Klagenfurt, Krumpendorf, Techelsberg, Velden, Wernberg und Villach betreffend allfälliger Erfordernisse weiterer Lärmschutzmaßnahmen Rücksicht zu nehmen.

Im Sinne des Memorandum of Understanding für den Zentralraum Kärnten vom 31.5.2017 fand auf Einladung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, der ÖBB Infrastruktur AG und des Landes Kärnten am 19. Oktober
2018 in Pörtschach die Fachtagung „Die Eisenbahnstrecke am Wörthersee - Perspektiven zum Schallschutz“ statt, an der auch die betroffene Bevölkerung teilnehmen konnte. Themen wie Lärmmessung, Förderprogramme für leise Güterwägen und bereits gesetzte Maßnahmen sowie Möglichkeiten zur Lärmminderung wurden von Experten aufgegriffen und Perspektiven für Anrainer vorgestellt. Eine wichtige gemeinsame Weichenstellung für das Anliegen zielgerichteter Lärmschutzmaßnahmen. Darüber hinaus soll als Ziel des gemeinsamen Memorandum of Understanding eine eigene Eisenbahntrasse für den Güterverkehr erarbeitet werden, die langfristig eine Entlastung des Zentralraumes
vom Bahnlärm schaffen kann.

Die Europäische Kommission hat durch eine Reihe von Rechtsakten technische Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) für das transeuropäische Hochgeschwindigkeitsbahnsystem und das konventionelle transeuropäische Eisenbahnsystem erlassen. TSI enthalten die Anforderungen und die Prüfverfahren für Interoperabilitätskomponenten und Teilsysteme. Durch die Vereinheitlichung auf Europäischer Ebene soll dem Risiko vorgebeugt werden, dass übermäßiger Schienenverkehrslärm zu unkoordinierten unilateralen Maßnahmen einiger Mitgliedstaaten führt. Solche Maßnahmen könnten sich nachteilig auf die europäischen Volkswirtschaften auswirken und zu einer Rückverlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße führen. Darüber hinaus könnten solche Maßnahmen die Eisenbahninteroperabilität in der Union beeinträchtigen. Da der größte Teil des Schienengüterverkehrs in der Union grenzüberschreitend ist, muss das Problem auf europäischer Ebene gelöst werden.

Am 16. Mai 2019 wurde eine Durchführungsverordnung (EU) 2019/774 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1304/2014 in Bezug auf die Anwendung der technischen Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems „Fahrzeuge — Lärm“ auf Bestandsgüterwagen seitens der EU erlassen, die die Einführung von sog. „leiseren Strecken“ vorsieht. Ab dem 8. Dezember 2024 (also noch rechtzeitig vor der Eröffnung der Koralmbahn) dürfen „laute“ Güterwagen nicht auf ausgewiesenen „leiseren Strecken“ fahren. „Leisere Strecke“ bezeichnet den Teil der Eisenbahninfrastruktur mit einer Mindestlänge von 20 km, auf dem die Anzahl täglich während der Nachtzeit verkehrenden Güterzüge (wie in den nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates definiert), im Durchschnitt höher war als 12. Für die Berechnung dieser Durchschnittszahl wird der Güterverkehr in den Jahren 2015, 2016 und 2017 zugrunde gelegt. Weicht der Güterverkehr aufgrund außergewöhnlicher Umstände in einem bestimmten Jahr von dieser Durchschnittszahl um mehr als 25% ab, so kann der betreffende Mitgliedstaat die Durchschnittszahl auf der Grundlage der beiden anderen Jahre berechnen.

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Eisenbahnagentur der Europäischen Union spätestens sechs Monate nach Veröffentlichung der og. Verordnung (das wäre der 16.November 2019) eine Liste der leiseren Strecken. Die Agentur veröffentlicht
diese Listen auf ihrer Website.

Zuständig für die Übermittlung ist das BMVIT. Nach Ansicht von Eisenbahnexperten und den ÖBB erfüllt die Strecke am Wörthersee die Kriterien für eine „leise Strecke“ nach TSI NOI.

Wenn die oben genannte Strecke als „leiser Korridor“ ausgewiesen wird, bedeutet dies, dass die technischen Standards für Güterzüge deutlich steigen und Güterzüge It. Schätzungen von Experten um ca. -10dB weniger an Lärm produzieren. Das bedeutet eine wahrgenommene Halbierung (!) des Lärms von Güterzügen.

Daher wurde von der Kärntner Landesregierung dem Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie vorgeschlagen, die Wörthersee Strecke einschließlich der Knoten Klagenfurt und Villach als „leise Strecke“ im Sinne dieser Verordnung auszuweisen und der Eisenbahnagentur der Europäischen Union zeitgerecht zu melden. Dabei soll gleichzeitig sichergestellt werden, dass die Eisenbahnstrecke über den Ossiacher See weiterhin lediglich als Ausfallsstrecke für den Güterverkehr dienen darf, wenn die Südbahnstrecke nicht benutzt werden kann.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

1.    Werden Sie in Entsprechung des Anliegens der Kärtner Landesregierung die Wörthersee Eisenbahnstrecke einschließlich der Knoten Klagenfurt und Villach als „leise Strecke“ im Sinne der EU- Verordnung ausweisen und der

Eisenbahnagentur der Europäischen Union zeitgerecht melden?

2.    Wenn Nein, aus welchen Gründen erfolgt keine Meldung dieses Streckenabschnitts an die Europäische Eisenbahnagentur?

3.    Wenn Nein, welche anderen Maßnahmen veranlassen Sie, um den Zentralraum Kärnten mit den Gemeinden Klagenfurt, Krumpendorf, Techelsberg, Velden, Wernberg und Villach vor übermäßigem Lärm auf der genannten Strecke zu schützen?

4.    Welche Lärmschutzmaßnahmen wurden in den vergangenen 10 Jahren für
die oben genannte Strecke getroffen?

5.    Treten Sie dafür ein, dass die Errichtung einer getrennten Güterverkehrstrasse in den Rahmenplan der ÖBB Infrastruktur AG aufgenommen wird?